Vom 22. Januar bis zum 8. Februar 1971 hat sich in der Kurstadt etwas Besonderes ereignet: „Fünf Kartler erspielten im Gasthaus zur Linde, Bahnhofstraße, einen Weltrekord im Dauer-Schafkopf-Spielen“.
Diese Schlagzeile schaffte es nicht nur in alle heimischen Tageszeitungen, sondern auch in die Nürnberger Abendzeitung, ins Radio und ins Fernsehstudio des BR. Albert Dietz, Günter Weber, Alfred Senger, Andreas Lunz aus Staffelstein und Georg Pfarrdrescher aus Schwabthal hatten 17 Tage und 17 Nächte lang Schafkopf gespielt.
Als Preis erhielt jeder unter anderem einen Porzellanbierkrug mit Aufschrift und namentlicher Widmung zur Erinnerung an diese Leistung. Das „Haus der Bayerischen Geschichte“ Regensburg erfuhr vor Kurzem von der Existenz dieser Gedächtniskrüge: einer davon wurde unlängst der Dauerausstellung des Bad Staffelsteiner Stadtmuseums überlassen.
Das Exponat passe hervorragend zur Sonderausstellung „Sau sticht König. Spielkarten aus Bayern“, fand Kurator Dr. Timo Nüßlein aus Regensburg und besprach sich mit der Museumsleiterin Adelheid Waschka.
Weiteres Exemplar gefunden
Bei der weiteren Recherche fand man heraus, dass auch das Hause Pfarrdrescher in Schwabthal noch so einen Weltrekord-Krug besitzt. Georg Pfarrdrescher, mittlerweile verstorben, war einer der fünf Kartenspieler.
Er war der Vater des Scheunen-Gastwirtes Andi Pfarrdrescher. Doch Andi Pfarrdrescher besaß sogar noch mehr, als nur den Jubiläumskrug. Er präsentierte dem Kurator Dr. Nüßlein und seinem Mitarbeiter Benedikt Völkl ein dickes Fotoalbum, in dem der Vater einst alle erdenklichen Zeitungsberichte über dieses Ereignis gesammelt hatte.
Familie hat alles gesammelt
Und was wurde da nicht alles berichtet: ein Friseur hatte die Kartler besucht und ihnen die Haare geschnitten, ein Masseur lockerte die verkrampften Schulterpartien, eine Fusspflegerin kümmert sich um die Füße der Kartler und auch ein Arzt, Dr. med. Hans Düchtel, sah immer wieder zu den Rekord-Spielern.
Natürlich hatte dieses Ereignis auch Politiker hinterm Ofen vorgelockt: Bürgermeister Mittelweger, MdB Niegel, MdL Bundschuh, Bezirksrat Großmann und Stadträte schauten vorbei, die Blaskapelle trat auf und an die 100 Zuschauer versuchten, einen Blick durch die Fenster der Gastwirtschaft zu werfen. Das ging besonders gut zur Sperrstunde: „Da wurden die Rollos hochgezogen, die Karter spielten ja auch nachts“, schmunzelte Andi Pfarrdrescher.
Jeder der Kartenspieler habe um die drei Kilo zugenommen, Bürger brächten Obst und Fruchtsäfte zur Stärkung vorbei und „es wurde um Geld gespielt. Das teuerste Spiel war zwölf Mark 20, so steht es in den Berichten“, zeigt Andi das Album.
Sogar drei Schiedsrichter waren im Wechsel ständig vor Ort und notierten die einzelnen Spiele und die Uhrzeit. Natürlich kann auch Andi Karten spielen: Schafkopf, Bierkopf, Tarock, Skat und mehr. „Das lernst´ von den Alten“, ist er überzeugt.
„Leider kommt in der heutigen Zeit in den Wirtshäusern nix mehr zamm“, bedauerte er. Doch das könnte sich vielleicht ändern. Mit der Kabinett-Ausstellung „Sau sticht König - Spielkarten in Bayern“ soll vom 31. Mai 2025 bis nächsten Jahr am 19. April dieses historische Kulturgut wieder ins Gedächtnis gerufen werden.
„Ausstellen werden wir nur das Bayerische Blatt, also keine Sonderkarten, wie das Französische Blatt, erotische Karten oder das Fränkische Blatt“, freute sich Kurator Timo Nüßlein.
Nicht im Guinnessbuch
Er darf nun mit zwei Jubiläumskrügen heim nach Regensburg ins „Haus der Bayerischen Geschichte“ reisen. Einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde haben die Staffelsteiner übrigens nicht bekommen.

„Jemand hat wohl vergessen, es offiziell dort zu melden, oder vielleicht waren die Staffelsteiner auch zu bescheiden, um sich damit zu rühmen“, vermutet die Museumsleiterin Adelheid Waschka. Sei es drum: die Erinnerung bleibt. Mit den beiden Jubiläumskrügen, die für eine Jahr als Leihgabe zur Ausstellung gehen oder wenn man die Gaststätte „Zur Scheune“ in Schwabthal besucht.
Da hängt nämlich ein gerahmtes schwarz-weiß Foto, ein Schnappschuss von den Kartbrüdern am Karttisch. Zigaretten und Bierglas inklusive. So war´s halt damals, vor mehr als 50 Jahren. Das Gaststätte „Linde“ wurde zu der Zeit von Elsa Borhegi betrieben, Albert Dietz´ Ehefrau.
Später wurde daraus der „Birkenhof“, nun ist dort die Pizzeria ,,Bei Manu.“ Sechs Freunde aus dem Oberallgäu halten seit 21. August 2024 den offiziellen Weltrekord im Dauer-Schafkopfen.
Die vier Männer und zwei Frauen schafften 192 Stunden, also acht Tage Kartenspielen am Stück.