Eines stellt Matthias Graß gleich klar: Er gendert nicht. Beleidigungen gelten für beide Geschlechter gleichermaßen, und für divers auch. Matthias Graß ist Präsident des Staffelsteiner Karnevals-Klubs (SKK), und der hat es sich zusammen mit vielen Gästen am Montag im Sitzungssaal des Rathauses gemütlich gemacht, mit Sekt und Bier.

Denn natürlich ist es Bürgermeister Mario Schönwald wieder nicht gelungen, den Fachwerkbau gegen die Närrinnen und Narren zu verteidigen. Pünktlich um 11.11 Uhr haben sie am 11.11. das Rathaus gestürmt. Bis zum Sitzungssaal sind sie problemlos vorgedrungen, aber dort stand Schönwald vor der verschlossenen Tür und gab sich hilflos: „Der Schlüssel ist irgendwie verloren gegangen“, behauptete er.
Gegenwehr zwecklos
Matthias Graß ließ sich nicht täuschen. Seine Gegenwehr half dem Bürgermeister nichts – der SKK-Präsident griff ihm unter die Jacke, zog den dort versteckten Schlüssel heraus und setzte analog zur großen Politik den Rathauschef ab: „Wer sich in einer solchen Lage einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Präsident des Staffelsteiner Karnevals-Klubs kann ich das nicht dulden.“

Dafür zieht er Schönwald nun im Sitzungssaal ein besonderes Outfit über, bestehend aus rosa T-Shirt mit Aufdruck, schicker weißer Schäfchen-Mütze und Sonnenbrille mit Schweineschnauze. Schließlich ist so ein Bürgermeister doch nichts anderes als eine Eier legende Wollmilchsau. Das Kostüm erschwert das Sekt-Trinken, aber Schönwald macht den Spaß mit. Dafür gibt's noch einen Faschingsorden dazu.
Pimp-it-Peggy macht Konfetti
Und damit ist die Session eröffnet. Sie steht unter dem Motto „Work'n'Life – Fasching in Berufsverkleidung“. Jeder hat die Pflicht, sich entsprechend zu verkleiden, betont 2. Präsident Michael Hess. Als Schiffschaukelbremser, Geisterbahnschaffner oder Social-Media-Strategin zum Beispiel.

So eine hat die SKK auch. Influencerin Pimp-it-Peggy alias Theresa Schnapp zeigt in ihrem Filmchen auf der großen Leinwand, wie man sich ganz besonderes Konfetti bastelt: Smileys ausdrucken, ausschneiden – und die Rückseite bemalen.
Aber das kommt später. Erst mal wird einstimmig beschlossen, dass die Vollsperrung der Ortsdurchfahrt Frauendorf bis Aschermittwoch verlängert wird: „Im oberen Döritzen-grund ist eh die Katz gebläut.“ Die Zufahrt zur Brauerei bleibt frei.
„Im oberen Döritzengrund ist eh die Katz gebläut.“
2. Präsident Michael Hess begründet die Verlängerung der Vollsperrung
Und Hess verliest eine Reihe von Verordnungen, etwa, das der Einsatz eines zweiten MILAS-Busses ab dem 11.11. der Startschuss für die weltweit längste Dauerpolonaise durch die Bahnhofstraße ist. Oder dass Ortsunkundige das Begehen des Staffelbergplateaus bei Dunkelheit unterlassen sollen. Das ist angesichts der Tatsache, dass ehrenamtliche Retter für einen verunfallten Sternschnuppen-Gucker ihre Freizeit opfern mussten, ausnahmsweise ernst gemeint.

Oder dass nur noch der dämmen muss, der nicht ganz dicht ist. Das ist das Stichwort für Margit Schnapp und Karin Hellmuth. Als Verwaltungschefin und Handwerker schauen sie sich im Sitzungssaal um und beschließen, dass der gedämmt werden muss: „Damit von den Stadträten nichts nach außen dringt.“ Als Zeichen seiner Liebe singt der Handwerker der Verwaltungschefin ein Lied und schenkt ihr ein Herz aus Styropor.
Auf dem Gerüst zur Turmspitze
Feucht-fröhlich geht's weiter. Bürgermeister Schönwald rettet die Ehre der Bad Staffelsteiner Biertrinker, nachdem Zweitem Bürgermeister Holger Then der Bieranstich auf dem Altstadtfest und Europaabgeordneter Monika Hohlmeier der beim Oktoberfest misslungen ist. So mancher Narr spricht jetzt lieber dem Gerstensaft als dem Sekt zu. Und Grass bringt kreative Vorschläge, wie sich der Rückgang der Übernachtungszahlen in der Badstadt stoppen lässt. Der eingerüstete Turm der Sankt-Kilianskirche ließe sich für den ersten Bad Staffelsteiner Kirchturmlauf nutzen. Oder man könnte von ganz oben ein „Acapulco-Springen“ veranstalten, mit dem Kiliansbrunnen als Zielpunkt: „Man müsste nur Wasser einfüllen.“
Aber auch für die zahlreichen Leerstände in der Innenstadt hat der Präsident Ideen. 24 hat der SKK gezählt, genug, um alle Stadträte mit einem eigenen Büro zu versorgen. 24, das würde aber auch für einen Adventskalender reichen. Das größte Türchen wäre am 24. Dezember das Tor des Bärenbräugeländes. Wer es öffnet, findet dahinter ein großes, schwarzes Loch.
Lost Places

Im ehemaligen Modehaus Dinkel könnte sich Graß ein Wachsfigurenkabinett mit Staffelsteiner Originalen vorstellen. Und der ehemalige Haushaltsladen Eberl würde als „Lost Place“ durchgehen. Zusammen mit der ehemaligen Weinstube in der Ringstraße und dem ehemaligen Gasthaus „Adam Riese“ würde er sich für eine Folge „Geheime Welten“ von ZDFinfo anbieten.
Michael Hess steuert noch einen Erfahrungsbericht von der Berufsberatung bei – passend zum Motto der Session. Und Kurznachrichten. Unter anderem muss er leider bekannt geben, dass es beim SKK-Ball 2025 keinen MILAS-Shuttle vom Bahnhofsplatz zur Adam-Riese-Halle geben wird. 1300 Gäste mit zwei Bussen mit je sechs bis acht Plätzen 1,5 Kilometer weit befördern, bei einem Tempo von maximal 18 Kilometern pro Stunde: Das würde bedeuten, dass die letzten Besucher nach 21,665 Stunden ankämen.
Termine und eine Ehrung
Besagter Faschingsball findet am 25. Januar in der Adam-Riese-Halle statt. Karten können ab sofort bestellt werden, und zwar unter kontakt@skk-rarara.de. Der Kinderfasching in der Peter-J.-Moll-Halle wird am 9. Februar gefeiert, der Faschingskehrhaus im Angerstübla am Faschingsdienstag.
Bevor die Närrinnen und Narren in die Pizzeria weiterziehen, gibt es eine Überraschung für SKK-Präsident Matthias Graß: Der Bezirkspräsident des Fastnachtverbands Franken, Norbert Greger, beehrt nicht nur die närrische Rathaussitzung und lobt sie als grandios und einzigartig in Oberfranken und der nördlichen Oberpfalz. Er verleiht Graß auch den Till in Silber, die höchste Auszeichnung des Verbands. Seine Laudatio schließt er mit den Worten: „Er ist ein Narr mit Leib und Seele.“ Und weil Graß seit 25 Jahren Mitglied beim SKK ist, beschenkt ihn der Karnevals-Klub mit einem Strauß, nicht mit Blumen, sondern mit Luftschlangen, Luftballons, Bierfilzla und ähnlichem närrischen Zeug.