Es ist ein unvergleichlicher Anblick, der sich an diesem Montagnachmittag dem Betrachter der Rapsfelder in Tiefenklein bietet: gelb, wohin das Auge reicht. Ein wahres Blütenmeer, von der Natur in ordentlich Farbe „getaucht“. Das Auge kann sich gar nicht sattsehen an der Pracht der leuchtend gelben Blüten an den grünen Stängeln, die teilweise fast mannshoch in den Himmel ragen. Ein solches Rapsfeld mit einer Fläche von 3,2 Hektar nennt auch Klaus Siegelin sein Eigen.
Der Raps, Deutschlands bedeutendste Öl- und Eiweißpflanze, sorgt derzeit wieder allerorts für blühende Landschaften. Grund genug, so der stellvertretende Kronacher Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in seiner Begrüßung bei einem Ortstermin der „Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Oberfranken“ in Tiefenklein, einmal wieder die in vielerlei Bereichen enorme Bedeutung des Rapsanbaus herauszustellen.
„Jeder einzelne Hektar liefert elf Monate nach der Aussaat von lediglich 2,5 Kilo Saatgut bei der Ernte im Juli zwischen 4000 und 5000 Kilo Rapssaat.“
Franz Brütting vom BBV Oberfranken
Laut Siegelin, der auch Vorsitzender dieser Erzeugergemeinschaft ist, sei Raps besonders für sein hochwertiges Öl bekannt. Was viele nicht wüssten: Die Saatkörner bestehen lediglich zu rund 40 Prozent aus Öl. Vielmehr darüber hinaus auch aus hochwertigem Eiweiß, das beim Pressen ebenfalls gewonnen wird. Als Rapskuchen (Kaltpressung) oder Rapsschrot (Extraktion) ist es ein begehrtes, gentechnikfreies heimisches Proteinfutter. Rapsschrot sei in der Tiermast überaus gefragt. Hier ersetze es als gentechnikfreies Eiweißfuttermittel im großen Umfang Sojaschrot.
„Der Rapsanbau mit zirka 18 000 Hektar trägt in Oberfranken wesentlich zur Auflockerung unserer Fruchtfolge bei“, würdigte Franz Brütting vom BBV Oberfranken. Der Eindruck, dass immer mehr Raps angebaut werde, trüge. Schon seit Jahren bewege sich die Rapsanbaufläche in Deutschland konstant zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Hektar. „Jeder einzelne Hektar davon liefert elf Monate nach der Aussaat von lediglich 2,5 Kilo Saatgut bei der Ernte im Juli zwischen 4000 und 5000 Kilo Rapssaat“, erklärte der Referent.
Im Osten größte Anbauflächen
Das für den deutschen Rapsanbau bedeutendste Bundesland sei weiterhin Mecklenburg-Vorpommern mit einer Anbaufläche von 235 200 Hektar .Weitere wichtige Anbauregionen sind mit 171 000 Hektar Sachsen-Anhalt, mit 135 500 Hektar Brandenburg und mit 131 900 Hektar Sachsen. Insgesamt repräsentieren die östlichen Bundesländer rund 58 Prozent der in Deutschland ausgesäten Rapsfläche. Bayern weist 119 200 Hektar Anbaufläche auf.
Der Rapsertrag liegt in Oberfranken im Durchschnitt bei etwa 4000 Kilo. „Wir haben in Oberfranken nicht die besten Böden“, bedauerte Brütting. Die „Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Oberfranken“, deren Geschäftsführer er ist, betreue derzeit rund 700 Mitglieder. Das Hauptaugenmerk liege auf der Vermarktung. Raps wird im August gesät und Ende Juli des darauffolgenden Jahres geerntet. „Die Ernte im Juli 2017 wird etwa fünf Millionen Tonnen Rapssaat liefern, die anschließend in Ölmühlen gepresst wird. Dabei entstehen rund 2,2 Millionen Tonnen Rapsöl“, informierte Franz Brütting.
Das Speiseöl aus Rapssaat ist seit 2009 das beliebteste in Deutschland. Der größte Teil des Öls findet sich jedoch nicht in der Küche, sondern als Rapskraftstoff in Fahrzeugtanks wieder. Hier ersetzt es mit einem Anteil von bis zu sieben Prozent konventionellen Dieselkraftstoff. Dies schont laut Brütting nicht nur die Erdölreserven, sondern reduziere die Treibhausgasemissionen um durchschnittlich 60 Prozent.
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist der Kronacher Kreisobmann Erwin Schwarz aus Burggrub. Beim Pressegespräch stellte er seine mit Rapsöl fahrenden Traktoren vor, mit denen er sich sehr zufrieden zeigt. „Ich hatte bislang keinerlei Probleme“, versicherte der stellvertretende BBV-Bezirkspräsident. Drei Schlepper hat er bereits umrüsten lassen, wobei eine Umrüstung mit 5000 Euro zu Buche schlägt. Der erste hatte 10 000 Betriebsstunden auf dem Buckel. Der zweite steht derzeit bei 6500 und der dritte bei 1500 Betriebsstunden. Der Jahres-Verbrauch pro Schlepper liegt bei etwa 12 000 Litern Pflanzenöl.
„Raps eine Gesundheitsfrucht“
Schwarz ist auch Aufsichtsratsvorsitzender der Firma MARA. 2001 vom Maschinenring Coburg-Kronach-Lichtenfels gegründet, verfolgt diese das Ziel, den Raps aus diesen drei Landkreisen soweit wie möglich zu verarbeiten und in der Region wieder zu vermarkten. Die Produkte sind das begehrte kaltgepresste Rapsöl und der Rapskuchen. „Raps ist eine Gesundheitsfrucht. Der Boden braucht Raps“, betonte er. Die tiefen Wurzeln verbesserten die Bodenbeschaffenheit, was der späteren Fruchtfolge zugutekomme. Außerdem nehme der gelockerte Boden mehr Sauerstoff auf. Wichtig sei Raps gerade auch für die Bienen als unverzichtbare Nektar- und Pollenquelle. Belohnt wird das mit 40 Kilo Rapshonig pro Hektar. Für ein Glas Honig fliegen die Bienen rund 40 000 Mal aus dem Bienenstock und besuchen dabei zwei bis sieben Millionen Rapsblüten.
Den Initiatoren war es ein großes Anliegen, zum Pressegespräch auch Imker einzuladen. „Wir freuen uns über jedes Rapsfeld, das blüht“, bekundete Stefan Roth, Vorsitzender des Kreisverbands Kronacher Imker. Er wünschte sich ein verstärktes Miteinander und eine besser abgestimmte Zusammenarbeit mit den Bauern. Dem pflichtete Bezirksvorsitzender Bernd Schiller bei. „Es ist nicht unser Ziel, die Landwirtschaft zu bevormunden“, betonte er. Ein Rapsfeld, in dem es summe, sei für ihn „einfach gigantisch“.
„Wir freuen uns über jedes Rapsfeld, das blüht.“
Stefan Roth, Vorsitzender der Kronacher Imker
Der Tiefenkleiner Imker Gerd Hofmann appellierte an die Bauern, zum Schutz der Bienen verantwortungsvoll mit Pflanzenschutzmitteln umzugehen. Mit den jetzigen Spritzmitteln habe er bislang keine Schwierigkeiten gehabt, im Gegensatz zu früheren, mittlerweile verbotenen Insektiziden. „Deswegen haben wir die Imker eingeladen, um über solche Dinge zu reden und Lösungen zu finden“, bekundete Schwarz.
Laut Brütting entständen durch das geltende Anwendungsverbot für drei Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonikotinoide jährlich Verluste in Höhe von fast 900 Millionen Euro. Einig war man sich darin, den Rapsanbau unbedingt aufrecht zu erhalten – als wichtigste Futterquelle der Bienen wie auch als zentrales und wertvolles Fruchtfolgeglied im Ackerbau.
Anbaufläche Die Anbaufläche für Winterraps in Oberfranken 2016 (Aufteilung der Gesamtfläche von 18 381 Hektar nach Landkreisen: Bamberg 4434 Hektar, Bayreuth 1574 Hektar, Coburg 3364 Hektar, Forchheim 742 Hektar, Hof 3056 Hektar, Kronach 605 Hektar, Kulmbach 1990 Hektar, Lichtenfels 1552 Hektar, Wunsiedel 1064 Hektar.