Alles drehte sich am Freitag im Gasthof „Finkenhof“ in Michelau um die Bratwurst. Ein Filmteam des Bayerischen Rundfunks (BR) war zu Gast. Der Genuss, der geladenen Gästen zuteil wurde, gehörte an diesem Tag zwar auch dazu. Im Vordergrund aber stand der Weg, den jenes längliche Qualitätserzeugnis vom ersten Würzen bis zum fertig gegrillten Endprodukt nimmt. „Die Bratwurst ist ein Kulturgut“, sagt Finkenhof-Gastwirt und Bratwurst-„Guru“ Volker Gagel. Er beherrscht die Kunst der Bratwurstherstellung ebenso wie die der Zubereitung. Vor einigen Jahren belegte er beim oberfränkischen Bratwurstgipfel in Pegnitz in der Kategorie „kreativ“ den ersten Platz.
„Auf keinen Fall in die Kamera schauen.“
Der Michelauer ist beim Thema Bratwurst nicht immer nur in eigener Mission und als Geschäftsmann unterwegs. „Für mich hat das etwas mit Leidenschaft zu tun“, sagt er. Gagel ist auch Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). In dieser Eigenschaft macht er immer wieder Werbung für die weltbekannte Spezialität aus heimischer Produktion. So freute es ihn ganz besonders, dass der BR seinen Betrieb ausgesucht hatte. Der Auftrag lautete: Für die von der Dehoga organisierten und demnächst beginnenden Bratwurstwochen in Bayern einen Beitrag für das BR-Vorabendprogramm zu drehen, der so richtig Lust auf die Bratwurst machen soll.
In der Wurstküche, direkt neben dem Raum, wo der ausgebildete Metzger Volker Gagel bis vor einigen Jahren noch selbst geschlachtet hatte, baute sich das Team mit Kameramann, Toningenieur und Beleuchter auf. „Sie haben alles perfekt vorbereitet“, sagte Birgit Leonhardt vom BR-Studio Franken, die beim Dreh Regie führte. Volker Gagel stand vor der Kamera und musste zeigen, was er beim Thema Bratwurst drauf hat. Diese Aufgabe bewältigte er souverän, wenn auch etwas Lampenfieber und Nervosität spürbar waren, wie Ehefrau Simone Fischer bemerkte.
„Fränkische Bratwürste gibt es wie Sand am Meer,“ sagte Volker Gagel. „Was ist das Besondere hier?“, fragte die Regisseurin. „Das Besondere an meinen Coburger Bratwürsten ist der Zitronenabrieb“, so der Gastwirt. Er streute eine Prise davon in einen Kessel, in dem Bauch- und Schulterstücke von sehnenarmem Schweinefleisch lagen. Nach dem Würzen kam das Walken. Danach trat der Fleischwolf in Aktion. Nun war der ausgekutterte „Feinbrät“ dran. Volker Gagel hatte die Grundmasse vorbereitet und vermischte sie nun mit dem Schweinehack. Die fertige Masse beförderte Gagel mit einem kräftigen Schub in die Füllmaschine.
Das Filmteam und die Begleitpersonen beobachteten die verschiedenen Arbeitsschritte ständig. „Auf keinen Fall in die Kamera schauen“, sagte Birgit Leonhardt. Perfekt arbeiten, hin und wieder kommentieren und trotz laufender Kamera so tun, als wäre alles wie immer: Diesen Arbeitstag wird Volker Gagel so schnell nicht vergessen.
Schließlich waren 25 Kilogramm Bratwurstmasse angerichtet. Jetzt ging?s wirklich um die Wurst. Die Coburger waren zuerst dran. Gagel zog den Schweinedünndarm auf die Füllmaschine auf und bald schon flutschte es in den Dünndarm. Die einzelnen Exemplare brachte Gagel routiniert auf Länge. Eine Coburger wiege im Durchschnitt 130 Gramm, sagte er. „Der Schweinedünndarm hat oben einen kleinen Fettrand. Der gibt beim Braten Geschmack ab und macht die Wurst saftig“, so der Akteur vor laufender Kamera. Und dann gab es für die Gäste aus Nürnberg noch eine kleine Lektion in Sachen fränkische Bratwurst: „Bei uns hier heißt der Darm Schleiß, bei Euch Bändel.“ Den Dünndarm für die Wurst beziehe er von einem Großhändler.
Nach der Coburger wechselten die Gäste vom BR die Kameraposition. Jetzt kam eine Spezialität aus dem Hause Gagel dran: Die feine Korbmacher-Bratwurst. „Da wird der Darm nach dem Einfüllen abgewickelt“, sagte Simone Fischer. Die schwingende Handbewegung könnte sich im Fernsehen besonders gut machen, meinte die Regisseurin. Und nicht nur dies: Im Gegensatz zum Schweinedünndarm bei der Coburger kommt bei der Korbmacher-Variante Schafsdarm oder –saitling iranischer Herkunft zum Einsatz. Das Schaf ist von Natur aus bereits hoch angereichert mit immerhin 22 Metern zartestem und dünnstem Saitling. „In Deutschland gibt es so etwas nicht“, so die Erklärung des Gastwirts für den Import aus dem Osten. Die mit Schafsdarm hergestellte Bratwurst sei wegen des fehlenden Fettstreifens magerer als die Coburger. „Vielleicht eher etwas für die Frauen“, meinte die Regisseurin aus Deutschland.
Während im Keller gefilmt wurde, warteten die Gäste oben bereits gespannt auf die Verkostung. Auch hier kam die Kamera zum Einsatz. Volker Gagel stellte sich selbst an den Grill. „Die Bratwurst ist von Haus aus eigentlich eine Brühwurst“, sagte er. Sie müsse bei 72 Grad gebrüht werden und sei dann reif zum Verzehr. Bei uns gebe es fast nur die Grillvariante.
„Essen Sie eine Bratwurst. Trinken Sie ein Bier dazu. Nur dann können Sie beurteilen, wie gut das schmeckt.“
Volker Gagel, Gastwirt, Michelau
Der Michelauer schwört auf Buchenholzkohle. „Es ist eine Kunst, die Bratwurst so zu braten, dass sie durchgart, aber nicht verbrennt“, so Volker Gagel. Und dann hatte er fast schon genug von den Fragen und Vorführungen: „Trinken Sie ein Bier und essen Sie eine Bratwurst dazu. Nur dann können Sie beurteilen, wie gut das schmeckt.“
Ausstrahlung: Der BR-Beitrag über die Bratwurst aus Michelau wird laut BR am Sonntag, 24. Juni, in der „Frankenschau“ im Bayerischen Fernsehen gesendet. Beginn der Sendung ist 17.45 Uhr.