Am riesigen Whiteboard im Sitzungssaal des Rathauses hängen, zwischen dem OT-Plakat der Gemeinderäte, Hygienevorschriften und einer Werbeschrift für Bayern-Wlan, zwei große Pläne. Sie zeigen das Projekt, das Bürgermeister Max Zeulner seit dem ersten Tag auf Schritt und Tritt begleitet: den Neubau der Bundesstraße 173. Bei den wöchentlichen Treffen versucht der Rathauschef, das Optimale für seine Gemeinde herauszuholen. Doch das ist viel schwieriger als gedacht.

Dass es nicht leicht werden würde, Bürgermeister einer klammen Kommune mit zahlreichen Herausforderungen zu sein, das war Max Zeulner schon vor der Amtsübergabe klar. Als Zweiter Bürgermeister hatte er die vergangenen sechs Jahre viele Einblicke in die Amtsgeschäfte, seit 1. Mai ist er nun selbst der Chef. „Erster Bürgermeister zu sein, ist doch ein wenig anders als Stellvertreter“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Vor allem, wenn man die Stelle mitten in der Corona-Pandemie übernimmt.
Als einzige Kommune Träger eines Kindergartens

Die ließ dem ruhigen und besonnenen 52-Jährigen keine Zeit zum langsamen Einfinden in die neuen Aufgaben: Von Anfang an war Vollgas angesagt. „Wir sind die einzige Kommune im Landkreis, die Träger eines Kindergartens ist“, sagt er. „Es war schon sehr zeitintensiv, all die Regelungen im Zusammenhang mit Corona und der Kinderbetreuung umzusetzen. Ständig kamen neue Informationen, neue Vorgaben. ständig waren neue Absprachen nötig. Hygienekonzepte zu erarbeiten, das war von Anfang an eine meiner Hauptaufgaben.“
Als vormaliger Gruppenleiter eines großen Versicherers war Zeulner das Zusammenspiel und die Koordinierung nicht fremd. „Alle haben super mitgezogen“, lobt er die Beteiligten. Und dabei sorgte der Covid-19-Virus in Hochstadt mehr als nur einmal für Sorgenfalten auf so mancher Stirn. Beispielsweise, als ausgerechnet der Kindergarten in Altenkunstadt wegen Corona geschlossen wurde, in den das Kind einer Mitarbeiterin der Hochstadter Kita ging. Oder als ein Fall aus dem Bezirksklinikum in Hochstadt gemeldet wurde. Oder als es eine besonders schwere Covid-19-Erkrankung in Hochstadt gab. Und, und, und. „Ich habe Respekt vor Corona. Zunächst hatte ich Bedenken, als Krisenmanager die richtigen Entscheidungen treffe“, gibt er zu. „Ich war einer, der lieber gebremst hat, der lieber vorsichtiger vorging.“ Dabei hatte er Rückendeckung von allen Seiten. Zeulner klopft auf den hölzernen Konferenztisch. „Es kann jeder Zeit wieder kommen, doch bislang: toi, toi, toi!“
Corona bedingt fiel die Verabschiedung bei seinem früheren Arbeitgeber aus, ebenso gab es keine Feier zum Amtsantritt. Viele Feste wurden gestrichen, Geburtstagsbesuche abgesagt. „Dennoch hatte ich in den ersten vier Monaten reichlich zu tun“, sagt er. „Aber es ist eine interessante Arbeit, mit der ich etwas bewegen kann. Dafür länger zu arbeiten, macht mir nichts aus.“ Selbst mit dem Urlaub nimmt er es nicht so genau. „Ich habe mir ein Jahr Einarbeitungszeit gegeben.“

Von Vorgänger Thomas Kneipp sei er gut eingearbeitet worden, lobt Zeulner. Er habe nahtlos an dessen Arbeiten angeknüpft. So wurde in den vergangenen Wochen die Katzogelhalle auf sparsames LED-Licht umgerüstet, Spielplätze erhielten und erhalten nach und nach neue Geräte. Der Haushalt für 2020 steht und wurde vom Landratsamt als Aufsichtsbehörde genehmigt. Einziger Kritikpunkt: „Wir sind zu billig mit unseren Wasser- und Abwassergebühren, denn sie sind nicht kostendeckend. So müssen wir notgedrungen zum Jahreswechsel erhöhen.“
Teure Aufgabe: die Wasser- und Abwasserversorgung sanieren
Die Wasser- und Abwasserversorgung wird die Kommune in den kommenden Jahren noch einiges an Geld kosten. „Wir haben unser eigenes Waser, beziehen es aus zwei Quellen. Wir müssen kräftig in die Wasseraufbereitung investieren, dann kommen Tiefbrunnen und Leitungen, von denen manche auch schon 50 bis 60 Jahre auf dem Buckel haben.“
Unterschätzt hat Zeulner nach eigenen Aussagen ein wenig den Bürokratiedschungel in Deutschland. Als Beispiel nennt er die Digitalisierung der Schule. „Wir haben nun Leih-Tablets, trotzdem geht mir das alles viel zu langsam“, sagt er. „Wenn ich aber größtmögliche Zuschüsse für unsere Kommune will, dauert das leider. Und es gibt so manche Fallstricke, wie ich lernen musste.“ Zeulner und die Schulleitung müssen warten, bis die Mühlen der Ämter mahlen. „Da bin ich manchmal etwas ungeduldig. Daran etwas zu ändern, ist aber Sache der höheren Politik.“
Lärmschutz an B 173 neu: mehr Einflussmöglichkeiten erhofft
Ernüchtert ist Zeulner auch, was die Einflussmöglichkeiten auf das Jahrhundertprojekt B173 neu angeht. „Da habe ich mir ehrlich gesagt mehr erhofft und war da vielleicht etwas zu blauäugig“, gibt er unumwunden zu. Bei den Jour fixes mit Baufirma und Staatlichem Bauamt hat er schon öfters auf Granit gebissen. Vor allem, wenn es um das Thema Lärmschutz ging. „Leider ist da nicht mehr viel herauszuholen, als im Planfeststellungsbeschuss steht.“ Was aber nicht heißt, dass der 52-Jährige aufsteckt. Immer wieder hakt er nach und spricht vor, um das Bestmögliche für die Gemeinde herauszuholen. Auch, wenn es um das Vermeiden verdreckter Straßen oder um Zufahrtsmöglichkeiten der Landwirte zu ihren Feldern geht.
Nah am Bürger sein und das Gespräch suchen, das hat Zeulner sich auf die Fahnen geschrieben. Corona bedingt ist das nur eingeschränkt möglich: Das Rathaus ist nur vormittags besetzt, die Türen werden nur nach Klingeln geöffnet. „Dennoch haben mich schon viele Bürger angesprochen und mir Wünsche und Anregungen mit auf den Weg gegeben“, sagt er. Außerdem kann es gut sein, dass man frühmorgens den Bürgermeister persönlich am Telefon hat – und keine Verwaltungsangestellte. Auch das zählt für ihn zum Bürgerservice.
„Ich bin stets bemüht, Sachen einvernehmlich zu lösen, gerne im Dialog mit den Bürgern“, sagt er. Und so werden keine formalen Briefe mehr verschickt, wenn mal ein Grabstein wackelt oder eine Zahlung ausbleibt: „Dann greife ich oder eine meiner Mitarbeiterinnen zum Telefonhörer und versuche es so zu klären.“ Die Größe der Kommune lässt dies zu.
Konstruktiv zusammenarbeiten, ohne sich das Heft aus der Hand nehmen zu lassen: Das ist ganz nach Zeulners Vorstellung. Auf seinen zwölfköpfigen Gemeinderat, in dem fünf neue Gesichter sitzen, lässt er nichts kommen. „In den Gemeinderat ist neue Sachkenntnis gekommen, von der wir alle profitieren“, findet er. Sehr zur Freude des Rathauschefs konnte, nach einer Legislaturperiode Vakanz, wieder eine Jugendbeauftragte gefunden werden. „Laura Stindl von der SPD ist zugleich die jüngste Rätin. Die Jugend liegt mir sehr am Herzen, wir werden eng zusammenarbeiten.“

Joachim Schlesinger, Zeulners Konkurrent um das Amt des Bürgermeisters, ist ebenfalls wieder im Gremium. Die Freundschaft, so Zeulner, habe unter dem Wahlkampf nicht gelitten. „Wir haben nach wie vor ein sehr gutes Miteinander, da gibt es nichts“, betont der Rathauschef. „Für mich gilt die Devise: Ich muss nicht immer recht haben, bin für Argumente immer offen und dankbar für gute Lösungsansätze. Aber ich möchte die letzte Entscheidungskompetenz haben.“
Stück für Stück etwas mehr Normalität zurückgewinnen
Was er von seinem früheren Arbeitgeber vermisst, sind seine Gruppe und die geselligen Mittagsrunden. Ein gutes Team habe er nach 35 Jahren verlassen müssen, so Zeulner, gleichzeitig aber eine tolles neue Mannschaft gefunden. Nun hofft er, Stück für Stück wieder etwas mehr Normalität zurückgewinnen zu können. So ist das geliebte Radfahren in den vergangenen Monaten zu kurz genommen. Auch wurde sein Skiurlaub im Frühjahr im Tuxertal Corona bedingt gestrichen. „Ich will wieder häufiger Fahrrad fahren und für März buchen wir im Tuxertal. In der Hoffnung, dass der Skiurlaub nicht ein zweites Mal ausfällt.“ Eine seiner Leidenschaften konnte er in Zeiten von Corona jedoch beibehalten und sogar intensivieren: das Grillen von Bratwürsten, Steaks und Spare Ribs. In den „Wir bleiben daheim“-Zeiten war das ein wenig Balsam für die von Covid-19 geplagte Seele.