Nein, die knapp 30 Zuhörer, die sich in einem überdachten Bereich des Bad Staffelsteiner Kurpark eingefunden hatten zur Darbietung des Fränkischen Theatersommers, waren gewiss keine „Ziebala“. Dieses empfindliche Naturen bezeichnende Wort fand bei der eineinhalbstündigen, ausgesprochen kurzweiligen Hommage an Franken und seine Mundart zwar keine Verwendung. Doch davon abgesehen begeisterten Lorraine Bühl und Franz Zwosta das Publikum getreu dem Motto „Was Sie schon immer über Franken wissen wollten“ mit einem bunten Strauß an die fränkische Lebensart ins positive Licht rückenden Liedern und Gedichten.
„Die Sau frisst an Waas – das Mutterschwein tut sich am Weizen gütlich.“
Lorraine Bühl, Fränkischer Theatersommer
Die unumstößliche Tatsache, dass der hiesige Dialekt das Sahnehäubchen der deutschen Mundart darstellt, besangen das Duo mit dem Eingangslied „der allerschönsde Dialeggd“. Es folgte eine höchst abwechslungsreiche Liebeserklärung an das schöne Frankenland mit seinen herrlich-kreativen Wortschöpfungen und an die hier lebenden, überwiegend friedlich miteinander lebenden Menschen.
Das Rindviech und der verschwitzte Socken
Was sich liebt, das neckt sich bekanntlich. In dem erwähnten Auftaktlied kam zum Ausdruck, dass diese Redensart auch in Franken ihre Gültigkeit an. „Oh, du Rindviech, oh du Doldio, oh du Soggn, du verschwitzter“, warfen sich Bühl und Zwosta in der Rolle eines fränkischen Ehepaars anfangs wenig schmeichelhafte Brocken an den Kopf. Doch am Ende wissen „Moo“ und „Fraa“ eben doch, was sie aneinander haben: „Mei Zuckerstüggla, ich hob dich so gern.“

Neben fränkischen Kirchweihbräuchen und manch anderen Trümpfen, mit denen Franken punkten kann, durfte der „Hopfenblütentee“ als inoffizielles fränkisches Grundnahrungsmittel freilich nicht fehlen. Am Ende etwas einen über den Durst getrunken hatte der im Mundartlied „Wie späd iss auf der Wärdshausuhr?“ titulierte Gast.
Posaune, Gitarre, Ukulele – und „Quedschn“
Posaune, Gitarre und Ukulele kamen als instrumentale Begleitung zum Einsatz sowie – bei fränkischen Weisen eigentlich unverzichtbar – natürlich auch die „Quedschn“ (Schifferklavier). Letzterer entlockte Zwosta fränkische Lebensfreude verkörpernde Klänge, während Lorrain Bühl tanzte. Dass der Unterfränkin das Tanzen im Blut liegt, konnten das Publikum unschwer erkennen. Bühl wurde bei Tanzwettbewerben mehrfach deutsche Meisterin sowie 2007 im Bereich „Moderner Tanz“ und 2016 in der Kategorie „Gesang und Tanz“ zwei Mal sogar Weltmeisterin.
Und da sind wir wieder beim Thema „Ziebala“: Dass es zu diesem Zeitpunkt immer noch nieselte und sie für die Darbietung aus Platzgründen den überdachten Bereich verlassen musste, tat ihre sichtlich Freude am Tanzen keinerlei Abbruch. An lauen Abenden ärgern wir uns bisweilen über die „Schnoken“, meinte Zwosta dann.

Das war das Stichwort zum nun angestimmten Lied über die segensreiche Erfindung des „Muggnbadschers“, wie der Franke die Fliegenklatsche nennt. „Flieg doch zu, du blöder Schnog, ward nur, bis iich diich erschlog!“
Mit ulkiger Brille und gespielter Hochnäsigkeit
Weil es ja sein konnte, dass im Publikum auch Touristen oder „Reingeschmeckte“ sitzen könnten, die des Fränkische (noch) nicht so mächtig sind, lieferte Lorrain Bühl beim Lied „Die Zuständ“ mit ulkiger Brille und gespielt hochnäsiger Mimik eine Simultanübersetzung ins Fränkische. „Die Sau frisst an Waas – das Mutterschwein tut sich am Weizen gütlich.“ Besonders die amüsante Art und Weise, wie fränkische Ausdrücke und Sätze in etwa im Wirtshaus spielende Geschichten oder Dialoge zwischen Mann und Frau eingebunden wurden, kam beim Publikum hervorragend an.
Lorraine Bühl und Franz Zwosta stimmten im Kurpark überwiegende heitere Töne an, jedoch hin und wieder auch bewusst nachdenkliche Töne, so etwa mit dem Gedicht „Nochruf“ (Nachruf). In diesem spiegelt sich das Leben eines Verstorbenen wider, der zeitlebens von seinem Mitmenschen unfair und lieblos behandelt wurde. Am seinem Grab bricht sich dann die schiere Scheinheiligkeit Bahn mit dem finalen Ausspruch „Scho – grod den hodds erwischt.“

Neben den Gesangsstücken und dichterischen Ergüssen erfuhr das Publikum, welches sich bestens unterhalten wusste, beispielsweise auch, was der Franke mit „Fregger“ meint und dass es kein Kompliment darstellt, als „Bimberla wichtig“ bezeichnet zu werden. Nach lang anhaltendem Abschlussapplaus durfte sich das Publikum noch über zwei Zugaben freuen. Nach all den coronabedingten Einschränkungen genossen die Zuhörer den Abend bis zur letzten Sekunde.