Schon lange bevor am Obermain die ersten Christbäume ihren Weg in die Wohnungen fanden, gab es ein Requisit, das selbstverständlich zum Weihnachtsfest gehörte: die Krippe. Der heilige Franziskus von Assisi hat sie gewissermaßen erfunden: Im Jahr 1223 hat er im Wald von Greccio seine erste, berühmt gewordene Krippenfeier abgehalten.
Der Ordensgründer hatte einen heimischen Künstler beauftragt, eine Krippe mit Heu und Stroh bereitzustellen und sie in einer Lichtung im Wald aufzubauen. Die Botschaft von Weihnachten hat der heilige Franz nicht mit großen Worten oder einer langen Predigt verkündet. Er hat Weihnachten nachgestellt, mit Menschen und lebenden Tieren. Wahrscheinlich hat es sich dabei um ein Krippenspiel gehandelt, so wie es auch heute noch in vielen Kirchen im Lichtenfelser Land in der Weihnachtszeit von den Kindern aufgeführt wird.
Weihnachtskrippen kann man in Franken seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts feststellen. Schon 1615 wurden für die Krippe von St. Martin in Bamberg geschnitzte Figuren angeschafft. Und 1628 lesen wir in einem Gesangbuch, das vom Bamberger Kaplan Johann Degen herausgegeben wurde: „Weihnachtliche Gesänge, die man von alters bey dem Krippelein gesungen zu Lob und Ehren der gnadenreichen Geburt Christi.“
Die erste Krippe in Lichtenfels ist für das Jahr 1713 bezeugt. Immer wieder tauchen zu dieser Zeit in den Rechnungen der Kirchengemeinden Ausgaben für Schreiner auf, die „etliche Arbeit zum Krippelein“ beigetragen haben.
1803 verbot die Regierung das Bauen und Aufstellen von Krippen
Freilich fand die Begeisterung für die Weihnachtskrippen bald schon ein jähes Ende: 1803 wurde von der bayerischen Regierung das „Krippenbau- und -aufstellverbot“ zu Bamberg erlassen. Die Krippe, so die Begründung, war nötig, um den ungebildeten Gottesdienstbesuchern das Weihnachtsgeschehen bildlich vor Augen zu stellen. Die mangelnde religiöse Bildung war der Grund, warum es überhaupt Krippendarstellungen gegeben hat. Dazu eine Passage aus dem Krippenverbot von 1803: „Da die Einwohner der fränkischen Provinzen seit geraumer Zeit so weit in der religiösen Aufklärung fortgeschritten, und die Unterrichtsanstalten schon lange dahin gediehen sind, dass es solcher Vehikel zur religiösen Aufklärung und Belehrung nicht mehr bedarf; – da die Krippen meistens schon abgeschafft sind (…); so werden die Beamten und Pfarrer angewiesen, die Aufstellung der Krippen in den Kirchen ihrer Amts- und Pfarreybezirke, wo sie bisher noch üblich war, künftig nicht mehr zu gestatten.“ Mit anderen Worten: Die Aufklärung hatte ihr Ziel erreicht. Die Gottesdienstbesucher benötigten nicht mehr solche einfachen Darstellungen, um das Geheimnis der Weihnacht zu verstehen.
Doch das Krippenverbot hielt nicht lange an und schon 1825 wurde es von König Ludwig I. wieder aufgehoben. In der Folge entwickelte sich in Franken eine regelrechte Krippenkunst. Nicht nur in den Kirchen, sondern auch in vielen Wohnungen und Häusern wurden Krippen angeschafft. Dazu gehörte nicht nur der Erwerb der Figuren, mit denen das heilige Geschehen nachgestellt werden konnte. Auch die Gestaltung einer mehr oder weniger aufwändigen Landschaft, in die hinein das Wunder der Heiligen Nacht gesetzt wurde, gehörte zu diesem Krippenbrauchtum dazu.

Eine schöne Tradition, die man besonders in den Tagen zwischen Heiligabend und Dreikönig pflegen kann, ist das Krippenschauen. Dabei zieht man von Haus zu Haus, von Kirche zu Kirche und bewundert die Krippen, die dort aufgestellt sind. Jede Familie hat ihre eigene Krippe, in jeder Kirche ist die Weihnachtskrippe anders gestaltet. Die Darstellungen laden zum Entdecken ein. Aber sie sind auch eine Anregung, sich neu auf das zu besinnen, was das Zentrum der Feier der Weihnacht ist: Dass Jesus geboren wurde, dass Gott im Krippenkind von Bethlehem Mensch geworden ist.
Kunstvolle Krippenfiguren aus Holz oder Pappmache
Bei uns am Obermain gibt es in vielen Kirchen in diesen weihnachtlichen Tagen Krippendarstellungen, die einen Besuch lohnen. Mit besonderer Sorgfalt wird Jahr für Jahr wieder die große Krippe in der Basilika Vierzehnheiligen aufgebaut. Sie setzt das Ereignis von Bethlehem mitten hinein in unsere oberfränkische Heimat. Gegenüber von Vierzehnheiligen, in der Klosterkirche von Banz, hat man erst im vergangenen Jahr eine neue Krippe angeschafft. Die neuen Krippenfiguren stammen von der Firma Marolin aus Steinach in Thüringen. Solche Pappmache-Figuren sind auch in vielen Haushalten am Obermain verbreitet: Die Firma Rudolf Apel aus Oberlind fertigte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Krippenfiguren aus Papiermache. Aus dem benachbarten Thüringen haben viele solche Figuren ihren Weg in die Haushalte im Lichtenfelser Land gefunden.
Eine besondere Einladung zum Krippenschauen gibt es natürlich in der Domstadt Bamberg: Der „Bamberger Krippenweg“ hat sich seit vielen Jahren etabliert. Ob die große barocke Krippe in der Oberen Pfarre oder die sehenswerte Sammlung, die im Krippenmuseum in der alten Bonbonkocherei ausgestellt ist: Jedes Jahr gibt es auf dem Krippenweg etwas Neues zu entdecken.
Auf Entdeckungsreise in den Kirchen der Region
In einer Zeit, die vom Abstandhalten und Kontaktbeschränkungen geprägt ist, lädt das Krippenschauen ein, zusammen mit der eigenen Familie von Kirche zu Kirche zu gehen. Auch bei uns am Obermain kann man viele ansprechende Krippendarstellungen bewundern. Und manchmal verbirgt sich in so mancher unscheinbarer Kirche ein wahrer Krippenschatz, den man in dieser Weihnachtszeit wieder entdecken kann.