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BAD STAFFELSTEIN: Elias Hertel aus Bad Staffelstein als Praktikant in London

BAD STAFFELSTEIN

Elias Hertel aus Bad Staffelstein als Praktikant in London

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    Leistenmacher Teemu aus Finnland (re) nahm Maß an Elias' Füßen.
    Leistenmacher Teemu aus Finnland (re) nahm Maß an Elias' Füßen. Foto: Elias Hertel

    Als wäre es gestern gewesen – so leuchten die Augen von Elias Hertel aus Bad Staffelstein, als er von seinem Aufenthalt beim Königlichen Hoflieferanten Lobbs in London erzählt. In den letzten beiden Aprilwochen war der 22-Jährige angehende Orthopädie-Schuhtechniker zu einem Praktikum auf der Insel.

    Im Rahmen der dreieinhalbjährigen Ausbildung bei seinem Chef Martin Kistner, Orthopädieschuhtechnik e. K. in Bayreuth, gehört nicht nur der Blockunterricht in der Berufschule in München dazu. Seit mehr als 20 Jahren bietet Kistner seinen Auszubildenden im dritten Lehrjahr auch ein Praktikum bei einem der besten und wohl auch nobelsten Schuhmacher in London an. Das wusste auch Elias Hertel: „Das motiviert enorm.“

    Mit dem Nachtzug nach London

    Elias in derWerkstatt: Mit Feile und Raspel bekam der hölzerne Leisten (im Schraubstock) seine perfekte Form.
    Elias in derWerkstatt: Mit Feile und Raspel bekam der hölzerne Leisten (im Schraubstock) seine perfekte Form. Foto: Elias Hertel

    Schon die Anreise war ein Erlebnis: Elias, der noch nie zuvor im Vereinigten Königreich gewesen war, benötigte erst mal einen Reisepass. Seitdem die Briten die EU verlassen haben, ist das Vorschrift bei der Einreise. Mit seiner Freundin reiste der junge Mann erst nach Schottland, um dort eine Woche Urlaub zu machen. Danach ging es mit dem Nachtzug nach London. Mit dem „Interrail-Ticket“ eine feine Sache.

    Die Schuhmanufaktur Lobb in Londonhat eine lange Tradition als "Königlicher Hoflieferant".
    Die Schuhmanufaktur Lobb in Londonhat eine lange Tradition als "Königlicher Hoflieferant". Foto: Elias Hertel

    Für die Dauer seines zweiwöchigen Aufenthaltes in der Millionenstadt London konnte Elias ein kleines Appartement im Süden der Stadt beziehen. Sein Lehrherr Martin Kistner übernahm die Kosten dafür.

    Mit dem Rad zur Arbeit

    Doch dann kam die nächste Überlegung: Wie komm ich zur Arbeit? Der leidenschaftliche Radfahrer Elias hatte lediglich zwei Rucksäcke als Gepäck dabei. Sein geliebtes Rad musste zuhause bleiben. Ausleihen? Für 14 Tage eines kaufen? Da kam der Zufall zu Hilfe: Der Finne Teemu, Leistenmacher bei Lobb, lieh ihm sein Rad.

    Dass die Mitarbeiter beim Königlichen Hoflieferanten Lobb aus vielen unterschiedlichen Ländern stammten, ist für die Multi-Kulti-Stadt London nicht ungewöhnlich. Elias freute es: Neben Kollegen aus China, Japan und Afrika traf er auch auf Katha aus Augsburg.

    „Nur in Handarbeit, nur auf Buchenholz- Leisten, nur aus allerfeinstem Leder.“

    Elias Hertel, angehender Orthopädieschuhtechniker

    Elias im Verkaufsladen von Lobb - sein Leihfahrrad durfte er während der Arbeithier unterstellen.
    Elias im Verkaufsladen von Lobb - sein Leihfahrrad durfte er während der Arbeithier unterstellen. Foto: Elias Hertel

    „Eigentlich wollte ich in der Zeit in London nur Englisch sprechen, doch mit Katha hab ich mich meist auf Deutsch unterhalten“, gibt Elias grinsend zu. Sein Englisch hatte sich während des Aufenthaltes dennoch sehr verbessert. Auch das fachspezifische Vokabular war nicht zu schwierig, sind doch die Fachbegriffe in der Ausbildung zum Orthopädieschuhtechniker auch auf Englisch im Lehrplan.

    Elias staunte, als er seinen Arbeitsplatz bei Lobb sah – nur drei Werkzeuge lagen da: Raspel, Feile und Schleifpapier. Die Schürze stellte Mister Lobb zur Verfügung. Er und sein Bruder seien die Beisitzer des britischen Familienunternehmens.

    Eigentlich ist das Meistersache

    Im Erdgeschoss befindet sich neben dem Verkaufsladen die Werkstatt für den Lederzuschnitt und für den Leistenbau. Im Untergeschoss arbeiten die Mitarbeiter im Schuh-Bau, also die Schuhmacher, erklärt Elias, und im Obergeschoss sind Räume für Verwaltung und Büro. Knapp 20 Mitarbeiter plus die beiden Chefs (Gebrüder Lobb) sind hier mit der Anfertigung von Maßschuhen beschäftigt. „Nur in Handarbeit, nur auf Buchenholz-Leisten, nur aus allerfeinstem Leder“, freut sich Elias, dass er hier mitwirken durfte.

    Mister Lobb hat ihm sogar erlaubt, seinen eigene Leisten anzufertigen! Elias ließ von Leistenmacher Teemu Maß nehmen an seinen eigenen Füßen und begann zu raspeln, zu feilen und zu schleifen. Üblich sei das nicht: „Leistenbau ist Meistersache. Das gehört nicht in die Hände von Azubis oder Gesellen“, ist er stolz. Seine selbst angefertigten Leisten durfte er übrigens behalten.

    Es gilt Schweigepflicht

    Anlässlich der Krönung von Prinz Charles dekorierte Lobb seine Schaufenster mitSchuhen in Rot-Weiß-Blau.
    Anlässlich der Krönung von Prinz Charles dekorierte Lobb seine Schaufenster mitSchuhen in Rot-Weiß-Blau. Foto: Elias Hertel

    Schon wenig später ging es ans Anfertigen von hochwertigen Decksohlen. Dass der eine oder andere prominente oder königliche Kunde seine Schuhe bei Lobb reparieren oder anfertigen lässt, weiß Elias. Wegen der Schweigepflicht in der Firma Lobb darf er aber keine Details erzählen. Nur soviel: Die Kunden, die bei Lobb anfertigen oder reparieren lassen, müssen schon sehr betucht sein. Für ein paar maßgefertigte Schuhe legt man schon mal 6500 britische Pfund hin.

    Die zweite Woche des Praktikums verbrachte Elias Hertel bei einem reinen Orthopädie-Schuhmacher, ebenfalls in London. Neben den speziellen handwerklichen Anforderungen in diesem Bereich konnte der junge Mann auch ein paar Blicke in das etwas marode britische Gesundeitssystem werfen – auch wegen der Rezepte für die Schuhe und der Abrechnung mit der Krankenkasse.

    Schon ein bisschen stolz

    Wie es nach der Ausbildung für Elias Hertel weitergeht? Anfang Juli stehen erst mal die Abschlussprüfungen in München an. „Erst mit Erhalt des Gesellenbriefes zählt man als ausgelernt“, erklärt der junge Mann. Ein bisschen stolz ist er dennoch jetzt schon: Schließlich hat er alleine in London schon zwei Angebote bekommen.

    Das Unternehmen Lobb Das Unternehmen – beziehungsweise zu Lebzeiten die Person John Lobb (1829-1895) – wird aufgrund der handwerklich hervorragend gearbeiteten Schuhe im obersten Preissegment und aufgrund von Auszeichnungen durch die britische Königsfamilie als „Schuhmacher der Könige und der König der Schuhmacher“ bezeichnet. Das in der Londoner St. James's Street gelegene Ladengeschäft produziert und verkauft als Einzelunternehmen unter der Leitung von Nachkommen von John Lobb bis heute ausschließlich maßangepasste und individuell handgefertigte Schuhe für Herren und Damen sowie Accessoires.

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