„Erst das Auge schafft die Welt“, schrieb Christian Morgenstern einmal. Mit offenen Augen sollen die Menschen in der Adventszeit durch die Stadt gehen. Das wünschen sich die Mitglieder der Kulturinitiative (KIS) und der Adam-Riese-Unternehmergemeinschaft. Deshalb organisieren sie gemeinsam mit der Stadtverwaltung auch in diesem Jahr wieder einen Krippenweg, der vom 28. November bis Dreikönig begangen werden kann.
Gerade in Zeiten der Pandemie möchten die Organisatoren mit rund 40 hell erleuchteten Krippen ein Zeichen der Hoffnung setzen – und sie wollen die Menschen ermuntern, allein oder im kleinen Familienkreis Spaziergänge durch die Innenstadt zu unternehmen.
Gehäkelt, gebacken oder aus Porzellan
Die Geschäftsinhaber und Ladenbesitzer stellen in ihren Schaufenstern die unterschiedlichsten Krippen aus: Zu sehen sein werden traditionelle Darstellungen, doch auch Krippenszenen mit gehäkelten oder gar gebackenen Figuren, sogar eine Krippe mit Porzellanfiguren wird ausgestellt.

Wie im Vorjahr können sich die Spaziergänger auf die Suche machen nach der kleinsten Krippe in einer Nussschale oder einer Streichholzschachtel sowie der größten mit lebensgroßen Figuren. Alle Krippen werden mit kurzen Beschreibungen zur Entstehung und Herkunft versehen sein.
Ein Zeichen der Hoffnung setzen und etwas Positives bieten
Corona bestimme unser Leben, mache diesen Advent heuer zu einer besonderen Zeit, sagt Rosi Jörig von der KIS. Deshalb sei es wichtig, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen und „unsere Stadt in weihnachtlichem Flair erstrahlen zu lassen“. Der Krippenweg, in den auch die katholische Sankt-Kilians-Kirche und die evangelische Dreieinigkeitskirche einbezogen sind, werde auf jeden Fall eingerichtet, fährt sie fort. Dadurch werde den Menschen etwas Positives geboten. „Das Schöne ist, dass jeder mit seiner Familie oder nur für sich selbst den Krippenweg gehen und so Weihnachten erlebbar machen kann.“
Christine Liebl, die seit 2005 als Stadtführerin tätig ist, erinnert sich an den Krippenweg 2019: „Ich bekam sehr viel positive Resonanz. Viele Menschen sahen sich die Krippen im vergangenen Jahr an. Heuer wird das sicher ebenso sein, gerade weil es ja viele andere Veranstaltungen nicht gibt.“
„Das Schöne ist, dass jeder mit seiner Familie oder nur für sich selbst den Krippenweg gehen und so Weihnachten erlebbar machen kann.“
Rosi Jörig, Kulturinitiative Staffelstein (KIS)
Ob es heuer Krippenführungen geben kann, sei derzeit noch offen, sagt Rosi Jörig. Im November sei dies wegen der Kontaktbeschränkungen nicht möglich. Wie die Situation im Dezember sein wird, hänge von den dann erlassenen Vorgaben der Regierung ab.
Doch schließlich könne sich jeder selbst den Krippenweg erschließen, sind sich Rosi Jörig und Christine Liebl einig. Vielleicht sei dies ja eine Möglichkeit, sich auf den Sinn der Vorweihnachtszeit zu besinnen, die ja ursprünglich eine stille Phase gewesen sei. Wer sich auf den Krippenweg begebe, könne es ruhiger angehen lassen. Und wer Krippen ansieht, nehme sicher auch die ausgestellten Dinge in den Schaufenstern wahr. Der KIS sei wichtig, die Menschen anzuregen, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen und zu sich selbst zu kommen, sagt Rosi Jörig.

Eine Aktion, die die Menschen zum Bummeln anregt
Und wie sehen es die Geschäftsleute? Optiker Rainer Büschel: „Ich finde diese Aktion gut, weil sie die Personen, die unterwegs sind, an die Schaufenster heranführt und die Menschen zum Bummeln anregt.“ Ähnlich sieht es der Optiker Thomas Junge: „Ich finde schön, dass sich Bad Staffelstein derartig präsentiert. Die Leute können sich die Krippen selbst erschließen.“ Und er zitiert einen Politiker, der kürzlich sagte: „Wir Deutschen sollten uns unsere Traditionen nicht nehmen lassen.“ Seine Krippe, verrät er, komme aus der Puppenstadt Neustadt bei Coburg.
Andrea Winkelmann von „Andreas Wollparadies“ ist ebenfalls begeistert von der Idee, Krippen auszustellen. „Ich habe einen Hund, wir laufen immer mal wieder durch die Stadt, und ich schaue mir die Schaufenster an“, sagt sie. Die Krippe, die sie in ihrem Schaufenster in der Bamberger Straße ausstellt, wurde von ihrer Freundin Christine Böh gehäkelt. Sie arbeitete den Sommer über immer mal wieder an den Figuren. Die Anregungen dazu hat sie sich im Internet geholt. Im „Wollparadies“, sagt sie, könnten sich die Leute, die das nachmachen möchten, immer beraten lassen, welche Materialien dafür in Frage kommen.

Wer also in der Adventszeit abends durch den Staffelsteiner Stadtkern bummelt, sollte sich ein wenig Zeit nehmen. „Denn Augen haben und Betrachten ist nicht dasselbe“ wie der Kirchenlehrer Augustinus einst schrieb.
Rosi Jörig, die im Vorfeld viele Geschäftsleute zum Mitmachen eingeladen hat, weist darauf hin, dass sie sich freuen würde, wenn weitere Meldungen bei ihr eingehen (ihre E-Mail-Adresse: rosi.joerig@promedia-line.de). (ME)