Schon seit frühen Zeiten waren die Marktzeulner ein Volk, das sehr auf Gesundheit und Hygiene bedacht war. Natürlich nicht nur die Zeulner, aber von denen und ihren Bemühungen zur körperlichen Unversehrtheit soll hier berichtet werden.
Bereits im 16. Jahrhundert gab es im Ort das Gewerbe des Baders. Ein Bader war bis ins 20. Jahrhundert hinein Chirurg, Heilpraktiker, Sanitäter, Dentist, Apotheker, Masseur und Friseur in einem. Also ein recht anspruchsvoller Beruf. Schon deshalb musste ein Bader, der früher vom Dorfmeister berufen wurde, ehrbar und sittsam sein, Schreiben, Rechnen und Lesen können und mindestens ein Jahr außerhalb des Ortes gearbeitet haben, um sein Wissen zu vertiefen.
Gebadet wurde streng nach Geschlechtern getrennt

Die Chronik berichtet, dass dies nicht immer klappte, gab es doch um 1635 einen Bader, der angeblich seine Pflichten grob vernachlässigte, indem er während des Bades „reichlich Branndtweyn“ verabreichte und es mit der „geziemmendten Schamhaftigkeitt“ nicht so genau nahm. Vor allem während der Einquartierungszeit von Soldaten geschahen „Verrichtungen, die er nit auszusprechen, geschweige niddenzuschreiben wage“.
Das wöchentliche Bad für die Bevölkerung war jedenfalls Aufgabe des Baders, das erste Badhaus in Marktzeuln stand im unteren Dorf in der heutigen Brauhausstraße. Das Badhaus war stets im Besitz der Gemeinde. Gebadet wurde am Samstag, streng getrennt nach Geschlechtern. Am Vormittag die Frauen und Kleinkinder, am Nachmittag die Männer. Um dem Ansturm gerecht zu werden, wurden in der Badstube mehrere große Bottiche aufgestellt, in denen jeweils vier Personen Platz hatten.
Zwei Schillinge pro Person kostete die wöchentliche Reinigung

Es war nicht gestattet, ohne Vorreinigung in den Zuber zu steigen. Es wurde nackt gebadet, nicht mit „trüben und stinkenden Laken“. Die wöchentliche Reinigung war Pflicht für jeden Bürger und wurde vom Bader akribisch überwacht, zumal er für seinen Dienst pro Person zwei Schillinge kassieren durfte.
Medizinische Versorgung seitens des Baders gab es nur im Notfall am Sonntag. Samstag war, wie beschrieben, Badetag, und die übrigen Werktage galten der Wundbehandlung, Haar- und Bartschererei, dem Nägelschneiden, Zahnziehen, der Arzneizubereitung, dem Schröpfen und Aderlassen, ja selbst kleineren chirurgischen Eingriffen.
Beißholz bei Schmerzen, Alkoholika zur Zahnbehandlung

Dass es dabei nicht unbedingt zimperlich zuging, zeigt schon die Art der Instrumente aus dieser Zeit. Narkotika im heutigen Sinn gab es nicht, ein Beißholz und für die Zahnbehandlung vielleicht noch Alkoholika mussten genügen. Nicht umsonst gibt es im fränkischen den Ausspruch „Dää schreid wie beim Zoobreche“. Alles in allem war dies doch eine wichtige hygienische Einrichtung, um Krankheiten und Seuchen vom Ort fernzuhalten.
Der letzte Bader im klassischen Sinn war Hans Eberth („Boude Äabed“), er lebte von 1878 bis 1941 und hatte seine Praxis von 1922 bis 1941 in der heutigen Schwürbitzer Straße 3. Sein Sohn Karl war ebenfalls Dentist, übte den Beruf aber nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich aber schon länger Apotheker und Ärzte in Zeuln etabliert, auch die Friseure bildeten eine eigene Gilde.
Wenn der Geruch im Wartezimmer Knieschlottern verursacht

So wirkte schon von 1818 bis 1863 Dr. Johann Heckel als Arzt im Ort. Er war auch Gründer der Schützengesellschaft 1820. Ihm folgte sein Sohn Josef Heckel. Dann Dr. Heinrich Kopp, Dr. Alfons Hug und von 1954 bis 1987 Dr. Hans Keppel und Dr. Heinz Richter. Die Gemeinschaftspraxis Dres. Karl Kohles und Josef Zipfel hatte die medizinische Versorgung bis 2016 inne, seitdem praktiziert Dr. Heike Nottrodt in Marktzeuln in neuen Räumen am Ortsausgang Richtung Schwürbitz.
Von 1948 bis 1990 war Theo Mehringer als Zahnarzt in Marktzeuln tätig. Einmal jährlich kam er zur Untersuchung der Schüler in die Volksschule. Zeitgenossen werden sich noch erinnern, wie es war, wenn man mit Karies und von vielen Süßigkeiten geschundenen Kauwerkzeugen in die Quellengasse vorgeladen wurde. Schon der typische Duft nach Chlorphenol-Kampfer-Menthol-Lösung im Wartezimmer mit den Rattan-Sesseln verursachte Knieschlottern und Herzklopfen, und die Behandlung war nicht immer schmerzfrei.
Ein Bonbon zur Belohnung nach der Behandlung
Dafür gab es danach von der Frau Mehringer einen Bonbon zur Belohnung. Gut für?s Folgegeschäft? Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt. Seit 2003 ist Dr. med. dent. Michael Popp mit seinem Team für die zahnmedizinische Versorgung in Marktzeuln zuständig.
Bereits 1864 gab es eine Apotheke in Zeuln, etwa in der Ortsmitte, heute „Oberm Rathaus“. Diese Straße hieß auch früher im Volksmund „Apothekersberg“. Apotheker war damals Ludwig Schmied, gefolgt von Josef Sander und Andreas Eichberger. Mit Karl Weber (1932 bis 1958) zog die Apotheke um ins „Osta-Haus“, wo auch Dr. Keppel seine Praxis hatte. Dann folgte Josef Langer, und als 1970 Hartmut Kowalczyk übernahm, zog man als „Frankenapotheke“ in neue Räume in der Schwürbitzer Straße. Ihm folgte Thilo Hanft und danach bis heute Marco Saliger.
Vom einfachen Zopf zu Bubikopf und Dauerwelle
Friseure nahmen Anfang des 20. Jahrhunderts ebenfalls die Tätigkeit der Bader auf. Bartscheren und „Haarabschlagen“ wurden in einem eigenen Handwerk zur Kunst. Dabei überwog zusehends die weibliche Kundschaft, was in den Generationen zuvor undenkbar war. Man flocht als Frau die Haare zu einem Zopf, und das war‘s. Kamen in den 1920-ern bei mutigen Damen Bubikopf und Wasserwelle in Mode, waren es in den 1950-ern Rockabilly, Dauerwelle, Herrenwinker und Pony. Heute sind der Fantasie der Coiffeure keine Grenzen mehr gesetzt.
Gegenwärtig gibt es zwei Frisiersalons in Marktzeuln, den „Figaro Linz“ und den Salon „Kathrin“. Beide Betriebe können auf mehrere Generationen des Handwerks zurückblicken. Heinrich und Elisabeth Linz gründeten nach dem Krieg 1948 ihren Friseursalon, damals in einem Gebäude am Flecken, nahe der alten Apotheke. Viel zu früh, 1967, starb Heinrich Linz, und die Witwe führte den Betrieb, der inzwischen im neuen Haus in der Marktstraße war, mit einer Gesellin und einem Lehrmädchen weiter, bis Sohn Michael 1971 seine Lehre beendete und 1975 mit Erfolg die Meisterprüfung ablegte. Michael Linz, in Zeuln nur „Figaro“ genannt, führt bis heute das Geschäft zusammen mit seiner Frau Elfriede.
Schere und Kamm statt Dämmerschoppen
Lange vor dem Zweiten Weltkrieg gab es noch den Friseur Hans Backert mit seinem Geschäft am Flecken. Als er 1957 starb, übernahm sein Schwiegersohn Alois Zipfel den Laden. Ohne Friseurausbildung, nur vom Schwiegervater angelernt, versorgte er viele Zeulner Kunden zur Zufriedenheit. Auch der Autor hat bei ihm als Knabe einige Haare gelassen. Wenn seine Siemens-Kollegen nach der Arbeit zum Dämmerschoppen schritten, nahm der Alois Schere und Kamm zur Hand und ging seinem Zweitberuf nach.
Tochter Ruth Doppel führte in der Folge den Salon weiter, später im neuen Gebäude am Sandersgarten. Heute arbeitet deren Tochter Kathrin Schlottke in vierter Generation in ihrem eigenen Salon in der Goethestraße.
Spätestens in den 1930-ern hatte jeder seine Zinkwanne zuhause
Bis in die 1960-er Jahre gab es noch einen Friseur namens Georg Fischer, genannt „Steuber“, in der heutigen Pfarrgasse. Von ihm ist nur bekannt, dass er sich notfalls auch mal mit flüssigen, hochprozentigen Naturalien bezahlen ließ.
Das öffentliche Bad am Samstag verlor über die Jahrhunderte auch an Bedeutung, spätestens in den 1930-er Jahren hatte jeder zuhause eine Zinkwanne, in den Neubaugebieten der 1960-er waren dann Badezimmer schon Standard, und heutzutage bieten die Badausstatter Einrichtungen an von der Regenwalddusche über Whirlpool-Wannen bis zu ferngesteuerten Luxus-Klosetts mit indirekter Beleuchtung. Da kommt man schnell in die Preisregion einer Oberklassenlimousine. Reinlichkeit hat eben ihren Preis. Heute wie vor 400 Jahren.
Geschichtliche Quellen zum Teil aus „Episcopalis est Zeuln“ von Prof. Dr. Dr. Rüdiger Feulner.