Drei Jahre ging Florian Hofmann in Bamberg aufs Ottonianum, das Erzbischöfliche Knabenseminar. Jeden Tag wurde hier Gottesdienst gefeiert. Auf dem Weg dorthin kam der Junge immer an der Jahreskrippe vorbei. „Vor allem der barmherzige Samariter hatte es mir angetan. Ich dachte mir, wenn ich mal groß bin und Geld hab', kauf ich mir auch so bekleidete Figuren. So ging's los“, erinnert er sich.
Heute ist das Mitglied der Bamberger Krippenfreunde der dienstälteste Aussteller in der alljährlichen großen Krippenschau in der Matern in Bamberg. Seit 43 Jahren steuert er hier seine Werke bei. Deshalb hat ihn Erzbischof Ludwig Schick heuer auch am Gründonnerstag zur Fußwaschung in den Dom eingeladen. Ein besonderes Erlebnis.
Als er das erzählt, steht er in Neuensee im Pfarrsaal, umringt von seinen Arbeiten. Schon zum 25. Mal stellt er hier aus, jedes Mal 30 bis 40 Krippen, aber keine zwei Mal. Immer wieder etwas Neues zu finden, fällt ihm nicht schwer. „Ach, Ideen hätt' ich so viele g'habt heuer.“ Er macht eine wegwerfende Handbewegung. Wenn es nach ihm ginge, dann würde er viel mehr Modernes bringen. Aber Florian Hofmann kennt seine Neuenseer. Die wollen keine afrikanischen und peruanischen Figuren, die wollen das, was ihnen vertraut ist. Trotzdem, von einem lässt er sich nicht abbringen: „Ich will die Leute zum Nachdenken bringen. Sie sollen sich da reindenken. Ich will ein bisschen provozieren.“
Unübliche Darstellung
Deswegen ist es dann auch schon mal die Maria, die den Wirt nach einer Unterkunft fragt. Eine eher unübliche Darstellung der Herbergssuche, aber für fränkische Frauen, so meint der Neuenseer mit einem Schmunzeln, doch eigentlich logisch: Schließlich nehmen sie auch gern das Heft selbst in die Hand.
Auch das Umfeld, in das Hofmann die biblische Handlung bettet, ist bei ihm fränkisch. So macht es sich die heilige Familie nach der Flucht nach Ägypten in einer heimischen Stube gemütlich, inklusive Kachelofen und Altenkunstadter Hefekloß, Maria strickt, Josef holt Holz. Der Rentner deutet auf die Seitenwand. Dort hängt ein kleines Schwarz-Weiß-Foto von einem fünfjährigen Buben, dem Krippenbauer selbst. Das Farbbild zeigt sein „Enkerla“. Die Zweitklässlerin kann er auch für seine Passion begeistern: „Die sagt mir inzwischen, wie ich's machen soll.“
Passion, Leidenschaft, ja, das passt wohl ganz gut. Denn als Hobby sieht Florian Hofmann das Krippenbauen nicht: „Das ist mehr, das ist Verkündigung in Bildern“, erklärt er. „Kinder begreifen das viel besser, als wenn der Pfarrer was erzählt.“
Deshalb freut er sich auch, wenn sie ihn im Pfarrsaal besuchen. „Es gibt immer viel zu diskutieren mit Kindern“, sagt er und erzählt vom Besuch einer Schulklasse. Die Jungen und Mädchen haben sich alles ganz genau angeschaut, den Storch auf dem Dach, das Taubenhaus, den offenen Hasenstall, aus dem ein Hase ausgerissen ist, – und das Reh, das wohl beim Aufbau versehentlich umgestoßen wurde.
Wer so genau hinschaut, der findet auch die kleinen Mäuse, die Florian Hofmann in seinen Schaukästen versteckt hat. Die Schüler suchten mit Begeisterung danach, motiviert auch durch die Schlagzeile „Wer entdeckt die weiße Maus?“, mit der im Obermain-Tagblatt auf die 25. Krippenausstellung hingewiesen wurde.
„Ich will die Leute zum Nachdenken bringen. Sie sollen sich da reindenken. Ich will ein bisschen provozieren.“
Florian Hofmann, Krippenbauer
Dem Neuenseer ist es wichtig, dass es immer wieder etwas Neues zu sehen gibt: „Viele denken, es ist jedes Jahr dasselbe, aber das ist es nicht.“ Schließlich sammelt er auch überall Anregungen, das ganze Jahr über. „Man braucht das Auge dafür“, sagt er. Und dann entstehen Szenerien vor dem Burgkunstadter Rathaus oder dem „Fischerhof“ in Schwürbitz, vor Kulissen aus Nürnberg, Kronach oder Bamberg. Die Flucht nach Ägypten hat er über den Neuenseer Weiher führen lassen, aber auch mal, noch vor der Grenzöffnung, über die innerdeutsche Grenze bei Lichtenhain. Florian Hofmann blättert in dem Ordner, in dem er alles archiviert hat, angefangen mit dem Zeitungsbericht zur ersten Ausstellung.
Viele Helfer
1991 war das. Da wurde er von der Pfarrei gefragt, ob er sich so eine Schau vorstellen könnte. „Es hat alles zusammengepasst“, resümiert der Krippenbauer. „Ich hab' gesagt, ich mach's gern, aber ich brauche Kästen, damit nichts geklaut wird.“ Die hat ihm die ehemalige Firma Hahn gestiftet. Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr stellen sie jedes Jahr für ihn auf. Auch die feuerfesten Tücher, die unter den Schaukästen den Aufbau verbergen, wurden gestiftet, genauso wie die Vitrine aus der alten Michelauer Schule, in der er auf der anderen Raumseite kleinere Krippen unterschiedlicher Art untergebracht hat. Alfred Ruppert und Franz Förtsch haben den großen Stern gefertigt, der jedes Jahr an der Fassade der ehemaligen Kirche leuchtet, in der sich der Pfarrsaal befindet. Florian Hofmann lenkt die Aufmerksamkeit auf den Tisch in der Mitte des Raumes: Ein großes Gesteck steht darauf, aus getrockneten Blütenständen von Königskerzen, Christbaumkugeln, silbrigen Bändern kunstvoll arrangiert. Den Blumenschmuck gestaltet jedes Jahr Ingrid Günther.
Das alles zeigt, wieviel Liebe und Herzblut in der Neuenseer Ausstellung steckt. Und durchaus auch ein bisschen missionarischer Eifer: „Sinn und Zweck ist es, dass in jedem Haus eine Weihnachtskrippe steht“, erläutert Hofmann. Anfangs hätten nur ein paar eine gehabt, mittlerweile seien es 90 Prozent der Alteingesessenen, schätzt er. „Das darf ich mir schon ankreiden, dass sie alle auch a Freud' dran haben.“
Anregungen finden Interessenten genug in der Ausstellung. Hofmann baut und bemalt seine Krippen selbst, nur die Figuren, die schnitzt er nicht. Sie stammen von verschiedenen Künstlern; die Kleidung näht meistens seine Frau Rosemarie. Es gibt aber nicht nur geschnitzte Figuren, sondern auch welche aus Pappmaché und Wachs, alte Sammelfiguren aus Sanella-Margarinepackungen, Hummelfiguren und Scherenschnitte. Eine Vielfalt, die auch von vergangenen Trends erzählt, ein Stück Kulturgeschichte also.
Wer nicht nur Anregungen sammeln möchte, kann sich hier seine eigene Krippe ausstaffieren. „Ich verkaufe viele Kleinigkeiten, die man sonst nirgends mehr herkriegt“, sagt der Fachmann. Auch das Büchlein, das zur 25. Krippenschau entstanden ist, ist erhältlich. Den Erlös und etwaige Spenden verwendet er für die Neuenseer Kirche: In den vergangenen Jahren wurden schon die Bänke gepolstert, Glocken oder Christbaumkugeln für den Weihnachtsschmuck gekauft und 16 Ministrantengewänder angeschafft. Eintritt verlangt Florian Hofmann aber nicht. Er hat das Motto von Schwester Maria Innocentia, der Schöpferin der Hummel-Figuren, übernommen: „Ich will Freude machen.“
Öffnungszeiten: bis 6. Januar jeden Sonn- und Feiertag zwischen 13.30 und 16.30 Uhr sowie nach Absprache für Gruppen.