Endlich war es möglich, eine Gründungsversammlung zum Projekt „Marktgraitzer Dorfladen“ abzuhalten. Es waren zwar „nur“ 35 Bürgerinnen und Bürger in die Turnhalle gekommen. Sie zeigten dafür aber deutlich ihre breite Zustimmung zum Dorfladen.
Zufrieden zeigte sich auch Bürgermeister Jochen Partheymüller, dass es endlich weitergeht. Eine Gründungsversammlung war schonim März 2020 vorgesehen, aber wie hinreichend bekannt, ging ab 16. März wegen der Corona-Pandemie nichts mehr, blickte der Bürgermeister bei seiner Begrüßung zurück. Da sich schon Arbeitskreise gebildet hatten, wurde die Zeit genutzt und das, was machbar war, weiter verfolgt.
Umsatzzuwachs von über zehn Prozent in der Pandemie
Die Corona-Pandemie habe sehr deutlich gemacht, wie wichtig es ist, eine Versorgungsstelle vor Ort zu haben: Die Dorfläden in Bayern hatten einen Umsatzzuwachs von über zehn Prozent zu verzeichnen, gab Partheymüller bekannt.
In Marktgraitz soll der Dorfladen als Genossenschaft konzipiert sein. Es wird mit einer Investitionsgrundlage von 410 000 Euro gerechnet. Etwa 300 000 Euro sind aus dem dafür aufgelegten Zuschussprogramm des Amtes für ländliche Entwicklung zu erwarten. 40 000 Euro kämen aus Krediten und für 70 000 Euro müssten Anteile verkauft werden, wobei ein Anteil 300 Euro koste.

In Marktzeuln sind schon 174 Anteile gezeichnet worden
Mit nur zehn bis zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmern könnte man schlecht beginnen. Im Nachbarort Marktzeuln, wo schon fleißig gebaut wird, haben bereits 174 Bürgerinnen und Bürger Anteile gezeichnet, berichtete der Bürgermeister.
In Marktgraitz waren es vor der Versammlung schon mehr als zehn, mit der Gründungsversammlung kamen 30 weitere dazu. Jochen Partheymüller macht das keine Sorgen: Zu Corona-Zeiten sei bei Veranstaltungen der Zuspruch relativ niedrig. Und auch bei anderen geplanten Dorfläden habe die Zeichnung von Anteilen erst nach der Gründungsversammlung richtig Fahrt aufgenommen.
Schwerpunkt auf regionalen Lebensmitteln
Standort wird die ehemalige Bäckerei Hornung sein. Der Dorfladen werde kein reiner Tante-Emma-Laden, aber auch kein Supermarkt: „Wir werden irgendwo dazwischen liegen.“ Neben normaler Werbung und den damit verbundenen Angeboten soll es auch eine „Dorfladen-App“ geben.
Ein Planumsatz sollte nach ersten Berechnungen bei etwa 400 000 Euro jährlich liegen. Das bedeute auf die Bevölkerung umgerechnet eine Pro-Kopf-Ausgabe von 7,31 Euro in der Woche. Der Schwerpunkt des Bediensortiments soll auf Backwaren, Bioprodukten, frischem Obst und Gemüse, regionalen Produkten und sonstigen Lebensmitteln liegen. Die Direktvermarkter Obermain-Jura hätten sich schon bereit erklärt, regionaltypische Spezialitäten direkt vom Erzeuger zu liefern.
Café, Lottoannahme, Paketshop, Bestell- und Lieferservice, Bücherei
Aber auch andere Serviceleistungen sind geplant. So sollen ein kleines Tagesbistro, ein Bestell- und Lieferservice, ein Café zur Begegnung, eine Lottoannahmestelle, auch eine Geldauszahlung, ein Paketshop und eventuell eine kleine Tauschbücherei möglich sein. Überlegt werden auch Sonderverkäufe oder Mitwirkungen bei Vereinsveranstaltungen.
Projektbegleiter Wolfgang Gröll vom Dorfladen-Netzwerk „Newway“ erläuterte die rechtlichen Belange der Bürgergemeinschaft, also der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Als Rechtsform für den Dorfladen wurde die UG (Unternehmergesellschaft) gewählt. Für diese herrschen genossenschaftsähnliche Grundsätze. Oberstes Ziel sei nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung. Umsätze ähnlicher Dorfläden würden sich auf etwa 350 000 Euro pro Jahr belaufen.
Mindestens 300 Euro, keine Grenze nach oben
Jeder Bürger und jede Bürgerin können sich beteiligen. Die Mindesteinlage eines zu zeichnende Anteils betrage 300 Euro, nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Die Zeichnung von Anteilen ist bis zum 30. November möglich. Wichtig ist, dass die Gesellschafter und Gesellschafterinnen nur begrenzt mit ihrer Einlage haften. Darüber hinausgehende Haftungen würden ausgeschlossen. Die Mindestlaufzeit betrage zehn Jahre.

Die Stimmberechtigung richte sich nach Einzelpersonen und nicht nach der Höhe der einzeln gezeichneten Kapitaleinlagen. In der Gesellschafterversammlung hätten dann alle Mitspracherecht. Personalfragen könnten ebenso wie die Überlegungen zu benötigtem Inventar erst nach der Gründung erörtert werden.
Anschließend stellten Wolfgang Kröll und Bürgermeister Jochen Partheymüller die dazu gehörenden schriftlichen Grundvoraussetzungen und Regularien des Dorfladens vor, die einstimmig von der Gründungsversammlung gebilligt wurden. Dazu gehörte auch die Wahl von Gesellschaftsräten. Diese sind neben Bürgermeister Jochen Partheymüller Natalie Grammon, Stefan Stumpf und Michael Beier.