Was lange währt, wird endlich gut. So darf man zur Opernaufführung im Kurpark bilanzieren. Eine Oper im Kurpark? Das tatsächlich geschah am Sonntagabend. In vier Akten, ungekürzt und bei bei bestem Wetter. Giuseppe Verdis „Nabucco“ kam auf die Seebühne und unterhielt 884 zahlende Gäste. So ungefähr.

Am Ende gab es großen und lang anhaltenden Applaus für Mitwirkende und Aufführung. Es hing viel vom Bühnenbild ab. Denn wohin mit dem Orchester ohne Graben? Und wie auf beengtem Raum die unterschiedlichen Handlungsorte zwischen Jerusalem und Babylon darstellen?
Ein bemerkenswerter Kniff und nur wenige Handgriffe

Es gab da einen bemerkenswerten Kniff und der bestand in der gemalten Darstellung einer begehbaren Baulichkeit, die sowohl optische Anleihen beim Tempel von Jerusalem wie auch dem Turm von Babylon nahm. Zweier Handgriffe bedurfte es nach dem ersten Akt, um Symboliken auszutauschen. Die aufgemalte Menora wich so dem Baalstempel, und schon zog man gedanklich und im Jahre 578 vor Christus von einem Ort zum nächsten.
30 Sänger fasste der vierstimmige Chor und hinter dem Bühnenbild fand sich das 46-köpfige Orchester. Als der erste Akt gespielt wurde, saß Gaby Heyder vom organisierenden Veranstaltungsservice Bamberg 50 Meter weit entfernt auf einer Anhöhe, blickte zur Bühne und rauchte zufrieden wirkend ihre Zigarette. „120 Mitwirkende sind das hier“, sagte sie, alle in Betracht ziehend: den Chor, das Orchester, die Solisten, die Visagisten, die Requisiteure, die Leute vom Ton und der Beleuchtung, sowie die Bühnenbildner und Kulissenarbeiter.
Weder gekürzt noch abgespeckt

Ja, es war Aufwand, aber es war keine gekürzte oder abgespeckte Fassung, sondern sie glich doch weitgehend der Uraufführung am 9. März 1842. Ob es wirklich 884 Gäste waren, die hier auf den Plätzen saßen? Mehrmals wurde die Aufführung wegen Corona verschoben. Dabei gingen ein paar Jahre ins Land und da ist es nur normal, dass sich manche Kartenbesitzer ihrer Karten nicht mehr erinnern, sie verschlampt haben oder anderen Terminen den Vorzug geben.
Die Handlung ist komplex und die Aufführenden, hauptsächlich bulgarische Künstler, waren durchaus namhaft, Preisträger, empfohlen für Großes und an großen Häusern wirkend. So wie der Tenor Ivailo Yovchev, in der Aufführung den Ismaele gebend. Der Mann debütierte an der Staatsoper Stara Zagora und stand schon mit Maria Kaufmann auf der Bühne. Am Sonntagabend hatte er die Last einer unglücklichen Liebe zu tragen. Er sollte auf Fenena (Elena Chavdarova-Isa, Mezzosopran) aufpassen, denn sie ist eine Geisel, Tochter von Nabucco (italienisch für Nebukadnezzar) und die letzte Hoffnung der in Salomons Tempel versammelten Juden auf eigene Unversehrtheit.

Ab da begannen Intrigen, Kämpfe, Verwicklungen und am Ende des vierten Aktes fand man sich in Babylon. Fenena wurde zum Opferaltar gebracht, der Hohepriester des Baal führte die Opferzeremonie aus. Dann griff der Gott Israels ein, ließ Götzenbilder umstürzen und die Intrigantin Abigail vergiftete sich.
Auf dem Sterbebett um Verzeihung gebeten
Sterbend bat sie den Gott der Hebräer um Vergebung und selbst Nabucco (Aleksandar Krunev, Bariton) pries gemeinsam mit dem Volk Israel diesen Gott und der Israeliten wiedergewonnene Freiheit.
Ja, natürlich ist eine Seebühne kein geschlossener Raum, bietet keinen wuchtigen Hall mit Widerhall. Aber dennoch transportierte das Orchester beispielsweise die melodischen Verspieltheiten bei „Fenena! O mia diletta“ eindrücklich und die Melodie des weltberühmten „Gefangenenchor“ sollte auch an diesem Ort und Abend ergreifen.
Die Verlassenheit und Trostlosigkeit dieser Szene wurde so schlicht wie eindrucksvoll und völlig genügend in kaltes blaues Licht getaucht. Zu dieser Zeit befanden sich zwei Personen am Rande des Geschehens und im Publikum, sich darüber austauschend, dass die Seebühne nicht Verona sei und nicht die Scala. Das stimmt zwar, aber man kann sich halt auch alles kleiner reden. Doch dann wäre selbst ein Amadeus auch nur ein Gottlieb und ein Giuseppe Verdi nur ein Josef Grün. Aber der Staffelberg ist auch nicht der Mount Everest und trotzdem schön.