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BAD STAFFELSTEIN: Vortrag bei der KIS: Der steinige Weg zu den Pyramiden

BAD STAFFELSTEIN

Vortrag bei der KIS: Der steinige Weg zu den Pyramiden

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    Dr. Holger Scholl.
    Dr. Holger Scholl. Foto: Mario Deller

    Die großen Pyramiden von Gizeh, die als einziges der Sieben Weltwunder erhalten geblieben sind, ziehen unzählige Touristen an. Vielen ist dabei nicht bewusst, dass vor der eigentlichen Pyramiden-Ära rechteckige Grabhügel und stufenartige Gebilde historische Zwischenetappen eines architektonischen Findungsprozesses bildeten und dieser begleitet war von Rückschlägen und Baukatastrophen. Fundiert und verständlich zugleich beleuchtete Dr. Holger Scholl in einem kurzweiligen Vortrag bei der Kulturinitiative Bad Staffelstein (KIS) in der „Alten Darre“ die auch mehr als 4000 Jahre später noch spannende Thematik.

    Ob zu Stonehenge oder zur Felsenstadt Petra – schon in der Vergangenheit hat der Bad Staffelsteiner Zahnarzt Dr. Holger Scholl mit seinen Vorträgen das Publikum gefesselt. Nach etlichen Reisen ins Eldorado der Archäologiefans verfügt er über ein fundiertes Wissen verfügt.

    „Es kam zu einer großen Baukatastrophe. Beim finalen Draufschichten sind Steine wie weicher Teig abgerutscht.“

    Dr. Holger Scholl, Hobby-Ägyptologe

    Vor allem im „Alte Reich“ (2700 bis 2200 vor Christus) ließen sich viele Regenten, die Pharaonen, Pyramiden als Grabstätten bauen. Zuvor hatten in Lehmbauweise errichtete mehrstufige Mastabas (ägyptisch-arabisch für Bank) als königliche Grabanlage gedient, wie Scholl an Beispielen aus Sakkara erläuterte. Einen erste Entwicklung in Richtung der Pyramidenform war das Bauwerk des Pharaos Djoser, der bis 2700 vor Christus rund zwei Jahrzehnte Ägypten regierte. Er ließ in Sakkara eine sechsstufige Pyramide mit 62 Metern Höhe errichten. Schichtenartig erfolgte der Bau, um der Stabilität Rechnung zu tragen – „quasi zwiebelartig“, so Scholl.

    Und dann folgte Pharao Snofru, dessen Regentschaft etwa ein halbes Jahrhundert währte. „Keiner hat so viele Steine verbaut wie er – und bei seinen drei Pyramiden erfolgten auch die entscheidenden Schritte“, erklärte Scholl. Doch bis die Pyramide stand, brauchte es gleich drei Anläufe. Das erste Bauwerk in Meidum war nach stufenartigem Aufbau ursprünglich nicht als „glatte“ Pyramide gedacht, sondern sollte in einem finalen Bauabschnitt die Glättung erfahren. „Es kam zu einer großen Baukatastrophe. Beim finalen Draufschichten sind Steine wie weicher Teig abgerutscht“, führte Scholl. „Der sandige Untergrund war wohl ausschlaggebend.“

    In Dahschur ließ der Pharao erneut Arbeiter anrücken und das Bauwerk wurde mit einem steilen Neigungswinkel von 60 Grad begonnen. Schnell wurde aber klar, dass dies statisch nicht funktionieren würde. „So wurde das Ganze nochmals mit Steinen ummantelt mit einem weniger steilen Winkel von 54 Grad“, erklärte Scholl Doch die zusätzlichen Steine drückten zu sehr auf die bereits errichtete Grabkammer aus. Deshalb wurde ein weiterer Zugang zu einer weiteren Grabkammer im oberen Teil gelegt, doch auch diese wurde instabil und eignete sich nicht als späterer Bestattungsort. Risse erinnern noch heute an das Baumalheur.

    Beim zweiten Anlauf der Baumeister hatte die Pyramide einen Knick

    Um das Bauwerk zu retten, wurde ab einer Höhe von 45 Metern der Neigungswinkel nochmals auf 43 Grad verringert. So entstand der einzigartige Knick, der dem 105 Meter hohen Bau den Beinamen „Knick-Pyramide“ verlieh. „Für mich ist das aber die schönste Pyramide“, meinte Scholl. Im Gegensatz zu den meisten Pyramiden, der Verkleidung mit feinem Sandstein später gestohlen wurde, ist sie noch weitgehend in großen Teilen intakt.

    Beim dritten Anlauf gingen Snofrus Baumeister auf einem rund zwei Kilometer entfernten Areal auf Nummer sicher und begnügten sich mit 42 Grad Neigungswinkel. Die „rote Pyramide“ – der Name rührt von ihrer Färbung im Abendrot her – ist etwas mehr als hundert Metern hoch. Zwar ist die Cheops-Pyramide in Gizeh mit ursprünglich 146 Metern viel höher und mit einem Neigungswinkel von 50 Grad viel steiler. „Grund dafür war der anders als in Dahschur felsige Untergrund. Die Steinmasse konnte in Gizeh nicht auseinanderdriften“, erläuterte der Hobbyarchäologe.

    Was bedeutet der Fund eines Schiffs an der Pyramide?

    Der Fund eines 43 Meter langen Schiffs an der Cheopspyramide wirft Fragen auf. „Der Westen, wo die Sonne untergeht, galt in Ägypten als das Reich der Toten. Das Schiff war Sinnbild für die imaginäre Nachtfahrt des sonnengottgleichen Pharao, so dass dieser am nächsten Morgen im Osten wieder neu geboren werden konnte“, beschrieb Scholl den historischen Hintergrund.

    In der „Fünften Dynastie“ ab 2500 vor Christus „waren die Pyramiden nur noch ein Schatten ihrer selbst“, meinte Scholl. Die Macht des Pharao begann zu schwinden und somit auch die finanziellen Mittel, um prächtige Pyramiden wie in Dahschur oder Gizeh zu errichten. „Das war dann eigentlich nur noch eine unansehnliche Schuttmasse“, berichtete der Referent. Mit einem beeindruckenden Foto der beleuchteten Cheops-Pyramide beschloss er den Vortrag. Die Zuhörer dankten mit lang anhaltendem Applaus.

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