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MICHELAU: Briefmarkensammeln lohnt sich (nicht)

MICHELAU

Briefmarkensammeln lohnt sich (nicht)

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    Josef Rupp (li.) hat als erfahrener Händler sämtliche deutschen Marken im Angebot.
    Josef Rupp (li.) hat als erfahrener Händler sämtliche deutschen Marken im Angebot. Foto: Fotos: Klaus Gagel

    Briefmarkensammeln lohnt sich nicht, oder doch? Längst treffen im Bereich der Philatelie Welten aufeinander. Die Kluft zwischen dem ideellen und dem materiellen Wert von Briefmarken tritt immer deutlicher hervor. Die heutige Jugend kann mit der Sammelleidenschaft ihrer Großväter wenig anfangen. Ein tief greifender Wandel spielt sich da ab. Interessante Einblicke vermittelte der Regionaltauschtag des Michelauer Briefmarkensammlervereins.

    „Marken der Bundesrepublik, egal ob gestempelt oder postfrisch, sind nahezu wertlos, sofern man nicht auch sämtliche Marken aus den Nachkriegsjahrgängen von 1945 bis 1952 besitzt.“

    Unzählige vermeintliche „Schätzchen“ schlummern in heimischen Schubladen gut behütet von der hoffnungsvollen Vorstellung, dass der materielle Wert der Marken im Laufe der Jahre stetig wachsen werde. Die Ernüchterung folgt spätestens dann, wenn die Alben mit den „wertvollen“ Marken einem Auktionator wie Herbert Geier, Vorsitzender des Michelauer Briefmarkensammlervereins, vorgelegt werden: „Marken der Bundesrepublik Deutschland, egal ob gestempelt oder postfrisch, sind nahezu wertlos, sofern man nicht auch sämtliche Marken aus den Nachkriegsjahrgängen von 1945 bis 1952 besitzt.“

    Schade um die schönen Ersttagsbriefchen und das Geld, das in sie investiert wurde. „Briefmarkensammeln lohnt sich nicht mehr, ein tot geborenes Hobby“ kann man hören. Und die Jugend, die kennt doch nur ihre Handys und ihren Computer. Die Sammler von früher, die sterben nach und nach weg. Gab es vor 20 Jahren noch zwischen 130 000 und 140 000 in Vereinen organisierte Sammler, so sind es heute gerade noch 40 000 bis 45 000.

    Ein anderes Bild

    Ist das Ende der Briefmarkensammlervereine also absehbar? Der Regionaltauschtag in Michelau vermittelte ein anderes Bild. Sammler aus den Landkreisen Lichtenfels und Coburg, Vereinsmitglieder aus Rödental, Neustadt, Lichtenfels, Burgkunstadt und Coburg waren in beachtlicher Zahl vertreten. Hinzu kamen Briefmarkenfreude aus Bamberg und einige Privatsammler. Händler aus Saalfeld, Sonnefeld und Ebensfeld waren angereist.

    Dann gibt es noch die „versteckten Sammler“, darunter erstaunlich viele Frauen, weiß Uwe Gutgesell. Diese Sammler wollen anonym bleiben. Sie orientieren sich im Internet. Übers Internet und den Online-Handel werden auch die Käufe und Verkäufe abgewickelt. Allein die Versandstelle der Post in Weiden hat 400 000 bis 500 000 Abonnenten im Jahr, die sie regelmäßig bedient. Ein lohnendes Geschäftsmodell für die Deutsche Bundespost.

    Chance gleich Null

    Die wirft jährlich 50 bis 60 neue deutsche Briefmarken in millionenfacher Auflage auf den Markt. Die Herstellungskosten sind vergleichsweise gering, der Verkaufserlös entsprechend hoch. Zumal neben postfrischen Marken auch gestempelte Marken, Marken mit Sonderstempel und andere Besonderheiten bestellt werden. Immer noch werden Auflagen von 25 bis 40 Millionen Stück pro Briefmarke gedruckt. Da ist die Chance, dass die Marke langfristig hochwertig wieder verkauft werden kann, gleich Null.

    „Im Endeffekt hat das Ganze nur einen ideellen Wert für den, der Gefallen daran findet. Aber es ist Massenware,“ so Uwe Gutgesell, der 2. Vorsitzende des Michelauer Vereins.

    Natürlich wäre es falsch, das Sammeln von Briefmarken nur unter diesem pekuniären Aspekt zu sehen. „Man muss es als Hobby sehen und nicht in erster Linie als Geldanlage,“ weiß Uwe Gutgesell. Es sei lehrreich und befriedige die „Sammler- und Jägerleidenschaft“, die anscheinend tief in jedem steckt. Jedes Hobby kostet zunächst einmal Geld, sonst wäre es ein Gewerbe oder ein Beruf.

    Einer der sein Hobby zum Beruf gemacht hat, ist Josef Rupp aus Berching-Holnstein, 20 Kilometer südlich von Neumarkt/Oberpfalz gelegen. Josef Rupp lebt hauptberuflich seit rund 20 Jahren vom Briefmarkenhandel – so wie hunderte seiner Kollegen. Er ist das ganze Jahr über in ganz Süddeutschland unterwegs.

    Und davon kann man leben?

    „Mei, es passt schon. Ich hab eine Frau und drei Kinder. Wir leben von den Briefmarken, und das schon 20 Jahre lang“, gesteht er lächelnd. Was zunehmend fehle, seien die echten Investoren. Auch die kleinen Tauschtage rentierten sich nicht mehr so wie früher. Deshalb handele er inzwischen vermehrt auch im Internet über ebay.

    Eingekauft wird bei Privatpersonen oder auf Auktionen. Da läuft das ganz große Geschäft. Die größten Aktionshäuser machen Umsätze im Jahr von 10 bis 15 Millionen Euro nur mit Briefmarken. Natürlich gibt es auch kleine Auktionshäuser mit Umsätzen von ein paar 100 000 Euro im Jahr. Es ist also nicht so, dass mit Briefmarken nicht auch viel Geld verdient wird.

    Aber das ist eine andere Liga. Auch Josef Rupp hat alle deutschen Briefmarken und alle deutschen Gebiete sauber aufgelistet im Angebot. Unter seinen Tischen stapeln sich die dicken Alben. Für jede einzelne Briefmarke ist darin eine Zeile reserviert.

    Getrennt durch eine Mittellinie findet der Käufer auf der einen Seite die gestempelten Marken und auf der anderen Seite die postfrischen Marken. Dazu den Preis aus dem Michel-Katalog, den Rupp zu einem Drittel unterbietet.

    Da kann sich der unerfahrene Sammler nur verwundert die Augen reiben. Er erhält für seine Ersttagsblätter, wenn er Glück hat, einen Kilopreis von 4,20 Euro. Qualität schlägt eben Quantität.

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