Zwischen einem Termin zur baldigen Impfung der örtlichen Kita-Mitarbeitenden und der Betreuung der Enkeltochter klappt es: Das Telefonat mit Josef Martin, der sich trotz vieler ehrenamtlicher und privater Verpflichtungen viel Zeit nimmt. Denn Menschen sind ihm wichtig, erzählt der fast 70-Jährige im OT-Gespräch.
Sechs Legislaturperioden lang, das heißt 36 Jahre, hat Josef Martin als Bürgermeister der Marktgemeinde Zapfendorf gewirkt. 2014 hat er sich nach 47 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet. Sein Ehrenamt als Kindergartenbeauftragter in Zapfendorf fordert ihn jedoch weiterhin, seit Beginn der Corona-Pandemie erst recht. „Aber ich mache das gerne, auch schon als Bürgermeister, weil ich den Kindern eine Zukunft schaffen will – egal, ob in Krippe, Kindergarten oder Schule“, betont er. „Da wächst unsere nächste Generation heran.“
Das Wissen um verwaltungsrechtliche Belange hilft
Auch die beiden Baumaßnahmen an den Zapfendorfer Kindertagesstätten fordern seinen Einsatz. Im Mai soll die Erweiterung der Kindertagesstätte Sankt Christophorus mit einem neuem Krippengebäude abgeschlossen sein. Auch die Kindertagesstätte Sankt Franziskus wächst: In gut einem Jahr werden die dortige Krippe, der Kindergarten und der Hort über 200 Kindern beherbergen (bis jetzt etwa 175). Auch bei den Vorstellungsgesprächen für das dafür nötige Fachpersonal wird ist Josef Martin dabei.

Die katholische Pfarrverwaltung, die ihn auch in seiner Rolle als Lektor, Kommunionhelfer, Mitglied in der Kirchenverwaltung oder Wortgottesdienstleiter kennt, vertraut ihm wegen seines Wissens um die verwaltungsrechtlichen Belange und Herausforderungen der Kindertagesstätten, aber mindestens ebenso sehr wegen seiner Menschenkenntnis.
Viele aktuelle Themen haben ihn in seiner Amtszeit schon beschäftigt
Auch im Rathaus steht Josef Martin noch oft beratend zur Seite. Gerade bei Themen wie dem Bahnausbau ist er bei Besprechungen dabei. „Warum? Weil ich die ganze Planung dazu ja von Beginn an mitgemacht habe und so die Probleme gut kenne“, erklärt er. Auch zur Klärung wasserrechtlicher Belange zur Westtangente Zapfendorf, mit der er sich lange während seiner Amtszeit beschäftigt hatte, wurde er hinzugezogen.
„Das mache ich gerne! Und auch das Bürgermeisteramt hat mir unheimlich viel Spaß gemacht!“, sagt der Zapfendorfer, der seine Ausbildung zum Verwaltungsbeamten Ende der 1960-er Jahre zunächst im Landratsamt Bad Staffelstein absolviert hat. Nach über vier Jahren wurde er in seiner Heimatgemeinde Zapfendorf Geschäftsleiter der Verwaltung und Kämmerer.
Mit 26 Jahren gegen drei Gegenkandidaten durchgesetzt
Als sein Vorgänger altersbedingt aus dem Amt schied, wurde Josef Martin als Bürgermeisterkandidat von der Wählergruppe „Vereintes Umland“ aufgestellt, obwohl es schon drei Gegenkandidaten gab: „Unter anderem meinen ehemaligen Lehrer“, erinnert er sich. Der damals 26-Jährige entschied die Kommunalwahl 1978 für sich und wurde einer der jüngsten Bürgermeister Deutschlands.

Bis ins Jahr 2014 hat er sich engagiert und zukunftsbewusst für den Markt Zapfendorf eingesetzt, beispielsweise im Hinblick auf die Lärmschutzmaßnahmen an der Bundesautobahn A 73 oder für die Bürgerinteressen bei der Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge durch den Ausbau der ICE-Trasse.
Erst Drohanrufe, dann die nächste Wahl doch klar gewonnen
„Und ich würde das Amt wieder machen, auch wenn es manchmal mit Tiefschlägen verbunden war“, erinnert er sich. Vor allem die Erweiterung des Bio- und Holzkraftwerks Zapfendorf verschlang über rund drei Jahre hinweg viel Zeit und Nerven. Sogar Drohanrufe habe er in dieser Zeit erhalten. „Zum Glück haben die Bürger meine Vorgehensweise am Ende verstanden, das war mir sehr wichtig. Das hat sich dann auch bei der anschließenden Wahl 2002 gezeigt, die ich wieder klar gewinnen konnte.“

Die Einwohner wissen wohl, wie gut die Standortfaktoren in ihrer Marktgemeinde sind: Sie haben Kindergärten und Schulen, Ärzte, Apotheken und Therapeuten vor Ort und Einkaufsmöglichkeiten im Kern von Zapfendorf statt nicht am Ortsrand.
„Bürgermeister müssen Gedanken dazu entwickeln, welche Projekte und Maßnahmen zukünftig für ihre Kommune notwendig sein werden.“
Josef Martin, Altbürgermeister
„Bürgermeister müssen Gedanken dazu entwickeln, welche Projekte und Maßnahmen zukünftig für ihre Kommune notwendig sein werden, dafür ,Schubladenpläne‘ entwickeln, die dann eingereicht werden, wenn die Fördersituation dafür günstig ist. Denn manche Förderverfahren laufen nach dem so genannten ,Windhundverfahren‘, wer also zuerst reagiert, ist dabei.“
Nach Josef Martins Meinung sollten Bürgermeister auch Meinungsführer im Gemeinderat sein; ihre Aufgabe müsse es sein, Entscheidungen, die im Gemeinderat getroffen werden müssen, gut vorzubereiten und dabei für die nach ihrer Meinung beste Lösung eine klare Richtung vorzugeben. Bei Entscheidungen dürfe Parteizugehörigkeit keine Rolle spielen, denn hier geht es darum, für die Gemeinde und die Bürger die Richtige zu finden. Bürgermeister müssten auch den Mut zu unangenehmen Entscheidungen haben. Außerdem sollte man öfter gegenüber Behörden oder Firmen hartnäckig bleiben, das zahle sich aus.
Gartenarbeit, Fahrradtouren und die Enkel
Die Energie, die Josef Martin stets hatte und hat, klingt in seiner Stimme mit. Solange er gesundheitlich seine Ehrenämter und Beratungstätigkeiten ausüben kann, wird er das tun. Nach mehreren überstandenen Krebserkrankungen achtet er auf seinen Körper. Was er im Ruhestand genießt, ist, das Ausschlafen, die Zeit mit seiner Frau und vor allem die freien Abende. Sie pflegen den gemeinsamen Garten und sind oft mit dem Fahrrad unterwegs.

Auch die fünf Enkel halten „fit“. Eine Enkelin wohnt zusammen mit Josef Martins Tochter und deren Mann im gemeinsamen Haus, „eine Art Mehrgenerationenhaus“, lacht der Alt-Bürgermeister. Die anderen Enkelkinder hat er vor der Corona-Pandemie auch regelmäßig gesehen, doch nun müssen Telefonate und Bilder den Kontakt ersetzen. „Leider. Unsere jüngste Enkelin ist letztes Jahr im September in Brüssel geboren, wir haben sie erst einmal besuchen können.“
Hoffentlich bald wieder mit dem Wohnmobil auf Tour
Regelmäßig hilft er seiner Tochter bei Verwaltungsangelegenheiten in ihrer Praxis. Doch von Stress keine Spur. „Ich verstehe das überhaupt nicht, wenn Rentner sagen, sie haben keine Zeit. Man muss sich seine Dinge nur gut einteilen!“
Und das wird er auch in Zukunft tun und seine Reisepläne verwirklichen. Vor drei Jahren haben sich die Martins einen neuen Wohnwagen gekauft, der sollte sie im vergangenen Jahr wieder nach Norwegen bringen. Die Fähre für Josef Martin, seine Frau und die Familie seiner Tochter war schon gebucht – doch die Corona-Krise vereitelte dies. Ihr Fernweh führte das Paar dann ins Allgäu und in die Pfalz, wo sie mit ihren Fahrrädern die Gegend erkundeten. Sie kommen jedoch immer wieder gerne zurück nach Zapfendorf, das beide wohl so gut kennen wie „ihre Westentasche“.