Eisenbahngleise hängen in der Luft, Häuser hat das Hochwasser weggerissen oder drohen in den Abgrund zu stürzen, ganze Straßenzüge und Brücken wurden weggeschwemmt. Das Ahrtal wurde im Juli von einem schweren Hochwasser getroffen. Große Teile der Dörfer und Städte entlang der Ahr wurden überschwemmt und teils schwer zerstört. Vom Schicksal der Flutopfer berührt, sind Manuela Bauernschmitt, Jürgen Schramm, Jakob Weis, Niklas Lazarz und Stefan Bauernschmitt mehrmals zu Hilfseinsätzen ins Ahrtal gefahren. Da einige von ihnen leidenschaftliche Musiker sind, machten sie den Betroffenen außerdem mit kleinen Auftritt Mut.
Stefan Bauernschmitt aus Uetzing verfolgte über die sogenannten sozialen Medien, was Markus Wipperfürth, ein Landwirt und Lohnunternehmer aus Pulheim bei Köln über seine Erlebnisse während und nach der Flutkatastrophe berichtete. „Mir war schnell klar, dass ich ins Ahrtal fahre, um im Katastrophengebiet mitzuhelfen“, sagt der ehrenamtliche Rettungssanitäter. „Mindestens einmal im Monat möchte ich hochfahren.“ Der 40-Jährige lud zusammen mit Freunden sein Auto voll mit Werkzeug und Ausrüstung und machte sich dann auf den Weg in die etwa 450 Kilometer entfernten Gemeinden. Inzwischen war er bereits mehrmals für einige Tage im Hochwassergebiet, um dort mit anzupacken. „Meine Arbeit reißt nicht aus und ich wäre auch froh, wenn mir jemand in so einer Situation helfen würde“, berichtet er. „Es war erschreckend, was wir dann dort vorgefunden haben.“

Der Winter naht und noch immer ist viel aufzuräumen
Die Lage in den Flutgebieten ist weiterhin dramatisch. „Der Winter naht und noch immer ist viel zu tun“, erzählt Jürgen Schramm, der auch schon mehrmals dabei war, mit gedrückter Stimme. „Am ersten Wochenende haben wir morgens angepackt und geholfen, wo Not am Mann war und abends Musik gespielt“, erzählt Bauernschmitt. Er ist Trompeter der Uetzinger Blaskapelle. Rund 40 Musiker aus ganz Deutschland – darunter auch Jakob Weis und Stefan Bauernschmitt vom Musikverein Uetzing-Serkendorf – kamen mit ihren Instrumenten ins Ahrtal, um zu helfen und zu musizieren.

Den Anstoß dazu hatte Franz Josef Graf gegeben, der den Menschen mit seiner Musik zwischen Trümmerbergen und Ruinen immer wieder Mut und Zuversicht vermittelt. „Er postete seine Auftritte auf Facebook und dabei kam mir die Gänsehaut“, berichtet Bauernschmitt. „Da wurde mir schnell klar: Ich will dort helfen und mit Franz Josef Graf Musik spielen.“ Der Aufruf des „Ahrtal-Trompeters“ richtete sich an interessierte Musiker und musikalische Gruppierungen, die bei eigener Anreise mit ihren Blasinstrumenten zusammentreffen und für „Arbeitseinsätze mit musikalischer Unterstützung“ in den betroffenen Gebieten eingeteilt werden. „Sie kommen nicht als musikalische Touristen, sondern als musizierende Helfer“, betont Jakob Weis.
Auftritt mit dem Ahrtal-Trompeter inmitten von Ruinen
Am ersten Wochenende kam der Helfer-Trupp aus dem Döbertengrund nach fünf Stunden Fahrt endlich beim Bürgerhaus in Kirchdaun an. Am Sammelplatz im Industriepark wurden Arbeitstrupps in jeweils benötigte Mannstärke eingeteilt und mit ihren Instrumenten zum Einsatzort gefahren. Nach der Ankunft spielten die Musiker zwei bis drei Lieder und begannen dann mit der jeweiligen Arbeit. Je nach Möglichkeit, konnten sie die Arbeitseinsätze den Tag über nach eigenem Ermessen für musikalische Pausen am Einsatzort und der näheren Nachbarschaft unterbrechen. Am späten Samstagnachmittag wurden die Musikanten von den Einsatzorten abgeholt und sammelten sich, um dort zusammen mit dem „Ahrtal-Trompeter“ Franz Josef Graf, zum Abschluss bei einem Musikerflashmob gemeinsam einige Lieder zu spielen.

„Der Auftritt in Bad Neuenahr-Ahrweiler war sehr emotional: Während wir spielten, sang Stefanie Rhein, eine Sängerin aus dem Ahrtal, die selbst betroffen war, das 'Hallelujah' – da sind viele Tränen geflossen.“
Stefan Bauernschmitt, Helfer aus Uetzing
Es war für die Helfer nicht einfach in diesem Trümmerfeldern zu spielen. „Der Auftritt gegenüber vom Ahrtor in Bad Neuenahr-Ahrweiler war sehr emotional: Während wir spielten, sang Stefanie Rhein, eine Sängerin aus dem Ahrtal, die selbst betroffen war, das 'Hallelujah' – da sind viele Tränen geflossen. Das hat auch mich sehr mitgenommen“, erinnert sich Stefan Bauernschmitt.
Neben der Musik haben die Helfer aus dem Döbertengrund auch kräftig mit angepackt und geholfen. „Bei den Arbeiten musste viel improvisiert werden – Gerüste wurden mittels Werkbank gebaut oder gestemmt – von oben nach unten, indem die Helfer mit Seilen gesichert wurden“, erzählt Jürgen Schramm. In einem Fachwerkhaus hat er zusammen mit zehn Helfern Putz und Boden herausgestemmt. Später mussten die Arbeiten wegen Einsturzgefahr abgebrochen werden. In Bad Neuenahr waren die Helfer in der Kirche, wo das Wasser 1,20 Meter hoch gestanden hatte im Einsatz. „Wir stemmten mit 20 anderen Helfern zunächst den Boden in der Kirche und danach den Putz und den Boden im Pfarrsaal los“, berichtet Bauernschmitt. Jürgen Schramm entfernte den maroden Estrich mithilfe eines Minibaggers.

Die Helfer klopfen Putz ab und beseitigen marode Böden
„In den betroffenen Gebieten sind die Schäden so groß, wie man es sich in den kühnsten Gedanken nicht vorstellen könnte“, erinnert sich Stefan Bauernschmitt. Dabei seien ganze Häuser wie Streichholzschachteln zerrissen worden. Die Flüsse haben Schneisen der Verwüstung hinterlassen, deren Spuren noch nach Jahren sichtbar blieben. Neben dem Wegbrechen der Infrastruktur seien die Menschen auch durch die Umweltzerstörung belastet. „Die Katastrophe konnte man auch durch den unangenehmen Geruch in der Luft wahrnehmen“, berichtete Normen Reichert aus Obersdorf. Der 31-jährige ist selbstständiger Kfz-Meister und Gutachter, er war einer der ersten Helfer aus der Region, der im Katastrophengebiet mitgeholfen hat.
Stefan Bauernschmitt zeigte sich tief bewegt von ihrem Einsatz und beeindruckt von dem Willen der Betroffenen, sich ihrem Schicksal zu stellen. „Überall haben wir Menschen gesehen, die aufräumen, anpacken und sich nicht entmutigten ließen“, sagt Jürgen Schramm. Stefan Bauernschmitt erwähnt die große Dankbarkeit, die die Helfer erfahren haben: „Manchmal sind Betroffene gekommen, um einfach nur zu reden.“

Spendenaktion: Weihnachtsgeschenke für die Kinder im Ahrtal
Beeindruckt von den Berichten der Helfer haben Marcus Ultsch und Manuela Thörmer in Uetzing das Projekt „Verzaubere mit uns Kinderaugen im Ahrtal“ ins Leben gerufen. Wer etwas spenden möchte, verpackt ein neues Spielzeug – egal wie teuer – versieht es mit Alter, Geschlecht und Inhaltsangabe und bringt es am Mittwoch, 17. November, von 18 bis19 Uhr nach Uetzing zum alten Feuerwehrhaus oder zum Feuerwehrhaus nach Kösten. Bis einschließlich 22. November können Geschenke auch in Burgkunstadt bei Regens Wagner an der Pforte (Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr) abgegeben werden.
Bei Fragen einfach eine Mail an „kinderaugen.ahrtal@gmail.com. (red)