Redwitz hat ein schmuckes Schloss, ein Freibad zum Erfrischen und bald auch ein Gefängnis. Doch hinter diesen Gittern herrscht kein rauer Ton. Ganz im Gegenteil: Die Justizvollzugsanstalt ist nur der Fantasie des Burgkun-stadter Schreibers und Theaterautors Wolfgang Gunzelmann entsprungen. Echte Bösewichte sucht man in diesem Knast ebenfalls vergeblich.
Bauernschlau, einfältig und liebenswürdig kommen die Gefängnisinsassen daher, schließlich handelt es sich um eine Komödie mit dem vielversprechenden Titel „Im Männerknast auf Frauensuche“, die die Besucher bei mehreren Aufführungen ab dem 8. November in Redwitz zum Lachen bringen soll. „Ein Halsabschneider wäre im Hinblick auf das Finale kontraproduktiv“, verrät der Autor und Leiter der heimischen Theatergruppe „Die Zeitbeschleuniger“, Wolfgang Gunzelmann. Laienschauspieler aus Redwitz, Weidnitz und Burgkunstadt haben sich in der Theatergruppe zusammengetan.
„Das Theaterspielen lenkt vom Theater des wirklichen Lebens ab.“
Wolfgang Gunzelmann, Regisseur
Auf so manch heimischer Theaterbühne gilt noch immer das Motto „Bauer sucht Frau“. Eines, das dem Burgkunstadter Regisseur nicht in die Tüte kommt: „Ich bin immer auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Spielort.“ Nachdem das vorherige Stück ein Vorstellungsgespräch in Echtzeit auf die Theaterbühne gebracht hatte, verwandelt sich diesmal der Saal des Redwitzer AWO-Seniorenzentrums in eine Justizvollzugsanstalt.
„Meine Frau Gudrun schimpft immer, dass ich mir so viele Knastfilme ansehe. Der Augenblick, wo einer aus dem Zuchthaus flieht, gefällt mir an solchen Streifen am besten,“ meint Gunzelmann zur Entscheidung für ein Gefängnisstück. Über persönliche Erfahrungen mit dem Thema Gefängnis zu sprechen, das ist für viele – verständlicherweise – ein Tabu. Da machen auch die sechs Laiendarsteller aus Redwitz, Weidnitz und Burgkunstadt keine Ausnahme. Doch dann fasst sich Simone Magdeburg aus Weidnitz, die in dem Stück die Gefangene Helga spielt, ein Herz: „Mein Mann Bernd war in der DDR ein politischer Gefangener. Wegen geplanter Republikflucht hatte man ihn zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt“, erzählt die Weidnitzerin nüchtern, während die anderen aufmerksam zuhören. Mit einem zwei Jahre alten Sohn allein auf sich gestellt – wie geht man mit einer solchen Situation um? „Man darf nicht durchdrehen, sondern muss stark für ihn und das Kind sein“, sagt sie.
Nur noch Verachtung übrig
Am 2. November 1989 – sieben Tage vor der Maueröffnung – wurde Bernd Magdeburg vorzeitig aus der Haft entlassen und durfte mit seiner Familie die ehemalige DDR verlassen. Für das einstige kommunistische Regime hat Simone Magdeburg nur noch Verachtung übrig: „Die politischen Gefangenen waren der letzte Dreck. Die Kriminellen standen über ihnen“, empört sie sich, umrahmt von einem nachdenklichen Schweigen. Kurze Zeit später sind die dunklen Wolken am Himmel der Gedanken verzogen und gute Laune bricht sich Bahn. Die Tatsache, dass der Regisseur und Theaterleiter seine eigenen Stücke schreibt, finden die Schauspieler durch die Bank klasse.
„Theatergruppen, die Stücke fremder Autoren spielen, gibt es wie Sand am Meer. Aber welches Ensemble hat schon einen eigenen Stückeschreiber in seinen Reihen?“, meint Stefan Weisel aus Redwitz, der den Knastbruder Wilhelm verkörpert. „Das gibt uns ein Alleinstellungsmerkmal“, meint auch Verena Ari aus Weidnitz, die der inhaftierten Margit Leben einhaucht. Die sechs Damen und Herren lieben es, sich einen Abend lang zu verstellen und in fremde Rollen zu schlüpfen. „Das Theaterspielen lenkt vom Theater des wirklichen Lebens ab“, sagt Gunzelmann und spricht wohl allen aus der Seele.
Gunzelmann hat das nächste Stück schon wieder in Angriff genommen. Es entführt – wie könnte es anders sein – wieder an einen besonderen Ort. An ein stilles Örtchen, das seinem Namen keine Ehre macht, trägt es doch den verheißungsvollen Titel: „Meeresrauschen in der Pacht-Toilette.“
Info: Veranstaltungsort: Saal des AWO-Seniorenzentrums in Redwitz. Eingang: John-Weberpals-Straße 31. Karten gibt es an der Abendkasse. Eine Vorbestellung ist telefonisch unter Tel. (09574) 5080901 möglich.
Termine: Sonntag, 8. November (15 Uhr), Sonntag, 14. November (19.30 Uhr), Samstag, 21. November (19 Uhr) und Samstag, 28. November (19.30 Uhr).
„Im Männerknast auf Frauensuche“
Handlung: Ludwig und Wilhelm sitzen im Knast. In der Anstalt geht das Gerücht herum, dass sich der Frauentrakt unweit von der Zelle, in der die beiden einsitzen, befindet. Mit List und Tücke gelangen die beiden Knastbrüder an eine Zeichnung der Zelleneinteilung der Vollzugsanstalt, sowie an ein entsprechendes Werkzeug, das für einen Wanddurchbruch benötigt wird. Endlich gelingt den beiden Knastvögeln der Durchbruch – doch sie erleben danach etwas völlig Unerwartetes…
Schauspieler (in Klammern Rollen): Wolfgang Gunzelmann aus Burgkunstadt (Gefangener Ludwig), Stefan Weisel aus Redwitz (Gefangener Wilhelm), Verena Ari aus Weidnitz (Gefangene Margit), Simone Magdeburg aus Weidnitz (Gefangene Helga), Ingo Slezak aus Redwitz (Herr Umschluss, Vollzugsbeamter/Wechselrolle), Jeanette Kluge aus Redwitz (Frau Umschluss, Vollzugsbeamtin/Wechselrolle).
Regie: Wolfgang Gunzelmann. Regieassistenz, Licht- und Tontechnik: Sven Lorenz aus Ebneth. Souffleuse: Anke Müller-Will aus Altenkunstadt. Autor: W. Gunzelmann.