In diesem Jahr befassen sich die Fastenpredigten in Vierzehnheiligen mit den vier Kardinaltugenden – die Klugheit, die Gerechtigkeit, die Tapferkeit, das rechte Maß. Diese findet man in der Bibel, im Buch der Weisheit, aber auch in der Philosophie bei Platon, bei den Kirchenvätern, im Mittelalter bei Thomas von Aquin oder auch bei Denkern der Gegenwart.
„Klugheit ist die Fähigkeit, in Gedanken die Zukunft vorwegzunehmen.“
Pater Maximilian Wagner, Guardian
Kardinaltugend, da denkt man vielleicht an die Kardinäle der Kirche. Doch das Wort Kardinaltugend kommt nicht von geistlichen Würdenträgern, sondern vom lateinischen Wort „cardo“, und das heißt so viel wie „Türangel, Dreh- und Angelpunkt“. Die Kardinaltugenden öffnen gleichsam die Tür zum Leben.
Pater Maximilian Wagner hielt am Sonntagnachmittag unter dem Motto „Sei klug – Der Klügere gibt nach …“ die erste Fastenpredigt des Jahres. Die Klugheit darf man nicht mit Intelligenz verwechseln, erklärte der Franziskanerpater zunächst. Klugheit sei mehr als Intelligenz, sie sei eine Tugend. Klugheit meine schon vom lateinischen Begriff prudentia her die Vorausschau (providentia).

„Klugheit ist die Fähigkeit, in Gedanken die Zukunft vorwegzunehmen. Der Klugheit geht es nicht nur um Theorie, sondern vorwiegend um das praktische Handeln. Wer nur kluge Gedanken hat, sie aber nicht umsetzt, ist dumm. ,Wer sich beraten lässt, ist klug‘, heißt es im biblischen Buch der Sprichwörter“, so der Guardian. Klugheit sei laut Thomas von Aquin die Übereinstimmung mit der Wirklichkeit. Der kluge Mensch erkenne die Wirklichkeit und handele ihr entsprechend.
Klugheit habe immer mit der Erkenntnis der Wahrheit zu tun. Sie durchschaue die wahren Zusammenhänge, während die Schlauheit nur den eigenen Vorteil verfolge und die Gerissenheit dabei bewusst den Schaden anderer in Kauf nehme. Die Klugheit sei darauf aus, in einer konkreten Situation das Richtige und Gute zu erkennen und zu tun.
Was ist der Unterschied zwischen Klugheit und Weisheit?
Klugheit und Weisheit seien eng verwandt, aber nicht identisch. Beiden gehe es auch darum, praktische Konsequenzen aus dem Erkannten zu ziehen. Sie unterschieden sich in der Blickrichtung.
Die Klugheit schaue eher nach vorne, die Weisheit dagegen eher zurück. Sie sei erfahrungsorientiert, blicke auf frühere, ähnliche Situationen und ziehe ihre Schlüsse daraus.
Weisheit sei geronnene Erfahrung und gehöre mit der Klugheit zusammen. Beiden gehe es um die Erfassung der Wirklichkeit, wurde den zahlreichen Zuhören klar. Wer klug werden will, brauche ein hörendes Herz, das bedeutet: Interesse, Aufmerksamkeit und Leidenschaft. Das sei heute eine größere Herausforderung als früher, denn heute werde man ständig mit Bildern und Tönen überhäuft.
Das Gespür für den richtigen Zeitpunkt und die richtigen Worte
„Ein Kluger muss den Sinn auf das Vergangene lenken, das Gegenwärtige tun und das Künftige bedenken. Klugheit ist der Schlüssel für ein gelingendes Leben. Doch der Schlüssel zur Klugheit ist ein hörendes Herz, das die Welt wahrnimmt und Gott ernst nimmt.
Klugheit bedeutet auch das Gespür für den richtigen Zeitpunkt, den richtigen Ton und die richtigen Worte“, so der Prediger.
Mit einer klugen Geschichte, die zeigt, worum es letztlich geht, ging die erste Fastenpredigt zu Ende. Die nächste Fastenpredigt aus der Reihe „Lebe, was du bist: Klug, gerecht, tapfer und maßvoll“, hält am Sonntag, 5. März, um 14 Uhr Pater Maximilian unter dem Titel „Sei gerecht – Jedem das Seine“.