Mit einem Jahr Verspätung hat Mitte Juni die Fußball-Europameisterschaft begonnen, die erstmals in Stadien quer über den Kontinent ausgetragen wird. Viele Fußballfans der Region dürften dem ersten Anstoß sehnsüchtig entgegengefiebert haben, die meisten dürften Deutschland die Daumen drücken. Doch wie ist es um die Mitbürger mit ausländischen Wurzeln bestimmt, die in unserer Mitte leben und unverzichtbar zu uns gehören? Das Obermain-Tagblatt widmet ihnen eine kleine Serie. Schließlich ist „König Fußball“ nicht selten ein Völker verbindendes Element.

So stellt man sich einen „echten“ Franken vor: Club-Fan, fränkischer Dialekt, seit ewigen Zeiten schon Mitglied beim TSV Staffelstein, viele Freunde aus der Umgebung und ein ganz „normaler“ Vor- und Nachname. Robert Moritz lacht: „Die Leute staunen, wenn ich sag, dass ich aus Polen bin“. Doch das ist er wirklich. Vor 38 Jahren wurde er in der Nähe der oberschlesischen Hauptstadt Kattowitz, circa 30 Kilometer entfernt von Auschwitz, in der Kleinstadt Pszczyna geboren. „Das spricht man Pschinna aus oder auf deutsch: Pleß“, sagt er vergnügt über diesen Zungenbrecher.
Er selbst spricht polnisch und deutsch, allerdings geht das Lesen und Schreiben in der ehemaligen Muttersprache nicht mehr gut. Er war sechs Jahre alt, als die Eltern nach Deutschland gekommen sind, erinnert er sich. Das sei ein sehr schwieriges Jahr für ihn gewesen: „Ich konnte ja gar kein Deutsch!“ Heute spricht er akzentfrei und hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine Großeltern waren Deutsche, sie verstarben jedoch, bevor er sie kennenlernen konnte. Auch Roberts Eltern hätten sich hier gut eingelebt und integriert, doch bei ihnen höre man den Akzent schon noch deutlich.
Dann geht es in die Stammkneipe
Seinen nicht-typisch-polnischen Vornamen teilt er mit dem polnischen Nationalspieler Robert Lewandowksi. „Er ist einer der besten Stürmer - er hat nur ein Problem: er ist beim falschen Verein“, stellt er als Club-Fan, der auch mit dem leider abgestiegenen Schalkern sympathisiert, mit Blick auf Lewandowskis Zugehörigkeit zum FC Bayern fest. Dennoch ist er stolz auf den Landsmann: Polen habe gegen starke Spanier ein Unentschieden erreicht, sagt er, „das war eine tolle Leistung.“ Er sieht sich alle Spiele an, zumindest, wenn es der Job zulässt.
Robert Moritz arbeitet als Altenpfleger bei der Caritas in Bad Staffelstein – da gibt es öfter mal Spätschicht, anstatt Fußball. Doch das sei nicht so schlimm, wegen der Pandemie hätte er eh nicht mit Freunden geschaut. „Public-Viewing geht nicht, dann machen wir es uns zuhause gemütlich“, fügt er hinzu.

Hätte Deutschland im Endspiel gegen Polen gestanden, macht er eine Gedankenreise - dann wäre er auf jeden Fall in seine Stammwirtschaft nach Stublang gegangen und hätte beim TV-Abend mit seinen Freunden das deutsche Trikot angezogen. Nicht, dass er kein anderes hätte. Stolz zeigt er das grün-weiße Trikot mit der Rückennummer 10. So eines trug Fußballprofi Lukas Podolski. Auch ein gebürtiger Pole. Robert selbst war viele Jahre lang leidenschaftlicher Fußballer, hatte die 8 auf dem Rücken und spielte im Mittelfeld. Jetzt ist er beruflich mehr eingespannt, geht gerne joggen und verbringt mit Ehefrau Silvia viel Zeit auf Reisen.