Ob Rennrad, Lastenrad oder City-Bike: Die Berliner „Ozon Cyclery“ bietet viele exklusive Fahrradtypen in exklusiven Designs – aus dem Hauptmaterial Bambus. Alle Modelle haben der gebürtige Ebensfelder Benjamin Drossel und sein Team getestet und für die Nutzung freigegeben. Schließlich sind viele aus dem fünf- bis zehnköpfigen Stammteam des Unternehmens Industriedesigner, aber auch passionierte Radsportler.

So auch Benjamin Drossel, der 2009 des Studiums wegen Ebensfeld Richtung Magdeburg verließ und nach einem Praktikum schließlich in Berlin landete. Bald lernte er den Kopf der Aktion Daniel Vogel-Essex und dessen Werkstatt kennen und steckte seine gesamte Energie in das fortan gemeinsame Projekt: die Entwicklung von nachhaltige Fahrradrahmen aus Bambus.
Das Süßgras Bambus: Es ist leicht, aber stabil

Natürlich und nachwachsend gilt Bambus derzeit als Rohstoff der Zukunft. Das haben schon viele Generationen vor uns erkannt: Tropenmöbel aus Holz sind stabil und sind dabei noch leicht. Ebenso wenig Gewicht verzeichnen folglich die Bambus-Fahrräder. Zudem bieten sie eine gute Dämpfung und ihre Fertigung ist nicht schwer: Die Kunden der „Ozon Cyclery“ bekommen nämlich keine „fertigen“ Fahrräder geliefert, sondern drei verschiedenen Bausätze, mit Hilfe derer sie ihr eigenes Projekt dann zusammenschrauben können. „Es schadet nicht, keine zwei linken Hände zu haben“, sagte der 35-jährige Benjamin Drossel im Scherz. „Aber es sind alle Schritte gut erklärt.“
„Als Designer haben wir alle eine Affinität zum Bauen und Tüfteln. Mit dem neuartigen Werkstoff Bambus etwas zu bauen, das nachhaltig ist, war und ist uns wichtig.“
Benjamin Drossel, Fahrrad-Designer

Neben den entsprechenden Materialien sind immer Anleitungen in den sogenannten Kits enthalten: In Modul 1 etwa geht es um die richtige Geometriezeichnung und die Rahmenlehre, im zweiten Schritt um die Verbrauchsmaterialen wie Bambus, Expoxidharz oder Fasermatten und ihre Verwendung. Im letzten Kit sind die Metall-Passteile.
Bis vor kurzem hat das zukunftsträchtige Unternehmen auch Workshops zum Fahrradbau angeboten. „Aber wir haben gemerkt: Das Konzept eignet sich am besten für?s Selbermachen zu Hause“, meint der Ebensfelder.
Selber-Bauen mit Bausatz und Anleitung

Ein großes internationales Publikum gibt dem Team recht: Viele Europäer aber auch Südamerikaner oder Asiaten etwa zählen zum Kundenkreis. Unter ihnen seien mehr Männer als Frauen vertreten, aber die Unternehmer möchten ein möglichst ausgewogenes Verhältnis erzielen: „Handwerk ist kein männliches Steckenpferd“, befinden sie. Und die fachlichen Kniffe und Details haben die Unternehmer vorher lange erprobt.
Die Methoden, die sie anwenden, stammen aus dem Bootsbau und der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Handwerker und Designer verwenden keine losen Fasern, die in die falsche Richtung gewickelt sind. Stattdessen kommt ein spezielles Fasergewebe, ähnlich wie kundenspezifische Carbon-Rahmen-Hersteller, zum Einsatz. Das ermöglicht es den Verbundverbindungen unter extremem Druck zu heilen, indem eine Low-Tech-Version dessen verwendet wird, das aus der Luft- und Raumfahrtindustrie stammt. Auch für feine Details haben sie Methoden entwickelt, wie zum Beispiel intern verlegte Kabel, Wasserflaschen- und Rackhalterungen und Carbon-Riemenantrieb.
Trotz des vorgeleisteten Know-Hows ist ein Bambus-Fahrradrahmen nicht unerschwinglich. Mit einem Einsatz zwischen 500 und 1000 Euro könne man schon einen qualitativ guten Bambus-Fahrradrahmen bauen. Hinzu kommt die eigene Arbeitsleistung von rund einer Woche „Vollzeit“-Arbeit, das entspricht rund 50 Stunden – je nach Modell. „Aber man weiß, dass man es selbst gemacht hat und dass es aus nachhaltigen Rohstoffen gemacht ist!“, so Benjamin Drossel. Für die weitere Ausstattung der späteren Vehikel mit Rädern und weiteren Komponenten stellt die Ozon Cyclery auf Wunsch Teilelisten zur Verfügung und gibt Hilfestellung beim Bestellen und der Montage.
Ist die Welt für Bambus-Räder schon bereit?

Die Fahrräder fallen auf – und so soll es auch sein: Schließlich sind sie das Symbol ökologischer Innovation in unserer Generation geworden. Ebenso wie die Initialzündung für das Unternehmen, so treibt die Motivation die Männer um Daniel Vogel-Essex auch in die Zukunft: „Als Designer haben wir alle eine Affinität zum Bauen und Tüfteln. Mit dem neuartigen Werkstoff Bambus etwas zu bauen, das nachhaltig ist, war und ist uns wichtig“, resümiert Benjamin Drossel.
Nun ist das Team gespannt darauf, ob die Welt für diese neuen Produkte schon bereit ist oder ob sich der Markt hierfür erst langsam entwickeln muss. Ihr Ziel ist es zum einen Bambusräder in der Gesellschaft zu etablieren und möglichst viele Menschen weltweit zu erreichen, zum anderen möchten sie zwei neue Modelle pro Jahr entwickeln. Eine „Pause“ macht Benjamin Drossel noch ungefähr alle zwei Monate in Ebensfeld. Vielleicht inspiriert ja das Wander- und Radparadies am Obermain zu noch mehr neuen Fahrrad-Typen?