„ABGESAGT“: Die weiße Schrift auf rotem Grund fällt auf in den Sozialen Netzwerken. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Bad Staffelstein hatten für Samstag, 8. Juni, zur Sonnwendfeier mit großer Außenbar, Musik, Speis und Trank eingeladen. Da wussten sie noch nicht, welch unvorstellbarer Kraftakt auf sie am vergangenen Wochenende warten würde. Mit Nachwirkungen, die sich eine ganze Woche lang ziehen sollten.
„Es ist schade, da es mittlerweile ein fest etabliertes Event ist und uns die Einnahmen als Verein definitiv fehlen werden“, schreibt der Verein bei Facebook. Man sei sehr traurig, doch „die letzten Tage forderten viel Kraft und Personal“. Da blieb den Verantwortlichen keine andere Wahl, als nach dem Starkregen-Kraftakt die Reißleine zu ziehen.
Michael Liebl, Zugführer 1 bei der Freiwilligen Feuerwehr Bad Staffelstein, geht ins Detail. „Wir waren seit Samstag, 16 Uhr, bis Montag, 4 Uhr, quasi ununterbrochen im Einsatz“, schildert er die Lage. „Wir hatten alleine 24 Einsatzstellen in Bad Staffelstein. Hinzu kamen die Fahrten unserer Logistikfahrzeuge, mit denen wir alle Einsatzstellen im Stadtgebiet angefahren haben.“ Die Kameradinnen und Kameraden der Stützpunktwehr lieferten Material aus ohne Unterlass.
„40 Aktive waren jeweils am Samstag und am Sonntag im Einsatz“, verdeutlicht Liebl. An Schlaf war da nicht zu denken: Die Gewitterzellen mit heftigem Starkregen und den entsprechenden Auswirkungen hielten den Adrenalinpegel hoch: Die Feuerwehrler arbeiteten ohne Unterlass, gingen über ihre Leistungsgrenzen hinaus. Es war eine Personal- und Materialschlacht sondergleichen.

„Darüber hinaus haben wir für das komplette Stadtgebiet mit unserem HLF die Bereitschaft übernommen“, ergänzt der Zugführer. Neben der Technischen Hilfeleistung aufgrund des Unwetters gab es auch beispielsweise einen Unfall auf der Autobahn 73 zwischen Ebensfeld und Bad Staffelstein.
„Unser Stall war komplett leer“
Zumindest brannte es nicht auch noch. „Unser Stall war komplett leer, alle Fahrzeuge waren unterwegs“, sagt Michael Liebl. Derer sieben hat die Freiwillige Feuerwehr Bad Staffelstein. Dass alle gleichzeitig unterwegs sind, kommt sonst so gut wie nicht vor.
Die Gewitter sind abgezogen, das Wasser ist abgeflossen. Für die Feuerwehr aber geht die Arbeit weiter. „Wir sind noch lange nicht fertig“, betont Liebl. „Wir haben zwar Martin Schug als hauptamtlichen Gerätewart, aber alleine schafft er das nicht.“
Berge von gebrauchtem Material türmen sich am Feuerwehrhaus einerseits, die Materialregale mit gereinigten, einsatzklaren Schläuchen sind dagegen leer. Auch die Ehrenamtlichen packen kräftig mit an, unterstützen ihren Gerätewart. „Am Montag beispielsweise waren etliche Leute im Gerätehaus, den ganzen Tag über bis in den Abend, und halfen mit. Das Aufräumen im Gerätehaus wird sich noch die ganze Woche hinziehen“, vermutet Liebl. „Alles ist dreckig, alles ist nass. Die Einsatzkleidung muss gewaschen, die Schläuche geprüft und gereinigt, die Stiefel getrocknet werden oder neue Sandsäcke gefüllt und in die Container geschlichtet werden.“ Und, und, und. „Freilich können wir weiterhin ausrücken, keine Frage. Doch bis der Normalzustand hergestellt ist, zieht es sich.“

„Sonst hätten unsere Leute wieder kein Wochenende für sich gehabt und ihre Familien.“
Michael Liebl, Zugführer FFW Bad Staffelstein
Warum nicht einfach die gebrauchten Sandsäcke wiederverwenden? „Da müssen wir genau hinsehen, wo diese gelegen haben“, antwortet Michael Liebl. „Sind sie mit Fäkalien oder Öl in Berührung gekommen, sind sie Sondermüll und müssen entsorgt werden.“
Getrocknet und für den nächsten Einsatz aufbewahrt werden können lediglich die Sandsäcke, die in unbelastetem Wasser lagen – und das dürften die wenigsten sein. 2700 Sandsäcke wurden am Wochenende im Stadtgebiet verbaut, um die Wassermassen und Schlammlawinen einzudämmen.
Wehren aus dem Lautergrund füllten an zwei Tagen je 1500 Sandsäcke, die unmittelbar zu den Einsatzstellen gebracht wurden. „Die Stadt Bad Staffelstein muss ein Sandsackkontingent von 2000 Säcken vorhalten. Ein Teil davon ist bei uns im Feuerwehrhaus, ein Teil lagert im Bauhof.“
Eine Vernunftentscheidung
Neben den Sandsäcken sind auch noch etliche Wassersauger und einiges an Beleuchtungsgerät in den Stadtteilen. Dieses Material muss eingesammelt, geprüft, gesäubert und wieder auf die Fahrzeuge verteilt werden. „Wir haben WhatsApp-Gruppen, über die wir uns organisieren und absprechen“, erklärt Liebl. Zu tun gibt es genug.
„Es geht einfach nicht anders“, meint Michael Liebl zur Absage des Johannisfeuers. „Es ist schade, da es mittlerweile ein fest etabliertes Event ist und uns die Einnahmen als Verein definitiv fehlen werden“, heißt es auf der Facebook-Seite des Feuerwehrvereins. Während Material, Fahrzeuge und Persönliche Schutzausrüstung Pflichtaufgaben der Kommunen sind, um Feuerschutz und Sicherheit zu gewährleisten, muss der Verein an sich selbst finanzieren. „Wir haben beispielsweise jüngst unsere Fahne restaurieren lassen“, sagt Nicole Kleedörfer, die 2. Vorsitzende, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Außerdem beschaffen wir unter anderem T-Shirts oder Softshelljacken für die Mitglieder, um in der Öffentlichkeit einheitlich aufzutreten. Zudem gewähren wir der Kinder- und Jugendfeuerwehr Zuschüsse, beispielsweise für deren 24-Stunden-Übungen oder das Zeltlager.“ Auch die Weihnachtsfeier mit kostenlosen Speisen und Getränken als Dankeschön für die ehrenamtliche Tätigkeit das Jahr über geht auf Kosten des Feuerwehrvereins, ebenso wie die Hemden für die Dienstuniform. Diese werden im Stadtgebiet Bad Staffelstein nämlich nicht von der Kommune gestellt.

Und so schmerzen die fehlenden Einnahmen aus dem Sonnwendfeuer, zu dem jährlich rund 250 bis 300 Leute auf den gepflasterten Platz am Feuerwehrhaus kommen, schon nicht unerheblich, ist die Feier doch neben dem „Boxenstopp“ an Christi Himmelfahrt die Haupteinnahmequelle des Vereins. Die zeitliche Nähe zwischen Einsatzwochenende und Festwochenende aber ist einfach zu klein: eine Vernunftentscheidung. „Sonst hätten unsere Leute wieder kein Wochenende für sich gehabt und ihre Familien“, wirbt Zugführer Michael Liebl um Verständnis.
Er kann aber dem Ganzen trotzdem etwas Gutes abgewinnen: „Wir hatten die 30 Garnituren für die Sonnwendfeier bereits im Feuerwehrhaus, konnten diese gleich nutzen und haben so am Samstag 300 Leute im Feuerwehrhaus verpflegt und am Sonntag gar 400.“
Ein Dankeschön ist immer drin
Und auf der Facebook-Seite verspricht der Bad Staffelsteiner Feuerwehrverein: „Nächstes Jahr sind wir wieder am Start – vermutlich dann mit doppelt so viel Holz!“ Und wer „seiner“ Feuerwehr bis dahin etwas Gutes tun will, der kann sich auch ohne Sonnwendfeuer bei den Ehrenamtlichen erkenntlich zeigen.