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HOCHSTADT: Sucht kennt viele Wege

HOCHSTADT

Sucht kennt viele Wege

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    Im Rahmen der Klinikführung von Volker Schienagel (re.) berichtete Schreinermeister Hans Siegmeth aus seiner Tätigkeit im Bereich Arbeitstherapie.
    Im Rahmen der Klinikführung von Volker Schienagel (re.) berichtete Schreinermeister Hans Siegmeth aus seiner Tätigkeit im Bereich Arbeitstherapie. Foto: Mario Deller

    „Ich hab' das im Griff, keine Sorge“: Beschwichtigende Worte wie diese kennen Angehörige von Suchtkranken wohl zur Genüge. Die Wahrheit dahinter sieht oft anders aus, nicht selten ist der Partner schon mittendrin in der Alkohol-, Medikamenten- oder Spielsucht. Eine wichtige Einrichtung der Region, die hilft, aus dieser fatalen Spirale wieder heraus zu finden und von der Abhängigkeit los zu kommen, ist die Bezirksklinik in Hochstadt. Auch heuer setzten sich bei den schon traditionellen „Hochstadter Gesprächen“ Referenten und das interessierte Fachpublikum, an das die Veranstaltung gerichtet war, mit den zahlreichen Themen rund um Suchterkrankungen und Behandlungsansätze auseinander.

    „Sucht ist kein marginales Problem. Es bedarf des Zusammenwirkens aller gesellschaftlichen Kräfte“, betonte Bezirkstagspräsident Günther Denzler in seinen Worten bei der Eröffnung der 18. „Hochstadter Gespräche“, die sich auch heuer wieder einer großen Resonanz erfreuten. Zahlreiche Sozialpädagogen, Psychotherapeuten, Ärzte und viele weitere Besucher, die beruflich mit Suchtkranken zu tun haben, waren gekommen.

    „Sucht ist kein marginales Problem. Es bedarf des Zusammenwirkens aller gesellschaftlichen Kräfte.“

    Günther Denzler, Bezirkstagspräsident

    Welches Renommee die Hochstadter Gespräche haben, wurde augenscheinlich angesichts der namhaften Referenten. In der Katzogelhalle befassten sich die Gastredner mit wichtigen Themen. Prof. Dr. Thomas Hillemacher, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg-Nord, sprach über „Suchterkrankungen im Alter“. Hier gibt es noch viel Nachhol- und Verbesserungsbedarf, wie seine Ausführungen aufzeigten.

    Obwohl 15 Prozent der Senioren, die ambulant oder in Pflegeheimen betreut werden, einen problematischen Alkohol- oder Medikamentenkonsum aufwiesen, bezögen statistische Erhebungen zu Suchtfragen die Altersgruppe der über 65-Jährigen oft nicht mit ein, kritisierte Hillemacher. Der Referent ging unter anderem auch ein auf die besonderen Faktoren, die es bei der Betrachtung des Themas zu beachten gelte: etwa die Wechselwirkungen von Alkohol- und Medikamentenkonsum oder einen schneller erreichten hohen Alkoholpegel im Alter bedingt durch den dann oft gesunkenen prozentualen Wassergehalt im Körper.

    Die Suchtfachklinik in Hochstadt ist spezialisiert auf die stationäre und ambulante Therapie von alkohol-, medikamenten- und drogenabhängigen Menschen und verfügt über 65 Betten. Erfahrene Fachkräfte sind tätig in den drei Bereichen Langzeitentwöhnungstherapie (in der Regel 15 Wochen), Adaption (berufliche und gesellschaftliche Wiedereingliederung nach Entwöhnung, zwölf bis 16 Wochen) und in der Institutsambulanz.

    Verstärkt widmet sich die Klinik wieder der Rehabilitation alkoholabhängiger Patienten. Hier steht sie vor der Eröffnung einer zweiten Therapiegruppe. „Das bedeutet aber keineswegs ein Abrücken vom zentralen Thema der Drogenrehabilitation“, betonte Ärztlicher Direktor Kallert in seinen Ausführungen. Erfreulicherweise sind, so Kallert weiter, mit allen großen Rententrägern einschließlich der Krankenkassen Versorgungsverträge abgeschlossen. „Das ist eine schöne Anerkennung für uns, die die Messlatte der vorzuhaltenden Behandlungsqualität hoch gelegt hat – also eine Herausforderung birgt, der sich die Klinik stellt.“

    „Die vielen Gesichter der Sucht“ lautetet das Motto der diesjährigen Hochstadter Gespräche. Ganz bewusst wurde heuer eine Brücke geschlagen zu einem Bereich, der zwar nicht in das vielfältige Behandlungsportfolio der Hochstadter Klinik fällt, aber dennoch eine Würdigung verdient und bei der Veranstaltung auch in Vortrag und Workshop erfuhr: die sogenannten „nichtstoffgebundenen Süchte“. Ausprägungen etwa der Internet- und Glücksspielssucht sowie geeigneten Therapien beleuchtete als Referent Prof. Dr. Reinhard Schüppel, Chefarzt der Johannesbad-Fachklinik Furth im Wald.

    Angehörige einbeziehen

    Dass es unverzichtbar ist, die Angehörigen bei der Behandlung Suchtkranker einzubeziehen, wird von Fachleuten immer wieder hervorgehoben. Diesem wichtigen Punkt Rechnung trug der Vortrag „Angehörigenarbeit in der Suchtkrankenhilfe“ von Prof. Dr. Michael Klein von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen. 1,2 Millionen Ehepartner Suchtkranker sowie 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche sind in die vielfältigen Auswirkungen direkt involviert. Die Sucht eines Familienmitglieds bringt Gewalttätigkeit, erhöhtes Armutsrisiko und soziale Isolation mit sich, ganz zu schweigen von der Unberechenbarkeit des suchtkranken Partners oder Elternteils. Dies ist verbunden mit einem regelmäßig hohen Stresspegel. Der Referent sprach als unterstützende Maßnahme ein Coaching an im Umgang mit der Suchterkrankung des Angehörigen. Auch eine Paartherapie steigere die Effizienz einer Suchttherapie, stelle aber keine Kassenleistung dar, bedauerte Klein: „Hier müssen die Suchtberatungsstellen vorangehen, weil denen die Kostenträger nicht so im Nacken sitzen“, so seine Hoffnung.

    Auch die Bezirksklinik Hochstadt ist bestrebt, die Angehörigen mit ins Boot zu holen. Die Möglichkeit des wichtigen Erfahrungstausches bietet das seitens des Hauses regelmäßig veranstaltete Treffen einer Angehörigengruppe. Hier lässt der Zuspruch allerdings zu wünschen übrig, wie von Maximilian Straif, gesamttherapeutischer Leiter der Bezirksklinik Hochstadt, zu erfahren war: „Wir würden uns wünschen, dass das Angebot der Angehörigengruppe noch stärker genutzt wird. Es gilt dem Umfeld zu vermitteln, dass sie eine wichtige Rolle einnehmen.“

    Die Hochstadter Gespräche boten dem Fachpublikum eine Plattform, um sich zu den vielen Facetten des Themas „Sucht“ in angenehmer Atmosphäre auszutauschen. Zuspruch fanden auch die Führungen durch die verschiedenen Bereiche der Bezirksklinik. Die Teilnehmer konnten sich ein Bild machen von Gruppengesprächsraum und Arbeitstherapieraum sowie den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Das schöne Wetter nutzte eine Reihe von Bewohnern für eine spontane Partie Beachvolleyball. Und Schreinermeister Hans Siegmeth, der seit dreieinhalb Jahrzehnten in der Arbeitstherapie in der Bezirksklinik tätig ist, bekundete: „Wenn jemand den fertigen Bogen betrachtet und begeistert sagt: ,Hätte ich nicht gedacht, dass ich aus einem Stück Holz so etwas Hübsches fertigen kann‘, dann macht mir die Arbeit einfach Freude.“

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