Denn sonst traut sich ja keiner. Also musste Matuschke es wieder richten. Mit seinem dritten Soloprogramm begeisterte der scharfzüngige Comedian am vergangenen Samstag das Publikum im evangelischen Gemeindehaus. Matthias Matuschik benannte Gunst und Günstlinge, deckte Fallen auf und zeichnete ein Weltbild, das nur einen Schluss zuließ: Werdet endlich wie er. „Gerne wider“ – den Namen seines dritten Solo-Programms kostete der Ex-Landtagskandidat so richtig aus. Querschießen, bemängeln, den Finger in die Wunde legen, das sind die Spezialitäten des ehemaligen BR-Moderators.
Gerade erst bei der Landtagswahl mit der neu gegründeten, eher linksgerichteten Partei „mut“ als unterfränkischer Spitzenkandidat krachend gescheitert, war Politik in den gut zwei Stunden nur allzu präsent. „Ihr habt?s ja so gewollt, ihr habt so gewählt“, wirft er den Gästen nicht nur einmal vor. Damit zielte er auf die CSU und auf die „Schandtaten“ ehemaliger Ministerpräsidenten, Strauß, Streibl und Generalsekretär Wiesheu. Ein bisschen weniger gespielte Bockigkeit hätte ihm gut zu Gesicht gestanden.
„Einfach mal dagegenhalten“
Und da ja bekanntlich aller guten Dinge drei sind, fand seine Art der Zuspitzung, der Sezierung unangenehmer Themen und seiner unnachahmlichen Kunst, allen möglichen Nichtigkeiten kabarettistische Züge zu verleihen, fulminante Höhepunkte. Wenn „Einfach mal dagegenhalten“ nur immer so brillant, lustig und gleichzeitig geistreich daherkäme, wie im Saal des Gemeindehauses: Wir alle wären mit Inbrunst „Gerne wider“.
Matthias Matuschik nennt als seine herausragende Charaktereigenschaft seinen messerscharfen Verstand. Und auf der Bühne nimmt er kein Blatt vor den Mund. Matuschik, der sich als DJ sowie als Hörfunk- und Fernsehmoderator einen Namen gemacht hat, polarisierte. Das bekannteste Beispiel ist sein Auftritt am Neujahrsabend 2013 in seiner Heimatstadt Weiden. Weil er dort über probiotische Tampons und Intimrasuren witzelte, verließen rund 80 echauffierte Besucher den Saal, unter ihnen auch der Bürgermeister. „Wer keinen Humor versteht, soll nächstes Mal ins Ballett gehen“, legte Matuschik in einem Interview nach, während eine Leserbriefschlacht sondergleichen die Oberpfälzer spaltete.
Mit einem tiefen Schluck
Mit Religion kann Matuschke schon gar nichts anfangen. Was für eine Qual musste es da für ihn sein, die Pause in einem Raum zu verbringen, in dem gebetet wird. Sein Motto: „Statt beten lieber denken“, dass ihn schon oft Verdruss bereitet hatte. Seine Gegensätzlichkeit, Dinge zu sehen, verblüffte auch an diesem Abend. Er lobte das Kiffen, während er das Alkoholtrinken verteufelte. Dabei nahm er einen tiefen Schluck Bier aus einer Flasche einer Brauerei im Frankenwald. Mitleid erregte ein Unfall unweit seiner Wohnung, bei dem angeblich seine Schulter splitterte. Immer wieder erinnerte er an seinen Schmerz, stöhnte und das Publikum stöhnte mit.
Die Vorliebe seiner Zeitgenossen, PS-starke Boliden zu fahren, karierte Matuschik mit der Geschichte seines neuen Autos, ein riesiger SUV mit dem er die Tochter samt Freundin in die Schule fährt. Früher waren es die Katzen, heute sind es Hunde, die er nicht leiden mag. „Wenn man einen Hund überfährt, macht das nur ganz leise „summ“, feixte er. Offenbar vergessen hatte Matuschnik, dass er vor einigen Jahren mit einen 200-PS-starken Beetle in Sonderausstattung zu seinen zahlreichen Verpflichtungen im Freistaat tourte. Das Auto trug ein Weißenburger Kennzeichen und die Werbeaufschrift. „Matuschke on tour – mit dem Autohaus Bierschneider“.
Beißende Kritik
Die teilweise, beißende Kritik an der Oberflächlichkeit seiner Mitmenschen und die Arroganz der Macht bei den Politikern, zog sich wie ein Netz durch sein Programm. Natürlich ist auch viel Klamauk dabei, die Absurditäten des Alltags sind Matthias Matuschik schon immer aufgefallen. Da beschrieb er umständlich, wie Tierschützer sich das Überleben von Insekten vorstellen: Mit einem Insektenhotel, möglichst mit Fußbodenheizung. Die Rettung von Hunden ließen sich betuchte Mitbürger Zehntausende kosten, ein Flüchtlingsheim in der Nähe duldeten sie aber nicht.
Fußballanhänger bekamen auch ihr Fett ab. Er fürchte sich vor muskulösen Fans mit 30 Kilogramm schweren Schals, die vom Blut des Gegners getränkt seien. „Seid ihr für Bayern München?“ und der halbe Saal jubelte. „Wer für den FCN?“ und die andere Hälfte meldete sich. Als einer 1860 München nannte, wurde Matuschke barsch: „Wir reden hier vom Fußball“. Zum Schluss wurde es nostalgisch. Der erste Fernseher mit Kabel-Fernbedienung aus seiner Jugendzeit. „Damals gab es nur drei Programme“, erinnerte er sich und wandte sich an die jungen Zuschauer: „Das wisst ihr alles nicht“.
Am Ende des Abends stand der lang anhaltende Applaus von einem begeisterten Publikum. Eine der furiosen Zugaben war die Erinnerung an seinen Lieblings-Showmaster Vico Torriani, dem Schweizer Schlagersänger, Schauspieler, Showmaster und Kochbuchautor. Matuschik erzählte, tanzte und sang die Geschichte von der Bouillabaisse, eine Fischsuppe, wie sie in Marseille zubereitet wird. Und dabei zeigte der langsam ergrauende Mimi ein ganz anderes Gesicht.