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MARKTZEULN/APAZHA: Marktzeulner Kowalczyk hat großen Agrarbetrieb in Russland

MARKTZEULN/APAZHA

Marktzeulner Kowalczyk hat großen Agrarbetrieb in Russland

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    Christian Kowalczyck, ursprünglich aus Marktzeuln, bewirtschaftet in Russland 6000 Hektar Land.
    Christian Kowalczyck, ursprünglich aus Marktzeuln, bewirtschaftet in Russland 6000 Hektar Land. Foto: Ulrich Detsch

    Seit 2015 bewirtschaftet der 44-jährige Christian Kowalczyk inzwischen mittlerweile 6000 Hektar Ackerland, rund 500 Kilometer südwestlich von Moskau, in Apazha. Das wären knapp 8000 Fußballfelder aneinandergereiht. Zu Beginn seiner Arbeit wohl eher ein Traum als ein Ziel.

    Als der gebürtige Marktzeulner 2004 mit dem Agrarstudium in Triesdorf fertig ist, arbeitet er zunächst bei verschiedenen Unternehmen in Deutschland, ehe er den Landwirtschaftsbetrieb eines ehemaligen Kollegen in Russland besuchen darf: „Ich fuhr eine Woche zu ihm und habe mich von dem großen weiten Land mit seiner tollen Landschaft, den riesengroßen noch ungenutzten Potenzialen der russischen Landwirtschaft und den russischen Frauen begeistern lassen.“

    „Ich habe mir von Anfang an die Sprache selbst beigebracht, hatte nie einen Dolmetscher.“

    Christian Kowalczyk (44), Großbauer

    Das Land lässt ihn nicht mehr los: Zurück in Deutschland sucht und findet er eine Stelle als Bereichsleiter in der Pflanzenproduktion bei Ekoniva in Russland. Ab 2006 lernt Kowalczyk Land und Leute kennen und sammelt wertvolle berufliche Erfahrung. Als Deutscher wird er immer sehr gut akzeptiert, erzählt er. Er begegne den Menschen zwar streng, aber immer auf Augenhöhe. Ein wichtiger Faktor sei die Sprache: „Ich habe mir von Anfang an die Sprache selbst beigebracht, hatte nie einen Dolmetscher. In meiner ersten Arbeitsstelle konnte niemand Deutsch oder Englisch. Aber mittlerweile kann ich mich vom Mitarbeiter bis hin zum Politiker sehr gut alleine verständigen, Verträge abschließen etc. Das ist einfach ein Muss.“

    63 Angestellte und 500 Milchkühen

    Heute hat er längst keine Zeit mehr, um über die Sprache nachzudenken. Er plant und organisiert, er kontrolliert und packt auch mal mit an, wenn mal einer der riesigen Mähdrescher-Giganten streikt. Er mahnt zur Eile und Sorgfalt, treibt seine Mitarbeiter an. Er hatte und hat Power: 2015 kauft er das Areal einer ehemaligen Kolchose und führt seinen eigenen Agrarbetrieb mit 63 Angestellten und 500 Milchkühen seitdem mit seiner Frau und einem gleichberechtigten deutschen Partner.

    Familiennachmittag sonntags auf dem Mähdrescher.
    Familiennachmittag sonntags auf dem Mähdrescher. Foto: Christian Kowalczyk

    Etwas mehr als eine halbe Million Euro Eigenkapital sei seither in den Betrieb in dem 170-Seelen-Dorf geflossen. Erleichtert hätten das die niedrigen Ackerpreise: Sie betragen in der Gegend weit weniger als ein Zehntel der in Deutschland üblichen Bodenpreise. Auch andere Faktoren lassen sich schwer mit denen seiner Heimat vergleichen: In Russland verdient eine Melkerin rund 550 Euro.

    In Russland bekommt der Landwirt einen höheren Milchpreis

    Die Milcherzeugungspreise liegen momentan bei umgerechnet 41 Cent pro Liter. Das ist das, was der Landwirt bekommt. In Deutschland seien es oftmals nur 34 Cent. „Russland hat eine Selbstversorgungsrate bei der Milch um 70 bis 75 Prozent. Die Hälfte der Milch wird in kleinen hauswirtschaftlichen Betrieben mit ein bis zwei Milchkühen, aber nicht in großen Milchviehanlagen produziert. Auch die Verkaufspreise im Laden sind in Russland mit ungefähr 95 Cent bis 1,10 Euro höher“, erklärt Kowalczyk.

    Große und moderne Maschinen prägen das Bild des Agrarbetriebs von Christian Kowalczyck.
    Große und moderne Maschinen prägen das Bild des Agrarbetriebs von Christian Kowalczyck. Foto: Ulrich Detsch

    Er erlebt den Stolz der dortigen Bevölkerung auf die eigene Nahrungsmittelproduktion, weil vor allem bei tierischen Produkten nicht überall gesättigte Märkte vorliegen. „Viele Leute wollen in diesem aufstrebenden und modernen Wirtschaftszweig, mit modernen Ställen und neuer Technik arbeiten.“ Mittlerweile gibt dieser rund elf Prozent der Bevölkerung Arbeit - vorrangig bei so gannrten Agrarholdings, industriellen Großlandwirtschaften, die zwischen 30 000 und 1,3 Millionen Hektar Land bewirtschaften.

    Die Politik hat sich das Ziel gesetzt, die Selbstversorgung in Russland weiter auszubauen und Agrargüter für den Export zu stellen. Bei der Milch solle diese beispielsweise von derzeit 70 auf über 90 Prozent ausgebaut werden.

    Der 44-Jährige betreut zusätzlich landwirtschaftliche Großprojekte

    Oft ist Kowalcyzk aber auch im Land unterwegs. Gerade betreut er etwa neben seinem eigenen Betrieb noch weitere Projekte, hauptsächlich 50 000 Hektar für einen ausländischen Investor im zentralen Schwarzerde-Gebiet Woronesch, rund 600 Kilometer von seinem neuen zu Hause entfernt. Eine halbe Nacht im Auto zweimal die Woche sind hier nichts Außergewöhnliches. Manches kann er im Home-Office erledigen, bei manchen Tätigkeiten seine Familie mitnehmen.

    Jundlandwirt Hannes Kellner hilft als Praktikant mit

    Die lebt wochentags in der rund 150 Kilometer entfernten Stadt Oriol, am Wochenende und jeder freien Minute ist sie aber auf dem Hof in Apazha. Dort hilft derzeit auch der Junglandwirt Hannes Kellner aus Rothenfurt als Praktikant für zweieinhalb Monate mit, er studiert an der Technikerschulschule in Triesdorf. „Christian ermöglicht mir sehr viel, verschafft mir Kontakte und wir sind von Fremden zu engen Freunden geworden.“

    Christian Kowalczyck (links) und seine Familie haben derzeit Unterstützung von Hannes Kellner aus Deutschland. Der absolviert ein Praktikum in dem russischen Betrieb.
    Christian Kowalczyck (links) und seine Familie haben derzeit Unterstützung von Hannes Kellner aus Deutschland. Der absolviert ein Praktikum in dem russischen Betrieb. Foto: Ulrich Detsch

    Doch auch Kowalczyk hat noch Großes vor: „Ich möchte in den nächsten Jahren schon noch einige andere Projekte betreuen, aber auch meinen eigenen Betrieb weiter ausbauen: mehr Fläche, mehr moderne Technik und Technologien anwenden und eine neue Milchviehanlage bauen auf der grünen Wiese mit mehr Kühen, an die 1200 vielleicht… mehr Arbeitseffizienz, Maßnahmen für mehr Tiergesundheit und Tierwohl….“ Er könnte noch lange weitererzählen.

    Momentan wird er weiterhin zwischen den beiden Ländern pendeln. An Deutschland schätze er die stabile Gesundheitsversorgung und in ein deutsches Wirtshaus zu gehen. „Das vermisse ich wirklich!“

    „In Russland herrscht weniger Neid zwischen den Menschen.“

    Ansonsten genieße er die größere Freiheit in Russland, weniger Überwachung und vor allem weniger Neid zwischen den Menschen. „Viele Menschen in dieser Wohlstandsgesellschaft machen sich Probleme, wo gar keine sind.“

    „Heimat“ bedeutet vor allem auch seine Mutter. Er ist regelmäßig, aber selten zu Besuch bei ihr. Die modernen Medien wie Facebook, Skype etc. helfen ein bisschen darüber hinweg. Insgesamt ist er 14 Stunden unterwegs, wenn er seine Mutter und Freunde im Landkreis Lichtenfels besucht.

    Weite Flächen sind zu bewitschaften.
    Weite Flächen sind zu bewitschaften. Foto: Ulrich Detsch

    Aber es lohnt sich: „Zu Weihnachten in der Heimat gehört für mich auf jeden Fall ein Entenbraten mit Klößen und Blaukraut, dazu ein schöner deutscher Weihnachtsbaum, einmal in die Kirche gehen und auch noch einmal vor dem Fest über die Weihnachtsmärkte in Coburg oder Nürnberg zu laufen.“ So auch dieses Jahr geschehen.

    Der Bayerische Rundfunk berichtet in zwei Beiträgen ebenfalls über Christian Kowalczyck:

    Einer der auszog in Putins Reich

    Ernten in Russland

    27. Dezember, 19 Uhr: Unser Land, Bayerisches Fernsehen (Wiederholung 28.12.2019, 16.15 Uhr)

    Melken in Russland

    3. Januar 2020, 19 Uhr: Unser Land, Bayerisches Fernsehen (Wiederholung 4.1.2010, 16.15 Uhr)

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