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Wort zur Besinnung: Zwei Liebende – gesegnet von Gott

Bad Staffelstein

Wort zur Besinnung: Zwei Liebende – gesegnet von Gott

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    Da saßen sie mir gegenüber in meinem Amtszimmer. Sie schauten sich glücklich und verliebt an, wie alle glücklichen und verliebten Paare auf der Welt. Sie waren entschlossen, sich jetzt endlich auch mit dem kirchlichen Segen auf ihre gemeinsame Lebensreise zu machen. Toll!

    Der einzige Unterschied zu sonst? Mir saßen zwei Männer gegenüber. Was tun?

    Weil es zum grundlegenden Wesen meiner Kirche gehört, als oberste Autorität – natürlich neben Gott und dem eigenen Gewissen – in solchen Fragen des Glaubens und des kirchlichen Lebens die Gemeinde vor Ort zu informieren, darüber ausgiebig zu diskutieren und gemeinsam Entscheidungen zu treffen, saßen wir, der Kirchenvorstand zusammen. Wir stritten, tauschten ehrlich Befürchtungen und Ängste aus, benannten und bekannten Vorbehalte, lasen einschlägige Bibelstellen und aktuelle Verlautbarungen der Landeskirche zum Thema und keiner hat sich seine Entscheidung leicht gemacht.

    Wir lasen natürlich auch: In der Bibel steht, Homosexualität ist Sünde, waren uns aber einig, dass heutzutage viele dieser Bibelstellen in einem anderen Licht gesehen werden müssen. Ähnlich übrigens wie diese doch furchtbar menschlichen Verse, die davon sprechen, dass Frauen in der Gemeinde zu schweigen haben.

    Diese Bibelstellen, da sind sich, egal ob evangelisch oder katholisch, ganz viele einig, kann man heute neu bewerten, weil der Kern und das alles überstrahlende Ein und Alles, der alles übertreffende Maßstab der Bibel die Liebe Gottes ist, zu jedem Menschen, zu jedem seiner Ebenbilder, egal welchen Glaubens und welcher Lebensform.

    Und diese Liebe Gottes hört nicht auf bei den Sehnsüchten von Lesben und Schwulen. Deswegen haben wir auch allen erdenklichen Anlass, den Segen Gottes zu erbeten für gleichgeschlechtliche Paare, die in Liebe und Verantwortung füreinander dauerhaft zusammen leben wollen.

    Homosexualität ist keine Panne der Schöpfung, schon gar keine Krankheit, wie manche behaupten. Schwule und Lesben gab es zu allen Zeiten, in jedem Land der Erde. Sie sind unsere Kinder, Freundinnen und Freunde, Onkel und Tanten, Arbeitskollegen und Nachbarn. Und das ist gut so. Gleichgeschlechtlich liebende Menschen sehnen sich wie ihre heterosexuellen Mitmenschen nach stabiler Partnerschaft, nach Zärtlichkeit und Zuneigung, nach Treue und nach Geborgenheit, bis der Tod sie einmal trennt. Sie sind bereit, ihren Partner finanziell zu unterstützen und im Alter zu pflegen.

    Und dann beschlossen wir einstimmig, freimütig und aufrecht: Diese beiden liebenden Männer sollen und werden in unserer Kirche den kirchlichen Segen empfangen. Weil die Liebe zwischen zwei Menschen das größte ist (1.Kor.13,13), weil Gott die Liebe selbst ist, die über allem steht und nicht das Menschenwort in Dogmen, Lehren und Lehrentscheidungen. Der Segen ist kein Sakrament wie die Taufe, das Abendmahl oder die Eucharistie. Menschen den Segen erteilen und mitgeben, heißt: „Gott sei bei euch, sei euch immer nahe bis der Tod euch einmal trennt. Er lasse sein Angesicht über euch leuchten und schenke euch seine Gnade. Der Herr erhebe sein Angesicht auf Euch und schenke euch seinen Friede.“ (4.Mos 6,24). Kann und darf man das zwei Liebenden verweigern?

    Unsere Entscheidung war schließlich ein einstimmiges Ja. Die Kirche war voll und nicht wenige Dorfbewohner waren mitten dabei gesessen. Manche ein wenig skeptisch, andere vielleicht neugierig, was da passiert, aber: Alle freuten sich über diese Feier und gratulierten.

    Entschuldigen Sie, liebe Herren hinter dicken Mauern, die sie am Montag der Welt erklärt haben, dass jede Segnungsform, die homosexuelle Partnerschaften anerkenne, unzulässig sei: Ich möchte Ihnen wirklich nicht zu nahe treten: Aber wäre es nicht auch für Sie richtig und schön, mit der unbegrenzten Liebe Gottes, die auch ihnen selbst gilt, über ihre Mauern zu springen (Ps. 18, 30) und diese Liebe Gottes auf den Gesichtern liebender Menschen als etwas unbedingt Segenswertes zu erkennen. Eine Liebe, die ganz viele Facetten hat, homo- und heterosexuelle und noch viele andere und - übrigens auch die ehelose!

    Pfarrer Matthias Hagen Bad Staffelstein

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