Es war gerade mal ein Lied verklungen, da bat Sänger Bernd Simon von den „Bluespapas“ aus Darmstadt schon um Zurückhaltung: „Bitte noch keine Ekstase. Das Haus ist schon am Rocken – wo soll das noch hinführen?“

Die Antwort lieferte die Gruppe in einem famosen 90-minütigen Konzert, das den Fans der 31. Schmölzer Bluestage im Festzelt gegenüber dem Schloss hervorragend mundete. Simons sanft dahin getupften Gitarrenakkorde, Thomas Heldmanns entspannter Bass und die wehmütigen Mundharmonika-Klänge von Rainer Lenz ließen bei dem George-Gershwin-Klassiker „Summertime“ vor dem geistigen Auge der Besucher Bilder eines unbeschwerten Sommertages lebendig werden.
Locker vom Hocker

Locker vom Hocker öffneten die drei fidelen Hessen am Freitagabend eine knallbunte Wundertüte des Blues. Sie weckte die unterschiedlichsten Emotionen, sorgte mit Ohrwürmern und Raritäten für Abwechslung und offerierte sogar einen Punksong. „Thunderbird“ hieß der Titel aus der Feder der amerikanischen Punkblues-Combo „The Gories“, mit denen das putzmuntere Trio das Publikum zum Abschluss eines erstklassigen Gastspiels noch einmal so richtig aufwühlte.
Zu Beginn des Abends hatte Uwe Angermüller aus Schmölz die Blues-Liebhaber begrüßt, von denen in diesem Jahr nicht so viele in den Küpser Ortsteil gepilgert waren. Seit 31 Jahre organisiert er mit Gleichgesinnten die Bluestage. An seiner Hose baumelte der Veranstalterausweis, auf dem ganz fett in Fränkisch geschrieben steht: „Dä wu nie aufhöö mouch.“
Fortsetzung in Gefahr?
„Blues tut mir gut, weil er in mir Freude, Melancholie und Zufriedenheit auslöst“, sagte der Veranstalter. Auf dem Ausweis stand aber auch eine unverhohlene Drohung: „31 Jahre ,Schmölzer‘ – langt“.

Die Organisation zehre schon gehörig an einem, vor allem, wenn man nicht mehr der Jüngste sei und auf die 60 zugehe, gab der Blues-Enthusiast offen zu. Ob es eine Fortsetzung geben werde, wollte er weder bejahen noch ausschließen.
Auf das laue Darmstadter Blueslüftchen folgte ein Bluesrock-Orkan. Lange Bärte, Sonnenbrillen, Glitzeranzüge, dazu beleuchtete Mikrofonständer, ein Schlagzeugset, das dem Labor von Daniel Düsentrieb entsprungen sein könnte, und Hits am Fließband, wie „Gimme All Your Lovin‘“ , „Tush“ oder „I Love My Automobile“ – bei alledem fragte man sich unwillkürlich: „Sind das nicht die Herren von der weltberühmten Bluesrock-Combo ,ZZ Top‘ aus Texas?“
Einladung zum Tanz

Es waren nur ihre Doppelgänger aus dem tschechischen Litovel, die musikalisch ihren Vorbildern nicht das Wasser reichen konnten. Michael Zlamal (Gesang und Gitarre), Mirek Nakladal (Bass und Gesang) und Radek Staffa (Schlagzeug und Gesang) bildeten zusammen eine gut geölte Hitmaschine, der es nicht so recht gelang, den Funken auf das Publikum überspringen zu lassen.
Am Samstagabend hatten sich deutlich mehr Besucher eingefunden. Das Quartett „Toy Dog Smugglers“ aus München war das perfekte Vorspiel zu den bluesigen Hardrock-Eruptionen, die ein Trio aus der schönen Schweiz noch entfachen sollte. Treibende Songs luden zum Tanzen ein, wovon rege Gebrauch gemacht wurde. Bei ruhigeren Songs lauschten die Fans in sich gekehrt dem harmonischen Miteinander der Gitarristen Niels Cremer und Ernst Müller, das sich auf dem Rhythmus-Fundament von Schlagzeuger Tombo Ott und Bassist Jamie Ransom perfekt entfaltete.
Rampensau

Philipp Gerber von der Gruppe „Bluedög“ aus Solothurn ist eine Rampensau. Eine, die keine Verschnaufpause kennt. Eine, die feurigen Jodel-Scat-Gesang aus ihrer Kehle krächzt. Eine, die ihre Klampfe mit der Zunge, auf dem Rücken oder inmitten des Publikums spielt. So geschehen bei den Schmölzer Bluestagen. Für die tanzenden und johlenden Besucher war das der Gipfel des Bluesrock-Genusses.
Beim Frühschoppen am Sonntag gingen „Bluedög“ in die Verlängerung, ehe dann die tschechische Band „Steven´s“ den musikalischen Reigen beendete.