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LICHTENFELS/REDWITZ: Raus aus dem Netz, rein in den Laden

LICHTENFELS/REDWITZ

Raus aus dem Netz, rein in den Laden

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    Will die Kunden übers Internet ins Reisebüro locken: Gerd Laatz von „Ihr Ziel“ und dem Thüringisch-Fränkischen Reisebüro in Lichtenfels.
    Will die Kunden übers Internet ins Reisebüro locken: Gerd Laatz von „Ihr Ziel“ und dem Thüringisch-Fränkischen Reisebüro in Lichtenfels. Foto: Fotos: Annette Körber

    Das Internet nimmt Kunden weg. Es bietet alles, zu jeder Zeit, zu unschlagbaren Preisen. Eine Konkurrenz, gegen die die Einzelhändler nicht ankommen? Oder können sie es auch zu ihrem Freund machen?

    „Das kommt auf die Branche an“, findet Volker Großpietsch von Großpietsch Electronic in Redwitz. Jeder braucht's nicht. Er selbst schon. Sein Unternehmen ist seit zehn Jahren mit einer eigenen Homepage im Netz vertreten, außerdem ist er seit Herbst 2014 auf zwei Portalen angemeldet: „www.kaffeemaschinen-macher.de“ und „www.pcspezialist.de“. Die Motivation ist ganz klar: „Ich will meinen Bekanntheitsgrad steigern.“

    Und der Erfolg sei deutlich erkennbar. Seitdem kämen wirklich mehr Kunden, die Reparaturen von Kaffeemaschinen nachfragten. Da das Portal gut gepflegt werde, erscheine sein Betrieb auch in der Google-Suche für dieses Gebiet relativ weit oben, was ihm viele Anfragen aus einem Umkreis von bis zu 40 Kilometern beschert habe. Dabei sei sein Unternehmen gar nicht das einzige in der Region, das diese Dienstleistung anbietet. Aber offensichtlich das einzige, das damit im Internet wirbt. Und das gibt Großpietsch dann auch die Möglichkeit, seine anderen Geschäftsfelder bekannter zu machen. „Bei einem Kunden habe ich jetzt die Telefon- und Internetanlage eingerichtet.“

    „Ich will meinen Bekanntheitsgrad steigern.“

    Volker Großpietsch, Großpietsch Electronic, Redwitz

    Dass der Redwitzer auch Reparaturen von Kaffeemaschinen anbietet, ist eigentlich der Not geschuldet: Er ist Loewe-Service-Partner. Zu 95 Prozent bekomme er seine Aufträge von dem Kro-nacher Fernsehbauer. Nach dessen Insolvenz musste Großpietsch sein Personal von 20 auf 15 Mitarbeiter reduzieren. Deshalb hat er sich neue Geschäftsfelder erschlossen. Mittlerweile kann er wieder 20 Leute beschäftigen.

    Auch das Thüringisch-Fränkische Reisebüro hatte vor einigen Jahren noch sehr zu kämpfen. Reisebüros spüren naturgemäß die Konkurrenz der Online-Anbieter besonders stark. Aber der Trend kehrt sich gerade um, sagt Geschäftsführer Gerd Laatz, sicherlich auch, weil einige Internet-Reiseportale unter anderem wegen Betrügereien bei ihren Bewertungssystemen in der Kritik stehen. „Wir hatten voriges Jahr das stärkste Jahr unserer Geschichte – mit einem hohen zweistelligen Plus. Und heuer setzen wir noch eins drauf.“ Seiner Ansicht nach kann das Netz eine gute Beratung durch freundliches und kompetentes Personal nicht ersetzen. „Wer sich aus dem Markt verabschiedet, ist der, der stupide Angebote aus dem Internet ausdruckt.“

    Eine eigene Homepage hat das Reisebüro natürlich trotzdem. „Bestimmt schon über 15 Jahre“, überlegt Laatz, dessen Firma „Ihr Ziel“ außerdem Software für Reisebüros entwickelt. Mehrere 100 Touristikunternehmen deutschlandweit arbeiteten mit dem Tool aus Lichtenfels.

    „Wir versuchen, diejenigen anzusprechen, die im Internet schauen“, erklärt der Geschäftsführer. „Unsere Absicht ist es, die Leute ins Büro zu holen.“ Deshalb lassen sich über die Homepage auch keine Buchungen tätigen. Er setzt auf Kompetenz vor Ort. Es sei erwiesen, dass Kunden im Durchschnitt neun Stunden bräuchten, um im Internet eine Pauschalreise zu buchen. „Wenn einer meiner Mitarbeiter mehr als eine Viertelstunde für die Bedarfsermittlung bräuchte, müsste ich ihn entlassen.“ Das Konzept scheint aufzugehen. Laatz spricht von einer hohen Stammkundschaft.

    „Unsere Absicht ist es, die Leute ins Büro zu holen.“

    Gerd Laatz, Thüringisch-Fränkisches Reisebüro, Lichtenfels

    Für ihn ist die Homepage Teil seiner Eigendarstellung, die von der Kinowerbung bis zu den Sozialen Medien reicht. Letztere werden auch für ihn immer wichtiger: „Man kann es sich gar nicht leisten, nicht auf Facebook zu gucken. Wir bekommen jede Menge Anfragen über Facebook und Whatsapp.“ Inzwischen probiert er auch Crossmarketing über die Sozialen Medien aus, etwa Gewinnspiele, für die ein lokaler Partner eine Reiseapotheke zusammenstellt.

    Auch für Großpietsch ist die Homepage nur ein Teil seiner Werbung. „Für ältere Leute ist weiterhin Print wichtig. Es braucht beide Wege“, ist er sich sicher. Dazu kommen als Kontaktangebot Telefon, E-Mail und ebenfalls Facebook – den Auftritt pflegt sein Bruder. „Das ist ein Status, den man hat“: So sieht Volker Großpietsch das. Schließlich nutzt er selbst gerne das Netz, um sich über das Angebot eines Unternehmens zu informieren. Auch angesichts seines Standorts im Industriegebiet von Redwitz hält er seine Homepage für einen wichtigen Service: „Wer hier rausfährt, kommt nicht zum Stöbern.“ Der will vorher wissen, ob es bei Großpietsch auch das gibt, was er braucht.

    Der Fachhändler sieht seine Homepage als Möglichkeit, eine gewisse Schwellenangst abzubauen. Er hat beobachtet, dass viele Kunden sich inzwischen gehemmt fühlen, sich gar nicht mehr trauen, einen Verkäufer aktiv anzusprechen. „Früher kamen viele junge Leute, und wenn sie nur eine Kleinigkeit für den PC gekauft haben.“ Heute informieren sie sich lieber im Internet. Das ist anonymer, also einfacher. Vielleicht ein Trost: Laatz glaubt, dass sich das gerade wieder umkehrt. „Ich bin Verfechter der Theorie, dass die Leute in der Zukunft wieder mehr Wert auf Kommunikation legen. Weil es gut tut, mit Leuten auf Augenhöhe sprechen zu können.“

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