Wenn es um alte Fahrräder geht, dann bekommt Daniel Himmel aus Michelau glänzende Augen. „Ich bin von Beruf aus Koch und hab viel Stress auf der Arbeit. Aber wenn ich von der Arbeit heimkomme, gehe ich in meine Garage und schraube an alten Fahrrädern. Das entspannt mich“, verrät er. Man mag den Kopf schütteln über so viel Begeisterung für verrostete Drahtesel. Doch wenn Daniel Himmel zu erzählen anfängt und man sich seine Sammlerstücke aus der Nähe anschaut, dann ist man unwillkürlich selbst fasziniert von so viel Leidenschaft für ein ausgefallenes Hobby.
„Angefangen hat das bei mir schon im Alter von sechs bis sieben Jahren. Damals hatte mein Onkel Uwe Himmel in seiner Garage ein uraltes NSU-Fahrrad stehen, schön mit Stempelbremse und einem riesengroßen Ledersattel. Da hat man mich damals drauf gesetzt, obwohl meine Füße nicht einmal bis zu den Pedalen reichten. Das hat mich als Kind echt fasziniert“, so beschriebt er seine erste Begegnung zu seinen heutigen Lieblingsobjekten.
Mit Fahrrädern vom Sperrmüll fängt es an
„Mein Onkel hatte immer Fahrräder vom Sperrmüll oder vom Schrottplatz. Als Kind wächst man ja sehr schnell aus einem Fahrrad raus. Wurde das Kinderfahrrad zu klein, dann wurde ein weiteres, etwas größeres Fahrrad hergerichtet.“
Den nächsten Impuls gab es auf dem Oldtimer-Treffen in Michelau. Daniel Himmel begeisterte sich für die alten Autos und Motorräder. Doch die konnte man sich als Jugendlicher halt nicht leisten. Der günstigste Oldtimer war eben ein Fahrrad. Auf einem Flohmarkt in Schney bot jemand für 25 Euro einen Scheunen-Fund an. Die Felgen waren krumm, die Reifen platt, aber für 25 Euro konnte man nichts verkehrt machen.
„Ich hab das Ding heimgeschleppt, es zerlegt, und damit war ich infiziert vom Fahrrad-Oldtimer-Virus. Das Fahrrad hab ich heute noch“, schwärmt er.
Von findigen Konstrukteuren
Es ist schon frappierend, was sich die Konstrukteure damals einfallen ließen. Etwa das Fahrrad mit dem Wirtshauslenker. Den konnte man mit wenigen Handgriffen abnehmen und mit ins Wirtshaus nehmen, damit das Fahrrad draußen nicht geklaut wurde. Umgekehrt montiert wurde der Lenker zum nach unter gebogenen „Rennrad-Lenker.“ In die Kirche fuhr man am Sonntag dagegen aufgerichtet mit hochgestelltem Lenker.
Immer tiefer tauchte Daniel Himmel in die Geschichte der Fahrräder ein. Er kauft sich Fachbücher und war überrascht wie viele Fahrradhersteller es in Deutschland gab. Nach dem 2. Weltkrieg waren es mehrere tausende. Man weiß das sicher von den Steuerkopfschildern. Das sind heute beliebte Sammlerobjekt, die früher am Gabelholm befestigt waren. Rund 5000 Abbildungen von deutschen Herstellern findet man allein im Handbuch Deutscher Fahrradmarken das im Maxime-Verlag erschienen ist.
Aufschlussreich sind auch die Schutzblechreiter, die oben auf dem Schutzblech des Vorderrads befestigt waren. Was bei der Nobelkarosse heute der Mercedesstern ist, das war bei den Fahrrädern das Rennpferd von Stricker, der Windhund aus Neumarkt bei Nürnberg oder die Schwalbe aus der gleichnamigen Duisburger Fahrradfabrik.
Ein Kasten voller Schätze
„Von diesen Reitern hab ich etwa 300 Stück“, verkündet Daniel Himmel und präsentiert stolz einen Kasten mit ausgewählten Sammlerstücken auf schwarzem Untergrund.

Um so etwas zu sammeln, muss man ständig aktiv sein. „Ich grase alle Flohmärkte ab“, ständig durchforstet er die Ebay Kleinanzeigen. Interessant ist die Preisentwicklung selbst für solche Kleinteile. Die sind oft noch für 20 bis 50 Euro zu bekommen mit Tendenz nach oben. Für ein altes restauriertes Fahrrad zahlt man bei Ebay locker 1500 Euro. „Das ist aber okay so“, verrät Daniel Himmel und fügt hinzu „wenn man mit so einem Fahrrad bei der Eisdiele vorfährt, erregt man mehr Aufmerksamkeit als mit einem E-Bike“.
Schwierig wird es manchmal wenn bestimmte Teile fehlen, um ein Fahrrad originalgetreu wieder herzustellen. Da hilft Gott sei dank das Internet weiter. Da gibt es verschiedene Foren auf denen man sich gegenseitig unterstützt.
Momentan besitzt er etwa fünfzehn bis zwanzig alte Fahrräder. „Wenn es ein wirklich interessantes Fahrrad ist, dann ist mir kein Weg zu weit.“ Das jüngste Exemplar hat er in Ingolstadt abgeholt. Die wirklich besonderen Stücke würde er auch nicht wieder weitergeben oder verkaufen. „Manche Fahrräder werden einfach nicht mehr angeboten. Man kann mit allem Geld der Welt so ein Fahrrad nicht kaufen, so unglaublich das klingt“.
Lange auf der Jagd war er nach einem Anker Sichelrad. Namengebend ist hier die Form der Vorderrad-Gabel. Diese Konstruktion war zugleich der Ursprung der Federgabel. „Lange Zeit habe ich gesucht, um so ein Fahrrad zu finden. Von diesen Rädern wurden nur wenige gebaut aber ich habe jetzt eines.“
Etwa 80 bis 100 Arbeitsstunden muss er noch investieren, um das Fahrrad wieder flott zu machen. Das gute dabei, man braucht kein großes Spezialwerkzeug. Jeder normale Werkzeugkasten enthält alles, was man braucht, um ein Fahrrad zu reparieren. Selbst eine verzogene Felge kann man mit einem Felgenzentrierständer wieder rund machen.
Wichtig dabei ist es, das Fahrrad in einen Zustand zu versetzen, der dem ursprünglichen Original möglichst nahe kommt. „Das Stück muss eine Geschichte erzählen. Meine Fahrräder, auch die die 1938 gebaut wurden, sind alle im Originalzustand. Das Fahrrad wird zerlegt, gereinigt, die Lager werden gefettet, defekte und fehlende Teile werden originalgetreu ersetzt“.
Noch mit alter Stempelbremse
Ein kritischer Punkt ist natürlich die Verkehrssicherheit. Alte Fahrräder haben oft noch eine Stempelbremse. Früher gab?s ja noch Dynamos für die Stromversorgung, heute hat man LED-Lampen und in den Rädern sitzen Reflektoren. Die Reflektoren müssen heute nachgerüstet werden. Doch für die meisten Liebhaber sind die alten Fahrräder reine Sammlerstücke die nicht mehr im Straßenverkehr gefahren werden. Oft werden solche Fahrräder auch nicht verkauft sondern man tauscht sie in Sammlerkreisen untereinander.

Im Umkreis von 100 Kilometern gibt es durchaus Gleichgesinnte, 15 bis 20 vielleicht. Hilfreich ist auch hier das Internet. So hat Daniel Himmel auch eine eigene Seite auf Instagram. Dort findet man ihn unter „hottn_dottn_two_wheelers“ mit rund 250 eigenen Beiträgen und über 500 Followern.
Seine Mutter hat es akzeptiert: „Ich sag schon nichts mehr, wenn er mal wieder ein altes Fahrrad anschleppt“. Daniel Himmel brennt weiter für sein Hobby: „Es bereitet mir sehr viel Spaß und ich hoffe, dass es irgendwann einmal auch eine Investition für die Zukunft sein könnte. Denn ein Fahrrad, das ist der günstigste Oldtimer den man sich leisten kann. Sein größter Traum wäre es, die alten Fahrräder in einer alten Scheune oder Fabrikhalle auszustellen, wo er dann alle Interessierten, Eltern und Kinder, zu Führungen einladen könnte.