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BAD STAFFELSTEIN: Pfarrer-Ehepaar geht in den Ruhestand

BAD STAFFELSTEIN

Pfarrer-Ehepaar geht in den Ruhestand

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    Pfarrer Matthias Hagen geht in den Ruhestand, seine Frau Sabine Schmid-Hagen übernimmt den Dienstauftrag für die Pfarrstelle Bad Staffelstein vorübergehend.
    Pfarrer Matthias Hagen geht in den Ruhestand, seine Frau Sabine Schmid-Hagen übernimmt den Dienstauftrag für die Pfarrstelle Bad Staffelstein vorübergehend. Foto: Pfarramt Bad Staffelstein

    „Gerade über den Gartenzaun“, so liefen viele Gespräche mit Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und ihrem Mann Matthias Hagen ab. Dabei ging es um Alltägliches, um ganz eigene Wünsche und Sorgen, um Fußballergebnisse und Politik. „Einfach Menschen wie die anderen zu sein, und auf Augenhöhe unterwegs zu sein, mit Stärken und Schwächen, das treibt uns an“, berichtet der 65-Jährige, der bald in den Ruhestand verabschiedet wird.

    Lange Zeit hat die Familie das Pfarrhaus in der Innenstadt bewohnt – Seite an Seite mit dem Kindergarten, den auch die drei Pfarrers-Kinder besuchten. Auch die Schule und den TSV Staffelstein lernte das Ehepaar „von innen“ kennen und erlebte auf diese Weise viele nachhaltige Begegnungen: mit Haupt-, Neben- und Ehrenamtlichen, mit Bekannten, die zu Freunden wurden, mit Menschen, die bisher nie einen Fuß in die Kirche gesetzt haben.

    In 27 Jahren immer gegen Versetzung entschieden

    In den 27 Jahren, die die beiden schon in Bad Staffelstein verbracht haben, haben sie ab und zu über eine Versetzung nachgedacht. Immer wieder entschied sich die Familie gemeinsam dagegen. Matthias Hagen blickt zurück: Drei Jahre war er einst stellvertretender Dekan. „Ich habe aber schnell gemerkt: Da habe ich mich vertan.“ Der direkte Kontakt zu den Menschen sei ihm zu wenig gewesen, das „Chef-Sein“ nicht seine Passion, die verwaltungstechnischen und rechtlichen Aufgaben zu groß.

    Die Familie Hagen/Schmid-Hagen im Jahr 1995.
    Die Familie Hagen/Schmid-Hagen im Jahr 1995. Foto: Pfarramt Bad Staffelstein

    Dafür fühlte er sich viele Jahre im Amt des Seniors – das ist ein Vertrauenspfarrer des Pfarrkollegiums – viel besser aufgehoben. Doch auch für Gemeindepfarrerinnen und - pfarrer habe der Aufwand für Bürokratie, für die Herausforderungen im Bauwesen beziehungsweise im digitalen Bereich stark zugenommen. Das belaste viele Kolleginnen und Kollegen und halte sie vom Eigentlichen des Pfarrerberufs zu sehr ab.

    Gerechtigkeit im Alltag und weltweit als Maßstab von Politik

    Anders war das noch, als sich die Lebenswege des Paares kreuzten: Matthias Hagen, Sohn einer liberalen Pfarrersfamilie aus Coburg, beschreibt sich selbst als „Provinz-68er“. Die Ölkrise 1973 sei ein entscheidender Auslöser für sein politisches Denken gewesen. Gerechtigkeit im Alltag und weltweit als Maßstab von Politik und gesellschaftlichen Handelns prägen ihn bis heute. Während seiner Suche nach ihr durchstreifte und durchkämmt der Schüler bis heute die Politik und den zwischenmenschlichen Umgang. 1977 entschied er sich für das Studium der Evangelischen Theologie, bis dato ohne Mitglied jeglicher kirchlicher Gremien zu sein.

    Ein Valentins-Gottesdienst wurde für Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und Pfarrer Matthias Hagen ganz persönlich.
    Ein Valentins-Gottesdienst wurde für Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und Pfarrer Matthias Hagen ganz persönlich. Foto: Pfarramt Bad Staffelstein

    Er erinnert sich noch genau daran, als er zum ersten Mal – als Vikar in Nürnberg – voller Aufregung und Ehrfurcht am Bett einer sterbenden Frau geweilt und deren Hand gehalten habe: „Plötzlich bin ich ganz ruhig geworden, weil ich gemerkt habe: Das Leben ist ein Prozess, Leben und Sterben, voller Vertrauen.“

    Sabine Schmid-Hagen: „Nahbar sein, aber nie distanzlos.“

    Nach den Studiensemestern in München und Erlangen lernte er an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau seine spätere Frau Sabine kennen. Sie habe die evangelische Kirche nicht durch ihre Familie, sondern über eine enge Freundin in Naila näher kennengelernt und sich dann aber auf den Rat ihrer eigenen Mutter für dasselbe Studium entschieden.

    Seit über zehn Jahren ist sie für die evangelische Krankenhausseelsorge im Raum Lichtenfels zuständig. „Da schlägt mein Herzblut dafür.“ Sie begleitet Menschen während ihrer Genesung, aber oft auch im Sterben. Nahbar sein, aber nie distanzlos. Die Balance scheint schwierig. Tragische Situationen trägt sie oft in ihrem Herzen mit in die Kirche und zündet dort eine Kerze an. „Man muss einen Weg finden damit umzugehen, darf aber nicht das Gefühl für die Menschen und die Situation verlieren.“ Außerdem ist sie seit vielen Jahren Beauftragte für die Lektoren und Prädikanten im Dekanat Michelau. Diese beiden Ämter wird sie auch beibehalten. Den Dienst in der Pfarrstelle Bad Staffelstein beendet sie.

    Jugend-Slang und brüchige Biografien

    „Meine Frau versteht sich wunderbar auf diesen inner-circle an Ehrenamtlichen und der Kirche tief verbundenen Menschen“, tut Matthias Hagen seine Wertschätzung kund. Dieser dagegen habe leicht den Kontakt zu den der Kirche auch fernstehenden Menschen und mit mitunter brüchigen Biografien knüpfen können. Viele von ihnen waren keine Jugendlichen mehr, aber standen auch noch nicht fest im Leben, hatten Suchtprobleme oder zunächst keine Perspektiven.

    Inmitten von Kindergartenkindern: Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und Pfarrer Matthias Hagen.
    Inmitten von Kindergartenkindern: Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und Pfarrer Matthias Hagen. Foto: Pfarramt Bad Staffelstein

    Auf der „berüchtigten schwarzen Couch im Amtszimmer“, lächelt Sabine Schmid-Hagen, fanden sie sich alle wieder. Etliche Gespräche, Reibereien und Pläne später stand beispielsweise ein junger Mann plötzlich an der Haustür des Ehepaars. Er habe sich für seine Vergangenheit entschuldigt und den Schritt in einen neuen Lebensabschnitt gewagt.

    Das Geheimnis des Pfarrers: „Die selbe Sprache sprechen, auch wenn es Jugendslang ist, Verständnis für leidende Menschen und ganz viel Herz. Vielleicht ist es auch das Zugeständnis, selbst fragmentarisch zu sein, ebenfalls manchmal zu scheitern und das behutsam und angemessen einzubringen. „Diese Glaubwürdigkeit müssen wir mit auf die Kanzel nehmen!“ Solch klare Worte benutzte Matthias Hagen auch in Gesprächen, denen es an Offenheit und Ehrlichkeit mangelte. Auch, wenn es etwa um eine Beerdigung ging, haute der Pfarrer, bildlich gesprochen, „schon mal auf den Tisch“: Bald haben sich die Leute geöffnet.

    Solche Aufgaben und die Begegnungen mit so vielen Menschen haben die beiden stark geprägt. Die beratende Seelsorge habe Sabine Schmid-Hagen persönlich wachsen lassen, ebenso das kreative Arbeiten, das Ausprobieren neuer Methoden und die Gemeinschaft mit Kindern und Erwachsenen. Neu war für ihren Mann auch sein Amt als Vertrauenspfarrer, in das er im Laufe der Jahre aber gerne hineinwuchs. Er stand drei Vikaren zur Seite und war 21 Jahre Fortbildungsleiter für Pfarrerinnen und Pfarrer in den ersten Amtsjahren. „Das waren beglückende Erfahrungen.“

    Kritik am Selbstbild der evangelischen Kirche

    Kritik übt er dagegen am Selbstbild der evangelischen Kirche. Zahlreiche Kirchenaustritte seien nicht nur dem Zeitgeist der Menschen geschuldet, sondern auch Kommunikationshürden. „Die Aufgabe heute könnte doch eine wunderbare sein, nicht die Kirche neu zu erfinden oder zu gründen, sondern dass sie sich anstrengt, die Sprache des Alltags nicht als eine scheinbare Fremdsprache zu verstehen und sie sogar sprechen zu lernen“, sagte er.

    Die Menschen in Bad Staffelstein und das Ehepaar haben sich verstanden. Vermissen werden beide die „so zur Heimat gewordenen Kirchen in Herreth und Bad Staffelstein“, die so vielfältigen und vielgestaltigen Gottesdienste, die beide so offenen und experimentierfreudigen Gemeinden möglich gemacht haben, dazu alle haupt- und ehrenamtlichen Mitgestalter. „Es hat auch oft – einmal so gesagt – einen Mords-Spaß gemacht“, so Matthias Hagen.

    Der eigenen Wahrheit ist er in all der Zeit ein großes Stück näher gekommen, aber noch ist er nicht am Ziel. Nach seiner Pensionierung wird er daher weiter viel lesen, angeln und „vor allem nicht so viel planen“, erzählt er. „Ich habe den Ruhestand noch nicht geübt.“

    Ein großes Vertrauen in die Zukunft

    Hinter diesen Worten steckt ein großes Vertrauen in die Zukunft, von Gott geleitet. Scherzhaft fügt er hinzu: „Und dann sind da ja noch die Haushaltspflichten und das Kochen, wenn meine Frau nach Hause kommt.“ Denn sie hat auch den Dienstauftrag für die Pfarrstelle Bad Staffelstein vorübergehend übernommen – bis ein Nachfolger feststeht. Unterstützt von der Verwaltung und von ihrem Mann wird sie dafür sorgen, dass an jedem Wochenende Gottesdienste sowie Taufen, Trauungen und Beerdigungen stattfinden können. Auch die Konfirmandenarbeit liegt in ihren Händen.

    Auch diese freuen sich sicher auf zwei Persönlichkeiten, die in der Auwaldsiedlung ein „himmlisches Heim“ gefunden haben und die man sicher oft wiedertreffen wird. Wo? Mit den Füßen auf der Erde: „Wir sind Menschen unter Menschen geblieben, auf dem Fußboden, wo ein Pfarrer und eine Pfarrerin hingehören, ohne oben und unten, ohne geistliche Besonderheits-Attitüden.“

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