Im Schatten der hell erleuchteten Sankt-Andreas Kirche funkeln die Sterne, sitzen Maria und Josef vor der Krippe im Stall auf dem Dorfplatz, umringt von Schäfchen, zwei grasen leibhaftig im Pferch, direkt neben den Hirten, die sich am prasselnden Lagerfeuer wärmen. Bei der 13. Wiesener Dorfweihnacht erzählen die Wiesener Kinder und Jugendlichen unter der Regie von Josepha Lieb die Weihnachtsgeschichte ein wenig anders - aus der Perspektive der Hirtin Martha und das Wunder der Heiligen Nacht geschieht nicht in Bethlehem, sondern am Obermain.
Auch in Zeiten der Pandemie ließen es sich die Wiesener nicht nehmen, eine Woche vor dem Heiligen Abend auf das Fest einzustimmen und dabei wieder für den guten Zweck zu spenden: Auch 2021 geht der Erlös an die OT-Leseraktion „Helfen macht Spaß“. Musikalisch umrahmt wurde die Dorfweihnacht von der Wiesener Blaskapelle.
Nicht nur an Weihnachten, sondern 365 Tage im Jahr
„Habt ihr schon euren Wunschzettel geschrieben? Wann beginnt für euch Weihnachten?“, möchte Pfarrer Christian Montag von den Kindern und Gästen wissen. Wenn das letzte Türchen am Adventskalender geöffnet ist? Wenn die Glocken zur Mette läuten? Oder wenn die Schwiegereltern am zweiten Feiertag wieder nach Hause fahren? Freilich sei das für jede und jeden sehr individuell, räumt der Geistliche ein. Doch sei Weihnachten immer dann, wenn man etwas Besonderes verschenke – sein Herz, gute Worte, gute Taten, einfühlsame Gesten oder einfach nur Zeit – nicht nur an Weihnachten, sondern 365 Tage im Jahr.
Es gibt überall noch ärmere Menschen

Am Beispiel des Weihnachtsspiels und der Geschichte der Hirtin Martha und ihres Lamms Agnes, die Josepha mit den Wiesener Kindern und Jugendlichen inszeniert, erläuterte Pfarrer Montag, warum das so ist. Das Hirtenmädchen verliert das neugierige kleine Lamm und muss im Auftrag seines Vaters suchen. Ausgestattet mit einer Steinschleuder, einem Brot, einer Kräutersalbe und einer Laterne macht sich Martha auf den Weg.

Die Suche führt sie rund um Wiesen, von Unterzettlitz nach Nedensdorf durch die Eierberge, nach Döringstadt und Draisdorf. Überall trifft die Hirtin Menschen, die ihr einerseits berichten, wo sie das Schäfchen gesehen haben, die aber andererseits die Sachen in ihrem Gepäck nötiger haben als sie – zuletzt das kleine Kind im Stall in Wiesen, dessen Eltern noch nicht einmal Licht haben. Deswegen schenkt sie dem Neugeborenen in der Krippe und seinen Eltern auch noch das letzte, was sie von zu Hause dabei hat: ihre Laterne. Und diese beginnt noch mehr zu leuchten, viel heller und intensiver, als sie es je gesehen hat. Erfüllt von diesem Wunder macht sich Martha auf den Heimweg und erzählt allen, was sie erlebt hat.
Weihnachten beginne immer dann, wenn wir unseren Mitmenschen Freude und Licht schenken – wie Martha, verdeutlichte Pfarrer Montag. Beispielgebend dafür sei auch die OT-Leseraktion „Helfen macht Spaß“ zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden, unterstrichen der Geistliche und Kirchenpfleger Engelbert Lieb. Weiteres Beispiel sei aber auch die Wiesener Dorfgemeinschaft zusammen mit der Kirchenstiftung, die diese Aktion seit 13 Jahren unterstützen und den Erlös der Dorfweihnacht seither für den guten Zweck spenden, würdigte der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes, Thomas Petrak, deren Engagement.

Er übermittelte die besten Grüße des verhinderten OT-Redakteurs Till Mayer, bei der Heimatzeitung verantwortlich für die Leseraktion und dankte den Wiesener „ganz herzlich“. Die Wiesener hatten im Vorfeld wieder eifrig gebastelt und boten hübsche Handarbeiten gegen Spenden an. Petrak betonte, das Geld komme direkt Bedürftigen im Landkreis Lichtenfels zugute. Denn auch wenn es vielen nicht bewusst sei, „es gibt trotz aller staatlicher Unterstützung viele arme Menschen bei uns im Landkreis“. Das Engagement der Dorfgemeinschaft sei umso höher einzuschätzen, als vieles durch die Pandemie schwerer geworden sei.
Ein ganz herzliches Dankeschön
Lange sei auch nicht klar gewesen, ob die Dorfweihnacht wegen der Corona-Beschränkungen überhaupt stattfinden kann, lässt Josepha Lieb wissen. Deswegen seien die Vorbereitung etwas kurzfristig und spontan erfolgt – doch letztlich hat alles wie immer bestens geklappt. Und der lang anhaltende Applaus der vielen Besucherinnen und Besucher (die sich selbstverständlich an die Regeln hielten) bewies, wie wichtig und wohltuend solche Veranstaltungen auch und vielleicht besonders in Zeiten der Pandemie sind.