Ein Buspendelverkehr zwischen Kurbereich/Obermain Therme und Innenstadt stand für die Verantwortlichen der Stadt Bad Staffelstein über Jahre und Jahrzehnte auf der Wunschliste ganz oben. Mit dem Bundesforschungsprojekt MILAS erfüllte sich dieser Traum, doch seit dem Jahreswechsel stehen die beiden selbstfahrenden Shuttle-Busse dauerhaft im Depot. Gibt es noch Hoffnung auf Fortführung des viel beachteten Vorzeigeprojekts?
Die Einstellung des Pendelbetriebs kam für manch einen unvermittelt – zumal einige Schilder, die auf die langsam verkehrenden Busse hinweisen, noch immer im Stadtgebiet stehen und auch Projektpartner DB Regio seine Informationsseite dazu weiterhin online hat. Selbst die offizielle Projekt-Website milas-ladesystem.de ist nach wie vor präsent.
Keine Hinweise
„Die von Ihnen aufgerufene Seite ist nicht verfügbar!“, heißt es dagegen auf dem Webauftritt der Stadt Bad Staffelstein, folgt man dem Link, der über Suchmaschinen zum Thema MILAS ausgespielt wird. Weitere Hinweise zur derzeitigen Einstellung des Bundesforschungsprojekts gibt es online seitens der Stadtverwaltung nicht.

Dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), trotz verspätetem Start, die Fördermittel für die Forschung zum Jahresende einstellen würde, war nahezu klar. Dennoch hatten die Projektveranwortlichen (der Stadt) immer durchblicken lassen, dass man an einer Fortführung arbeite – in welcher Form auch immer.
Der nahtlose Übergang zumindest ist nicht gelungen. Nach Informationen dieser Redaktion war Thema MILAS im nichtöffentlichen Teil der letzten Arbeitssitzung des Stadtrats in 2024, bei der auch der städtische Projektbeauftragte Michael Böhm ein letztes Mal zugegen war. Zu Details schweigt die Stadt Bad Staffelstein, verweist auf Gründe der Geheimhaltung. Die Kernaussage in der Sitzung jedoch ist klar: Es geht nicht weiter. Vorerst?
„Eine Projektpause eingelegt“
Diese Redaktion fragte bei Fabian Leppert, dem Geschäftsleiter der Stadt Bad Staffelstein, und dem Projektbeauftragten Michael Böhm nach. Nachdem die Bundesfördermittel für das Projekt MILAS nach einer Verlängerung bis zum Jahreswechsel ausgelaufen seien, „wurde zur Akquise einer Anschlussfördermöglichkeit nun eine Projektpause eingelegt“, so Leppert. „Komplett eingestellt ist das Projekt damit aber nicht.“
„Die Fördermittelbewilligung bei Forschungsprojekten wird immer auf einen bestimmten Zeitrahmen beschränkt, in der Regel zwei Jahre“, antwortet der Geschäftsleiter auf die Frage, warum es keine Möglichkeit gab, MILAS über die Jahreswechsel zu verlängern. „Intensive Bemühungen der Stadt Bad Staffelstein für eine Verlängerung über den Jahreswechsel hinaus blieben, nicht zuletzt wegen der unklaren politischen Lage im Bund, leider erfolglos.“ Die anstehende Bundestagswahl und damit ein etwaiger Kurswechsel der Politik macht Absprachen schwer.

Die MILAS-Fahrzeuge nebst Infrastruktur (darunter eine Photovoltaikanlage für das Erzeugen von nachhaltigem Strom), so war vereinbart worden, sollten nach Ablauf des Forschungszeitraums in das Eigentum der Stadt übergehen. Wäre es also nicht möglich gewesen, den Pendelverkehr ab dem Jahreswechsel in Eigenregie zu betreiben? Nein, bekräftigt Leppert, denn: „Der technische, personelle und finanzielle Aufwand im automatisierten Fahrbetrieb ist immer noch sehr hoch.“ Hinzu kämen die zeitlich begrenzten Ausnahmeregelungen der Behörden. „Auch andere Städte waren gezwungen aufgrund der Rahmenbedingungen den Betrieb vorübergehend einzustellen.“ Im niederbayerischen Bad Birnbach war zum Jahreswechsel das dortige Projekt „Heal“ mit autonomen Bussen beendet worden, das 2017 begonnen worden war. Projektpartner dort, wie auch in Bad Staffelstein: die Deutsche Bahn. In Hof, Kronach, Rehau und Bad Steben startete 2021 SMO – die Shuttle Modellregion Oberfranken – mit gleich sechs autonom fahrenden Kleinbussen. Der Betrieb „eines der größten deutschen Forschungsprojekte im Bereich des Autonomen Fahrens“ wurde im September 2024 eingestellt – „mit dem erfolgreichen Projektende“, wie es auf der Homepage heißt. Auch in Kelheim, wo laut Landrat Martin Neumeyer (CSU) „das größte Reallabor Deutschlands zur Weiterentwicklung der autonomen Mobilität in Deutschland“ forschte und fünf autonome Busse verkehrten, ist seit Mitte 2024 Schluss.
Stadt sucht das Gespräch
In der Thermenstadt aber will man nicht aufgeben. „Die Stadt Bad Staffelstein ist mit vielen Beteiligten im Gespräch, um MILAS für sich und die beteiligten Akteure weiterhin betreiben zu können“, so Leppert. Es geht nur im Schulterschluss mit solventen Partnern. Der „Ball“, so scheint es, liege bei an Forschung interessierten Geldgebern. „Gerade die nun mögliche Datenerhebung hat für die hiermit verbundene wissenschaftliche Arbeiten eine große Bedeutung.“

Wer als Partner in Frage kommt
Die Stadt Bad Staffelstein zeigt sich auf Nachfrage sehr offen, was mögliche (neue) Projektpartner angeht: Dies könnten Ministerien mit Forschungsinteresse ebenso sein wie Hochschulen oder private Wissenschaftseinrichtungen, aber auch die heimische oder überregionale Wirtschaft, beispielsweise aus der Automobilindustrie oder auch deren Zulieferer wie Batteriehersteller. Leppert: „Alle wären potenzielle Projektpartner. Wir sind hier in unterschiedlichen Richtungen aktiv.“
Die größten Kostenpositionen für den Weiterbetrieb sind die personelle Begleitung und der technische Support. „Konkrete Kosten hängen von den weiteren Verhandlungen mit den Dienstleistern ab“, heißt es aus dem Rathaus auf die Frage nach der Finanzierbarkeit. Die Operatoren, die in den autonom fahrenden MILAS-Bussen immer an Bord waren, waren Angestellte von Deutsche Bahn/OVF, also nicht auf dem Gehaltszettel der Stadt. Durch MILAS hatte Bad Staffelstein nahezu keine Kosten. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir uns alle Möglichkeiten offen gelassen“, antwortet Leppert vage auf die Frage, ob mittelfristig wieder MILAS-Shuttles verkehren. „Sobald die Finanzierung sichergestellt ist, könnte der Betrieb kurzfristig wieder aufgenommen werden.“
Vorerst aber stehen die Shuttles auf dem Abstellgleis, die erst kürzlich verbaute induktive Ladestruktur ist im erzwungenen Dornröschenschlaf. „Diese bleiben für eine mögliche weitere Nutzung verbaut.“


Was hat das Bundesforschungsprojekt MILAS gebracht? Das in der Wissenschaft viel beachtete Projekt MILAS, an dem unter anderem die Bergische Universität Wuppertal Technische Universität München beteiligt waren, hat den Forschenden wertvolle Erkenntnisse geliefert. „Am Ende haben die Ergebnisse die Erwartungen übertroffen“, sagen Bad Staffelsteins Geschäftsleiter Fabian Leppert und der städtische Projektbeauftragte Michael Böhm mit Stolz. „Hier sind insbesondere die realisierte Ladeleistung auf der dynamischen Fahrspur zu nennen und die angewandte Einbautechnik der Übertragungsmedien.“ Dafür waren induktive Ladeflächen im Bereich des Parkplatzes Ringstraße und am Busparkplatz Obermain Therme installiert worden. „Alle Projektpartner könnten auf Grundlage der erhobenen Daten und Erkenntnisse ihre weitere Arbeit aufbauen.“ Neben Forschungsresultaten hatte MILAS noch andere positive Auswirkungen, lockten die autonom fahrenden Shuttes doch Neugierige und Technikfreunde in die Stadt. „Bad Staffelstein konnte für viele kleine Städte in Deutschland beweisen, dass große Forschungsprojekte nicht nur in den großen Städten umgesetzt werden können“, bilanzieren Leppert und Böhm. „Auch besteht weiter die Chance, den lang gehegten Wunsch einer Verbindung von der Obermain Therme in die Innenstadt nach vielen Jahren zu realisieren.“ Immer unter der Prämisse, dass es sich finanzieren lässt. „Viele Gäste der Obermain Therme haben den Shuttlebus aus Interesse genutzt, um damit in die Innenstadt zu gelangen.“ In Zahlen ausgedrückt: „300 bis 400 Fahrgäste konnten im Monat mit einem Shuttle befördert werden.“ Bei dem regelmäßigen Einsatz von zwei Shuttles (dies war erst in den letzten Wochen des Projekts der Fall) „kann mit einer Verdopplung gerechnet werden“, lautet die optimistische Prognose. Denn: „Von den Nutzern kam durchweg sehr positive Rückmeldungen.“ Die Gesamtbilanz der Stadt nach Ende des Bundesforschungsprojekts ist eindeutig: „Für alle Beteiligten kann man auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse von einem bemerkenswerten Erfolg ausgehen.“ Aufgrund der Erfahrungen würde sich die Stadt Bad Staffelstein gerne wieder einmal als Projektpartner für Forschungsprojekte wie MILAS zur Verfügung stellen. „Hierfür sind wir generell offen und stehen weiteren Forschungsprojekten positiv gegenüber.“ Die Projektidee war 2019 von Valeo und Michael Böhm entwickelt worden.