„Wie alt seid wohl ihr Veitsberglinden, in Eurem rissig-rauen Kleid? Wo kann ich denn die Antwort finden? Vielleicht allein beim Heiligen Veit?“ – Längst nicht nur der aus Prächting stammende und in Duisburg wohnhafte Andreas Meixner, der nach einem Urlaubsaufenthalt im Jahr 1960 das Gedicht „Die Veitsberglinden“ verfasste, hat sich wohl schon Gedanken gemacht, wie alt die mächtigen Bäume auf dem Ansberg sein könnten. Der in Unterneuses aufgewachsene Sonderschullehrer Alfons Zenk aus München hat sich in der neuesten Auflage von „Vom Main zum Jura. Heimatgeschichtliche Zeitschrift für die ,Lande um den Main‘“ auf Spurensuche begeben – und Interessantes Herausgefunden.

Geweckt hatte sein Interesse ein Zeitungsartikel vom 20.Oktober 1955, in dem von den Herren von Ansberg zu lesen stand, die hier, inmitten des größten geschlossenen Lindenkranzes Europas, einst „ihr Stammschloss“ gehabt hätten.
1717/19 erbaute Andreas Rheintaler aus Bamberg an gleicher Stelle das barocke Kleinod zu Ehren von „Sankt Vitus“, dem heiligen Veit. „Mögen die Linden, die jetzt die Kuppe des Berges zieren, schon über 500 Jahre alt sein“, mutmaßt der Autor.

„Hoch sind sie zu einem Kranz von 22 Bäumen zusammengewachsen. (…) Wie ein riesengroßer Blumenstrauß sehen die Bäume aus der Ferne aus. Zwischen den Stämmen hindurch erblickt er Wanderer das Land in einzigartig schöner Schau.“ Doch sind die Baumriesen wirklich ein halbes Jahrtausend alt?
,,Bleib mit der Erde auf den Füßen“, heißt es im Gedicht von Andreas Meixner. Heimatforscher Alfons Zenk nahm sich das für seine Spurensuche zu Herzen, den – jenseits von Mutmaßungen – sind nur wenige historische Fakten zum Ansberg bekannt. Als gesichert gilt, dass hier im Hochmittelalter wirklich eine Turmhügelburg der edelfreien Geschlechts derer von Ansberg stand. Die Familie gehörte wohl laut Zenk zu den Marschällen von Burgkunstadt beziehungsweise Ebneth.
Wo einst eine Burg stand

Zum letzten Mal taucht die Burg auf dem Ansberg im Jahr 1292 in den Urkundenbüchern auf, eine Kapelle zu Ehren von Sankt Veit bestand schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts.
Der erwähnte barocke Neubau wurde im Dezember 1779, so belegen es Zeitdokumente, von „ganz außerordentlig rasendem sturmwind“ stark beschädigt: Mehrere Fenster wurden laut Mitteilung des Mesners an den damals noch neuen Kleukheimer Pfarrer Johann Franz Baumgärtner „gäntzlig zusamm gerissen“ und wohl auch das Dach der Nordseite in weiten Teilen abgedeckt. Schon ein Jahr zuvor hatte der Wind beträchtlichen Schaden in Höhe von 50 Gulden verursacht.

So schrieb der Pfarrer an den Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal, machte am 10. Dezember 17779 den „unterwürffigsten Vorschlag“, dass „dieses entsetzlig hoch und gantz frey liegende kirchlein wenigstens mit der zeit, von derley verheerenden wind anfällen frey und verschonet bleiben mögte, wan um dieselbe etwa 18 bis 20 linden bäume gepflanzt würden.“
Alfons Zenk hatte damit den Beleg gefunden, dass der Gipfel des Ansbergs zu diesem Zeitpunkt wohl gänzlich frei von Bewuchs war. Kein Wunder, wurden die Flächen um „Sankt Vitus“ doch zu dieser Zeit intensiv landwirtschaftlich genutzt.

Der Münchener mit Unterneuseser Wurzeln geht davon aus, dass der Fürstbischof den Vorschlag des Pfarrers recht rasch umsetzen ließ. „Das bedeutetet, die ältesten erhaltenen Linden vor allem auf der West- und Südseite wurden frühestens 1780 gepflanzt“, so Zenk.

„Das charakteristische Erscheinungsbild des Veitsbergs, wie wir ihn heute kennen, ist also gerade mal knapp 250 Jahre alt.“ Die Linden an der Nord- und an der Ostseite wurden sogar deutlich später gepflanzt.
„Vom Main zum Jura“ Das aktuelle, 166 Seiten starke Heft 2024 „Vom Main zum Jura. Heimatgeschichtliche Zeitschrift für ,die Lande um den Main‘“ (ISSN 01787-1558) ist erhältlich in den Buchhandlungen Geis in Bad Staffelstein, Burgkunstadt und Michelau, bei A. Dumproff Buch & Kunst in Lichtenfels, in Löpperts Lädchen in Weismain, bei Collibri und Lorang in Bamberg sowie beim Herausgeber Wolfram Degen selbst, E-Mail: wolframdegen@aol.com.