Seit Mitte Februar ist Jürgen Kohmann, der Erste Bürgermeister der Stadt Bad Staffelstein, krankheitsbedingt nicht mehr im Amt. Dass er nicht mehr auf den Chefsessel im Rathaus zurückkehren wird, hat er am Donnerstagnachmittag im Rahmen eines Pressegesprächs erklärt. Er wurde vom Stadtrat vorzeitig in den Ruhestand geschickt.
„Es ist kein Geheimnis, dass ich krank bin, und das schon seit langer Zeit. Letztlich hat der Amtsarzt meine Dienstunfähigkeit festgestellt, aus gesundheitlichen Gründen“: Jürgen Kohmann sitzt, flankiert von Zweitem Bürgermeister Hans-Josef Stich, im Sitzungsaal des Rathauses, eine Tasse Kaffee in der Hand. Er ist emotional bewegt, spricht mit ungewohnt leiser Stimme.
Die Entscheidung ist ihm denkbar schwer gefallen

„Ich gehe nicht frohen Herzens, sondern schweren Herzens.“ Pressekonferenzen hatte Kohmann in den 15 Jahren seiner Amtszeit schon viele zu führen. Keines dürfte ihm so schwer gefallen sein wie diese. Der 62-Jährige nimmt sich mehr Zeit als gewöhnlich, seine Antworten auf die Fragen der Journalisten zu formulieren. Und er scheut sich auch nicht, manche Frage zurückzuweisen.

Am Dienstag hat ihn sein „Dienstherr“ zum Stichtag 30. September in den Ruhestand geschickt: Der Stadtrat hatte einstimmig im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzung darüber beschlossen, hat die dauerhafte Dienstunfähigkeit festgestellt. 127 Tage war Kohmann zu diesem Zeitpunkt schon im Krankenstand. Der Impuls, diesen Schritt zu gehen, kam vom scheidenden Rathaus-Chef höchst selbst.
Über die Art der Krankheit möchte er nicht sprechen. „Das ist eine persönliche Sache“, sagt er auf Nachfrage. Er lässt jedoch durchblicken, dass es verschiedenste Ursachen gebe. „Ich war auf Reha gewesen, hatte dort jeden Tag Kontakt mit den Ärzten. Letztlich ist mir klar geworden, dass es nicht mehr geht. Und das ist mit sehr schwer gefallen.“ Als er dann bei Hans-Josef Stich im Rathaus saß und das Kuvert mit dem Antrag auf Dienstunfähigkeit in der Tasche hatte, habe er sich gar nicht getraut, diesen hervorzuholen. „Es musste aber sein.“ Zumal irgendwann automatisch eine Überprüfung angelaufen wäre, ob er zurückkehren könne oder nicht.
Der Chef im Rathaus seit dem 15. März 2006
„Über 15 Jahre war ich im Amt, seit dem 15. März 2006“, sagt Kohmann. Damals gewann der CSU-Kandidat mit 56,99 Prozent der Stimmen (Wahlbeteiligung: 70,01 Prozent) gegen Amtsinhaber Georg Müller von der SPD. Seither wurde Kohmann dreimal wiedergewählt, zuletzt im Jahr 2018. Und zuletzt ohne Gegenkandidat.
„Das Amt des Bürgermeisters auszuführen ist eine schöne, aber auch sehr anspruchsvolle Aufgabe. Ich war mit ganzem Herzblut Bürgermeister.“
Jürgen Kohmann, scheidender Bürgermeister
Seit dem 1. Mai 1996 gehörte Kohmann dem Stadtrat an, ebenso wie Hans-Josef Stich, seit 15 Jahren sein Zweiter Bürgermeister – und schon seit Kindestagen ein guter Freund, da man quasi Zaun an Zaun aufwuchs. Gemeinsam gründeten Kohmann und Stich einst die Jungen Bürger, gemeinsam leiteten die sie Partei als 1. und 2. Vorsitzender. Und gemeinsam gingen sie am Donnerstag auch diesen schweren Schritt.
Bürgermeister sein war ihm eine große Ehre
„Ich ging damals in den Stadtrat aus Interesse am Stadtgeschehen und der Heimat“, sagte Kohmann. „Mir war dieses Engagement einfach wichtig.“ Vier Jahre war er Zweiter Bürgermeister, bevor er zum Stadtoberhaupt bestimmt wurde. „Das war für mich eine große Ehre. Das Amt des Bürgermeisters auszuführen ist eine schöne, aber auch sehr anspruchsvolle Aufgabe. Ich war mit ganzem Herzblut Bürgermeister“, so der 62-Jährige. „Im Prinzip führt man ein öffentlich-rechtliches Unternehmen, mit besonderen Aufgaben, die sehr vielschichtig sind.“ Er sei jedoch noch weit davon entfernt, schon eine Bilanz ziehen oder gar zurückblicken zu können. „Ich bin gerade dabei, loszulassen.“

Eine Erinnerung bringt ihn kurzzeitig zum Lächeln. Es ist just die Erinnerung an die Maschine, die ihm das Heißgetränk gebrüht hat, das er in seinen Händen hält. „Zum Amtsantritt habe ich für das Rathaus eine Kaffeemaschine gekauft“, so Kohmann. „Und die funktioniert immer noch.“

Kohmann dankte beim Pressegespräch seinen Stadtratskollegen und den Bürgermeistern für ihre Arbeit in den Tagen, in denen sie seinen Part mit übernehmen mussten, aber auch für die Arbeit in den vergangenen 25 Jahren, in denen er als Stadtrat und Bürgermeister das Geschehen mitgestalten durfte. Ausdrücklich lobt er das Miteinander über Parteigrenzen hinweg: „Fast alle unserer Beschlüsse sind einstimmig gefasst worden“, führte er als Indiz für dei gute Zusammenarbeit an. Und er stellt heraus, dass er zwar immer wieder gerne bei einer Tasse Kaffee den Kontakt zu Hans-Josef Stich gehalten habe während der vergangenen Monate, aber ihm nie hineingeredet habe. „Er ist seit 25 Jahren mein politischer Wegbegleiter, seit 15 Jahren mein Stellvertreter: Er weiß genau, worauf es ankommt. Und es ist wichtig, dass jeder in dieser Position seine eigenen Sachen vertritt.“ Umgekehrt, so Hans-Josef Stich, habe er versucht, Kohmann in den vergangenen Wochen nicht mit zu vielen Telefonaten zu belasten.
Was Kohmann gar nicht mochte in seiner Zeit als Bürgermeister (und wohl auch privat), war Unerehrlichkeit. „Wenn ich Gespräche oder Verhandlungen führte und sich dann herausstellte, dass alles unwahr war, war das für mich eine große menschliche Enttäuschung“, so der 63-Jährige. Enttäuschend dürften für ihn auch die vielfältigen Gerüchte und Spekulationen gewesen sein, die in den vergangenen Wochen die Runde machten, seinen Gesundheitszustand betreffend. „Doch was will man dagegen machen?“, fragt er in den Raum.
„Wenn das nicht klappt, hätten wir zweimal den organisatorischen Aufwand, zweimal auch den finanziellen.“
Hans-Josef Stich zum anvisierten Wahltermin am 26. September

Nun also muss ein neuer Bürgermeister gefunden werden. „Der Stadtrat hat beschlossen, um den Wahltermin 26. September zu bitten, also am Tag der Bundestagswahl“, erklärte Hans-Josef Stich. „Da sind wir aber nicht Herr des Verfahrens.“ Normalerweise darf nämlich am Tag der Bundestagswahl keine andere Wahl stattfinden, es gelten besondere Vorgaben. „Dieser Antrag geht nun über das Landratsamt an das Innenministerium.“ Schon Ende nächster Woche rechnet Stich mit einer Entscheidung.

„Wenn das nicht klappt, hätten wir zweimal den organisatorischen Aufwand, zweimal auch den finanziellen“, begründet Stich das Ansinnen. „Und wir müssten zweimal Wahlhelfer suchen, was von Wahl zu Wahl schwieriger wird.“ Sicherlich hätte eine zweite Wahl innerhalb von 14 Tagen oder drei Wochen auch Auswirkung auf die Wahlbeteiligung. Die Vorbereitung für die Bürgermeisterwahl laufen im Rathaus jedenfalls seit Mittwoch auf Hochtouren. Wahlleiter ist der Geschäftsleitende Beamte der Stadt, Wolfgang Hörath, der auch zum Jahresende ausscheidet, allerdings aus Altersgründen.
Das Ziel: Bürgermeisterwahl und Bundestageswahl an einem Tag
„Für uns alle ist das ein knackiges Thema, mit dem wir umgehen müssen“, ließ Hans-Josef Stich durchblicken. Auch die Parteien müssten nun unter Hochdruck Kandidaten finden, Wahlprogramme schnüren und Wahlversammlungen planen. Besonderen Druck aber dürfte dieser Tage er selbst haben: als amtierender Bürgermeister und Werkleiter der Obermain-Therme in Personalunion, die just diese Woche ihren Betrieb nach monatelanger Corona-Pause wieder hochfahren durfte. Und so hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung, ebenfalls nichtöffentlich beschlossen, dem Zweiten Bürgermeister für die kommenden Wochen und rückwirkend zum 7. Mai (dem Tag der Dienstunfähigkeit Jürgen Kohmanns) nicht mehr ein Zwölftes des Gehalts des Ersten Bürgermeisters als Aufwandsentschädigung zu überweisen, sondern sechs Zwölftel. Die Hälfte von 7865,17 Euro.

Was dem scheidenden Bürgermeister dieser Tage besonders gut tut, ist Bewegung aller Art. Aufmerksame Beobachter sehen ihn schon frühmorgens radeln oder wandern, die Natur genießen. „Die Natur tut mir gut, ob das mit letztlich hilft, werden wir sehen“, sagt er auf Nachfrage.
„Zweieinhalb Jahre wäre meine Amtszeit noch gegangen. Dann wäre ich wohlgemerkt eh nicht mehr angetreten, obwohl ich es vom Alter her gedurfte hätte“, erläuterte Jürgen Kohmann. „Dann wäre ich selbst gegangen, hätte keinen Stadtratsbeschluss dafür gebraucht.“

Der 63-Jährige mag zwar (bald) kein Bürgermeister mehr sein, seinem Interesse am Stadtgeschehen werde das wohl keinen Abbruch tun, vermutet er selbst. „Ich bin halt neugierig, werde wohl immer mal wieder die ein oder andere Frage haben“, sagt er. Und die wird er dann an seinen Freund Hans-Josef Stich richten, vermutlich bei einer Tasse Kaffee. Zumal sie bald wieder in direkter Nachbarschaft wohnen.
Meinung
Ein schwerer, aber richtiger Schritt

Es muss Bürgermeister Jürgen Kohmann unglaublich schwer gefallen sein, sich vor der Presse zu offenbaren. Dabei ist es keine Schande, sich einzugestehen, dass es einfach nicht mehr geht. Jürgen Kohmann hat in seinen 15 Dienstjahren zweifelsohne viel für die Stadt Bad Staffelstein geleistet. Er hat dabei hart und konsequent gearbeitet, ohne sich selbst zu schonen. Die Bürger schätzten seine ruhige, vermittelnde Art und seine zielstrebige Vorgehensweise. Natürlich konnte er es dabei nicht immer allen Recht machen – aber wer kann das schon von sich behaupten? Unbestritten Fakt ist, dass Kohmann bei all seinem Tun immer das Wohl seiner Heimatstadt im Blick hatte. Er schaffte es zumeist, durch kluge, besonnene Vorgehensweise sein Gegenüber für seine Marschrichtung zu begeistern. Ein Mann der lauten Töne war Bürgermeister Jürgen Kohmann selten, ja: eigentlich nie. Was aber nicht heißt, dass er nicht für seine Ziele und Visionen kämpfte. Bad Staffelstein hat dem scheidenden Stadtoberhaupt viel zu verdanken, denn es hat, gemeinsam mit den Stadträten, die Adam-Riese-Stadt konsequent weiterentwickelt und Schritt für Schritt fit gemacht für die Zukunft.
Seinem Nachfolger bleiben große Fußstapfen, aber auch große Aufgaben. Als Beispiel sei hier die Revitalisierung des Bären-Areals genannt, für die Kohmann sich stark engagiert hat. Nun ist es ihm leider nicht mehr vergönnt, die Umsetzung zu koordinieren. Als waschechter „Staffelstaaner“ aber wird er sicherlich weiterhin ein Auge auf das Geschehen in seiner Stadt habe.
Dass Jürgen Kohmann nun den Weg frei macht für Neuwahlen, ist ein für ihn schwerer, aber richtiger und konsequenter Schritt – und letztlich einer zum Wohle der Stadt Bad Staffelstein. Bleibt zu hoffen, dass der nun einsetzende Wahlkampf ganz im Geiste von Jürgen Kohmann geführt wird, nämlich ruhig, sachlich und besonnen.