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BAD STAFFELSTEIN: Stadtrat Bad Staffelstein setzt Photovoltaikmatrix außer Kraft

BAD STAFFELSTEIN

Stadtrat Bad Staffelstein setzt Photovoltaikmatrix außer Kraft

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    In einem 200-Meter-Korridor links und rechts der Autobahn sind Solarfelder privilegiert.
    In einem 200-Meter-Korridor links und rechts der Autobahn sind Solarfelder privilegiert. Foto: Markus Drossel

    Als Joseph Victor von Scheffel in seinem „Wohlauf, die Luft“ von einer „stromdurchglänzten Au“ schwärmte, meinte er sicherlich nicht das, was die Stadträtinnen und Stadträte für ihren „Gottesgarten am Obermain“ befürchten: Da je 200 Meter links und rechts von Bahnstrecken und Autobahnen Photovoltaik-Freiflächenanlagen privilegiert sind, können sie dort verfahrensfrei gebaut werden. Die Auswirkungen für Bad Staffelstein könnten massiv sein.

    Seit Mai 2022 hat die Stadt Bad Staffelstein eine Matrix, die bei der Bewertung von Photovoltaik-Freiflächen hilft. „Diese war ausgewogen und hat gestimmt“, meinte Bürgermeister Mario Schönwald (FW). Drei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche der Stadt sollten nach diesem Bewertungsmuster maximal für Solar-Freiflächenanlagen verwendet werden, maximal zehn Prozent einer Gemarkung.

    Dann aber trat zum Januar 2023 erwähnte Privilegierung von Sonnenstromanlagen entlang eines 200-Meter-Korridors entlang von Bahn und Autobahn in Kraft. Bebauungspläne mussten seither nicht mehr eingereicht werden.

    Die Bundesautobahn 73, die Bahnstrecke Bamberg-Lichtenfels und die ICE-Strecke Nürnberg-Erfurt: Sie alle verlaufen durch das Stadtgebiet von Bad Staffelstein. Mittlerweile sind Photovoltaik-Anlagen in diesen Bereichen sogar verfahrensfrei, der Bau muss also nicht einmal mehr angemeldet werden. „Der Bauherr kann einfach anfangen“, so Bauamtsleiter Werner Gunreben. „Und wenn die draußen anfangen, ist es zu spät.“

    297,28 Hektar des Stadtgebiets fallen in diese privilegierten Bereiche: Das sind 5,8 Prozent des gesamten Grund- und Ackerlandes (5119,98 Hektar) des Stadtgebiets. Weit mehr, als ursprünglich über die Bewertungsmatrix maximal vorgesehen. „Für uns ist das ein Riesen-Schlag“, formulierte es Bürgermeister Schönwald. „Das ist wirklich massiv.“ Und so stand bei der jüngsten Stadtratssitzung die Frage im Raum, inwieweit die Stadt außerhalb der privilegierten Bereiche noch zusätzliche Solarfelder zulassen möchte.

    Bauamtsleiter Werner Gunreben bei der Erläuterung der Abbaupläne im Kiesgebiet unweit von Wiesen.
    Bauamtsleiter Werner Gunreben bei der Erläuterung der Abbaupläne im Kiesgebiet unweit von Wiesen. Foto: Markus Drossel

    Von höchstem Wert

    Bauamtsleiter Werner Gunreben betonte, dass auch die Fachbehörden immer wieder die höchste Wertigkeit des „Gottesgartens am Obermain“ betonen. Dieser Begriff ist also kein Marketing-Gag, sondern Ausdruck einer Landschaft mit hohem Lebens- und Erholungswert, einem einzigartigen Landschaftsbild und weithin bekannten Kulturgütern. „Die Kulturlandschaft wird erheblich beeinträchtigt“, mahnte Gunreben.

    Es gibt bereits Pläne für ein Vorhaben, dass zu weiten Teilen in dem Korridor entlang der Autobahn 73 liegen könne: Die Firma Südwerk will auf 18 Grundstücken insgesamt zwölf Solarflächen errichten, mit einer Gesamtgröße von 36 Hektar. Weitere Investoren könnten nur eine Frage der Zeit sein. „Da wir nicht wissen, was auf uns zukommt, sollten wir die Matrix absetzen, bis auf Weiteres“, schlug Bürgermeister Schönwald vor.

    Mitten in der Energiewende

    Werner Freitag (Grüne/SBUN) sah das anders: „Wir haben uns sehr viele Gedanken zur Matrix gemacht“, sagte er. Bei 100 Quadratkilometern Gebietsfläche sei es nicht nachvollziehbar, dass nun plötzlich Solarfelder außerhalb des Maintals, beispielsweise Serkendorf, Uetzing oder Loffeld, nicht mehr zugelassen werden sollten. „Wir sind mitten in der Energiewende und werden noch mehr Photovoltaikanlagen und Windräder brauchen, um die Energiewende zu schaffen“, betonte er.

    Ernst: „heftigst intervenieren“

    „Es ist alarmierend, dass Freiflächenanlagen im Maintal verfahrensfrei aufgestellt werden können und die Stadt keine Handhabe hat“, meinte Volker Ernst (FW). „Wir müssen alle Kontakte nutzen und heftigst intervenieren, denn wir riskieren unsere Heimat und dass die Blickachse Vierzehnheiligen, Kloster Banz und Staffelberg verschandelt wird. Das müssen wir verhindern!“

    Stefan Dinkel (CSU) relativierte: Die Bewertungsmatrix habe die Stadt nie zu etwas verpflichtet. „Es macht also keinen Sinn, sie stillzulegen“, sagte er. „Jede PV-Anlage ist letztlich eine Einzelfallentscheidung, wird immer individuell bewertet.“ Auch Dinkel aber sah die Notwendigkeit, gegen die verfahrensfreie Privilegierung etwas zu unternehmen, forderte hierzu sogar eine Abstimmung.

    CSU-Fraktions-Chef Jürgen Hagel aber äußerte Bedenken an deren Rechtmäßigkeit: Das sei ein neuer Tagesordnungspunkt, zu dem auch die sieben fehlenden Stadträtinnen und Stadträte Gelegenheit haben müssten, Stellung zu nehmen.

    Ganz aussichtslos scheint der Protest gegen die verfahrensfreie Nutzung der privilegierten Flächen nicht zu sein, ließ Bauamtsleiter Gunreben durchblicken. Die erhebliche Beeinträchtigung von Erholungs- und Denkmalwert sowie Landschaftsbild könnte dazu führen, dass die Privilegierung zumindest in Teilen des Maintals gegen geltendes (Bau-)Recht verstößt. Diesbezüglich werde die Stadt an die Landkreisverwaltung herantreten.

    Retten, was zu retten ist

    Zweiter Bürgermeister Holger Then (JB) teilte die Auffassung, dass es gut sei, die Bewertungsmatrix (vorerst) außer Kraft zu setzen: „Mit unserem Beschluss zu Zilgendorf haben wir sowieso schon gegen sie verstoßen.“ Am Rande des Ortes im Banzgau war eine Photovoltaik-Freiflächenanlage abgelehnt worden (diese Redaktion berichtete).

    Ähnlich sah es Hans-Josef Stich (CSU): Wenn sich auf den privilegierten Flächen nichts tue, könne man die Matrix ja wieder anwenden. „Wir haben Dächer genug für Photovoltaik“, betonte Freie-Wähler-Fraktionssprecher Winfried Ernst. Mit Blick auf das Maintal sagte er: „Wir wollten, das bisschen, was wir haben, versuchen zu retten.“ Und alle Mittel ausschöpfen.

    Sandra Nosseks (Grüne/SBUN) Einwand, die Matrix zur Bewertung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen sei eine sinnvolle Richtlinie, um immer wieder neuen und gleichen Diskussionen vorzubeugen, fruchtete nicht: Die Matrix wird gemäß Mehrheitsbeschluss des Stadtrats ab sofort und bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt. Gegen diesen Beschluss stimmten lediglich Werner Freitag, Sandra Nossek und Stefan Dinkel.

    Anton Köchelers Karikatur „Der Wanderer über dem Plattenmeer“.
    Anton Köchelers Karikatur „Der Wanderer über dem Plattenmeer“. Foto: Köcheler

    Kunst als Ausdruck der Sorgen

    Zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer waren zur Sitzung in den historischen Sitzungssaal des Rathauses gekommen. Einmal mehr waren die Sitzplätze bestens belegt. Unter den Gästen war auch Künstler und Heimatforscher Anton Köcheler aus Unterzettlitz, der sich große Sorgen um seine Heimat macht. Seine Bedenken sind so groß, dass er sie in Karikaturen zu Papier gebracht hat. Eine davon trägt den Titel: „Und Gott verlässt den Gottesgarten“.

    Anton Köchelers Karikatur „Und Gott verlässt den Gottesgarten“.
    Anton Köchelers Karikatur „Und Gott verlässt den Gottesgarten“. Foto: Köcheler

    Im Stadtrat kurz notiert • Die Firma Heinrich Schramm hat für einen Teilbereich ihres anvisierten Kiesabbaugebiet zwischen Wiesen und Niederau ein vorzeitigen Baubeginn beantragt. Die Vorhaben im bisherigen Areal, so die Begründung, würden nicht mehr ausreichen, bis mutmaßlich im Juni der Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Wie Bauamtsleiter Gunreben informierte, seien alle bis auf zwei der benötigten Flächen im Besitz der Firma – und die beiden letzten gerade im Erwerb. Der Vorschlag von Werner Freitag, die Verlegung des Geh-und Radwegs vor dem vorzeigiten Maßnahmenbeginn zu fordern, wurde in die neuerliche Stellungnahme aufgenommen. • Bereits in der Oktober-Sitzung war die strategische Kanalsanierung Thema im Stadtrat gewesen (diese Redaktion berichtete). In ihrer jüngsten Sitzung votierten die Stadträtinnen und Stadträte einmütig dafür, im Vorgriff auf den Haushalt 541.000 Euro für die Bauabschnitte 7 und 8 vorzusehen. Es wird jedoch noch knapp drei Jahre dauern, bis wirklich gebaut wird. Zunächst wird der Kanal in diesem Abschnitt befahren und bewertet, dann erfolgen die Ausschreibungen. Bislang wurden von insgesamt 159,3 Kilometer Kanalrohrlängen etwa 58,2 Kilometer untersucht. Der Befund: 31,7 Kilometer davon sind nicht sanierungsbedürftig oder gar schadensfrei. 3,8 Kilometer wurden bereits saniert beziehungsweise sind in Sanierung. Weitere 2,5 Kilometer werden gerade vorbereitet (Abschnitt 5 und 6). • Die Freiwillige Feuerwehr Unterzettlitz hat im Januar gewählt: Der Stadtrat hat die Kommandanten Holger Knipper und Stellverteter Manuel Würstlein bestätigt. • Gibt es Widersprüche gegen die neue Grundsteuer? Das wollte Ottmar Kerner (CSU) wissen. Durchschnittlich zwei Widersprüche kämen pro Tag im Rathaus an, antwortete Bürgermeister Mario Schönwald. Allerdings richten sich die Widersprüche gegen die Messbeträge, die nicht die Stadt festsetze. Das Finanzamt habe hierzu eine Hotline geschaltet.

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