Vorweihnachtliche Romantik ist anders. Die jüngste Gemeinderatssitzung war einmal mehr ein Indiz, dass die Entscheidung für und wider eines Projekts meist steht und fällt mit der Finanzierbarkeit. Nachdem die ausgesprochen teure Generalsanierung der Pater-Lunkenbein-Schule den Haushalt der Marktgemeinde auf Jahre hinweg enorm belastet, wurde in jüngerer Vergangenheit nämlich wieder hinterfragt, ob die seitens des Gemeinderats bereits befürwortete Modernisierung der Ebensfelder Kläranlage mittels anaerober Schlammstabilisierung noch zu stemmen sei.
Um zu entscheiden, ob die Maßnahme „Umstellung der Ebensfelder Kläranlage“ weiterverfolgt wird, wurden Diplomingenieur Matthias Kraft vom Ingenieurbüro Baur Consult eingeladen. Kraft verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich. Als weiterer anerkannter Fachmann wohnte der Sitzung Edwin Bailer bei. Bailer, selbst Klärwärter in Fischingen im Schwarzwald, hatte, wie er berichtete, aus einer 8100-EW-Kläranlage eine mittels Faulung energetisch optimierte Anlage entwickelt.
Veraltete Fachliteratur
„Die Literatur hinkt hier 10 bis 15 Jahre hinterher“, sprach Matthias Kraft dem den Gremiumsmitgliedern zur Sitzung vorgelegten Fachartikel eines Dr. Dieter Schreff jegliche Aktualität ab. Besagter Autor hatte in seinen Ausführungen gemeint, dass die Umstellung auf Faulung bei Kläranlagen unter 10.000 EW (Einwohnerwert) „kaum wirtschaftlich zu betreiben“ sei. EW bedeutet Einwohnerwert, vereinfacht gesprochen die von der Einwohnerzahl abhängige Kenngröße, welche den Belastungsgrad einer Kläranlage spezifiziert. Die Ausbaugröße der Ebensfelder Kläranlage liegt bei 9.950 EW.
„Nach meiner Meinung würde eine Umstellung auf Faulung bei der Ebensfelder Kläranlage Sinn machen.“ Es gebe heute moderne Systeme speziell für Anlagen zwischen 5000 und 15000 EW.
Kraft ging zunächst noch einmal auf die energetischen Vorteile ein, die eine anaerobe Schlammstabilisierung mit sich brächte. Laut Kraft dürften sich die Investitionen der Gemeinde in 12 bis 18 Jahren amortisieren, natürlich abhängig von der künftigen Strompreisentwicklung, daher vielleicht sogar noch schneller.
Wenn sich Schlammindex, Schlammtrockensubstanzanteil oder andere Bemessungsparameter der, wie es hieß, vom örtlichen Klärwärter Christian Zahner im übrigen sehr gut geführten Ebensfelder Kläranlage verschlechtern, können außerdem irgendwann der Fall eintreten, dass von behördlicher Seite eine Sanierung beziehungsweise Erweiterung der Kläranlage zum Muss deklariert wird, fuhr Kraft fort.
„Dann kommen schnell einmal fünf oder sechs Millionen Euro zusammen“
„ Und dann kommen schnell einmal fünf oder sechs Millionen Euro Kosten zusammen. Wenn ich Betreiber wäre, wäre mir das Risiko zu hoch“, wurde er deutlich. Auch aus einem weiteren Grund empfahl Kraft dringend die Umstellung auf anaerobe Faulung. „Dadurch verringert sich die entstehende Schlammtrockenmasse um 30 Prozent. Und keiner weiß, wo in Sachen Schlammentsorgung die Reise hingeht – im ungünstigsten Fall muss der ganze Schlamm verbrannt werden, mit entsprechenden hohen Kosten für die Kommune.“
Bei jetzt noch möglicher Nutzung des Bundesförderprogramms könne Ebensfeld mit staatlicher Bezuschussung in Höhe von rund 1,125 Millionen Euro rechnen, müsste etwa 1,7 Millionen Euro Eigenanteil finanzieren. Hierfür müsste die Maßnahme aber voraussichtlich bis 31. Dezember 2027 abgeschlossen sein.
Herbst 2026 Deadline
Bürgermeister Storath beschrieb die komplizierte Ausgangslage der Marktgemeinde: „Wenn die Modernisierung eine Verbesserung darstellt, müssen wir die Investitionen auf die Bürger umlegen, beispielsweise durch Verbesserungsbeiträge.
Andererseits müssen wir, auch wenn es erst 2026 oder 2027 umgesetzt wird, sparen, weil wir ja nicht wissen, ob es umgelegt werden kann.“ Und er erklärte weiter: „Wir tun uns nichts, wenn wir jetzt an der Maßnahme festhalten. Wenn wir die Höhe der Förderung erfahren, können wir immer noch ablehnen.“ Der Markt Ebensfeld dürfte den Förderbescheid in den nächsten sechs Monaten erhalten. „Spätestens im Herbst 2026 müssen Sie sich final entscheiden“, machte Matthias Kraft deutlich vor dem Hintergrund des Ende 2027 ablaufenden Bewilligungszeitraums.
„Das ist dann der nächste Gemeinderat und vielleicht ein neuer Bürgermeister“, scherzte Bernhard Storath daraufhin. Gelächter erfüllte den Sitzungssaal. Eine Prise Humor kann bei aller Ernsthaftigkeit auch in einer Gemeinderatssitzung nicht schaden, dachte er sich wohl.
Den finalen Beschlussvorschlag „Die Maßnahme 'Errichtung einer Vorklärung und Umstellung der Klärschlammbehandlung auf Faulung‘ wird eingestellt. Das laufende Förderverfahren wird gestoppt“ befürworteten am Ende nur zwei Gremiumsmitglieder, so dass trotz klammer Kassen das Vorhaben weiterverfolgt und dem Förderbescheid entgegen gesehen wird als wichtige Grundlage für weitergehenden Entscheidungen.
Anfang 2025 tritt bekanntlich die Grundsteuerreform in Kraft, durch welche der Einheitswert, der Grundstückswert von Anwesen, neu bewertet wird. Einerseits soll die steuerliche Belastung für die Bürger mittels Anpassung des Grundsteuer-Hebesatzes als den Kommunen zur Verfügung stehendes Instrument möglichst auf dem demselben Niveau bleiben wie vor der Grundsteuerreform.
Es ist aber auch die angespannte Haushaltslage des Marktes Ebensfeld zu berücksichtigen – Stichwort Schulsanierung. Das Landratsamt hatte außerdem in den Genehmigungsbescheiden zu den Haushalten der Marktgemeinde darauf hingewiesen, dass die Einnahmen zu erhöhen seien.
Einer Empfehlung des Verwaltungsausschusses folgend beschloss der Gemeinderat einstimmig, den Grundsteuer-Hebesatz A (Landwirtschaft) bei 340 vom Hundert zu belassen und den Hebesatz B (übrige Gebäude) zu senken von bisher 340 auf nun 190 vom Hundert ab 1. Januar 2025. „Das heißt aber nicht, dass dann jeder weniger oder gleich viel Grundsteuer zahlt. Das kann ganz unterschiedlich sein,kommt auf die abgegebenen Meldungen der Grundstückbesitzer an“, betonte der Bürgermeister und wies darauf hin, dass die Gemeinde hier steuerlich nicht beraten darf. Die Bürger in der Gemeinde bekämen hierzu ein Informationsschreiben.
Per Beschluss erhöht wird ab Januar 2025 ferner der Gewerbesteuer-Hebesatz der Gemeinde von bislang 350 auf dann 380 vom Hundert, auch hier mit Hinweis auf die schwierige Haushaltssituation der Kommune. Dies bringt der gemeindlichen Kasse Mehreinnahmen von rund 300.000 Euro jährlich. Steigen wird 2025 auch die Hundesteuer von 25 auf 35 Euro, für Besitzer von Kampfhund von 600 auf 700 Euro mit Möglichkeit der Reduzierung durch Vorlage eines Wesensgutachtens.