Ein Reise-Abenteuer in Corona-Zeiten schildert unsere freier Mitarbeiter Heinz Fischer:
„Thomas, der Sohn meines Nachbarn, hatte die Idee: Wir könnten mal eine Trike-Tour durch Deutschland machen. Trikes, das sind Fahrzeuge die hinten zwei, vorne ein Rad haben. In der Mitte sitzt man im Freien. Gesagt, getan, in München-Haar kennt Thomas einen Vermieter. Also holen wir am Freitagabend die Fahrzeuge ab. Die Übergabe erfolgt in einer Tiefgarage, wo Verleiher Charly in einem ausgedienten VW-Bus sein Büro hat. Kurze Einweisung und Probefahrt durch den Charly.
1500 ccm und 110 PS versprechen Fahrspaß
Vierzylinder mit 1500 Kubikzentimter (ccm) und 110 Pferdestärken (PS) versprechen Fahrspaß. Die Euro-6 Motoren beruhigen das Umweltgewissen. Bremse und Kupplung wie beim Auto, Gas am rechten Lenker, geschaltet wird in der Mitte. Mit der linken Hand. Man gewöhnt sich bald dran. Wir überführen die drei Geräte erst einmal nach Lohkirchen zu Thomas, wo wir noch einmal übernachten.

Tag 1: Thomas und Freundin Vreni auf einem Trike, der Nachbar Reiner und ich jeweils ein weiteres. Die Route führt über Dingolfing und Straubing in den Bayerischen Wald. Waldmünchen, Oberviechtach und Weiden liegen auf dem Weg. Thomas hat eine spezielle Motorrad-Navigations-App, die konsequent Autobahnen meidet und möglichst kurvige Strecken sucht.
Ganz schön anstrengend. Kurve anpeilen, am Scheitelpunkt einlenken, runterschalten, Gas und wieder hochschalten. Irgendwann haben wir den Bogen raus und dann macht?s richtig Spaß.

Allerdings macht der Landkreis Regen seinen Namen alle Ehre und der Niederschlag begleitet uns durch ganz Niederbayern und der Oberpfalz, an der tschechischen Grenze entlang bis Pegnitz. Helm und regensichere Motorradkleidung schützen uns, die Ausrüstung sollte für solche Touren obligatorisch sein.
In der fränkischen Schweiz blinkt wieder die Sonne durch die Wolken. Und wir sind mit Petrus versöhnt. Natürlich muss noch der berühmte Würgauer Berg gemeistert werden (für Motorräder inzwischen verboten, für Trikes erlaubt). Dann über Scheßlitz erstmal heim nach Marktzeuln, wo wir in heimatlichen Gefilden die erste Nacht verbringen, nicht ohne uns von Nachbarn und Familie gebührend bestaunen zu lassen.
Mittagsmahl, richtig DDR-oldschool, an Resopal-Tischen genossen

Tag 2: Über Rödental, am Froschgrundsee vorbei, fahren wir hoch in den Thüringer Wald mit seiner herrlichen Mittelgebirgs-Landschaft. Nahe Eisenach, in einem kleinen Ort, finden wir eine Gastwirtschaft zum Mittagsmahl, richtig DDR-oldschool, mit Resopal-Tischen und einem sehr freundlichen Wirt, der uns Mundschutz bewehrt an unseren frisch desinfizierten Tisch geleitet. Thüringer Klöße, Zwiebelbraten, Rouladen stärken für die Weiterfahrt.
Durch den Harz geht es nach Norden, am Kyffhäuser-Denkmal vorbei. Es ist Sonntag, und scheinbar wollen alle Menschen zum alten Barbarossa. Wir bekommen mit unseren unhandlichen Gefährten keinen Parkplatz. Dafür genießen wir die tolle Serpentinen-Strecken rauf zum Denkmal.
Dann über Nordhausen bis nach Thale in Sachsen-Anhalt. In diesem bildhübschen Kurstädtchen übernachten wir im Haus Sonnenblick. Schlüsselübergabe per PIN an einem Kästchen am Eingang. So geht das ganz ohne Personal. Abends geht?s zum Italiener auf eine leckere Pizza. Auch hier problemlos mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Hier wie überall werden wir von den Wirtsleuten und Bedienungen herzlichst begrüßt und versorgt, man merkt die Freude, dass endlich wieder Gäste kommen dürfen. Auf dem Weg zurück zum Hotel bewundern wir die vielen schön renovierten Villen und Bürgerhäuser.

Tag 3: Von Thale aus wenden wir uns nach Westen, verlassen den Harz und kommen im Landkreis Göttingen nach Niedersachsen. Spruch von Thomas: „Warum hab ich hier Appetit auf Wurst? Göttinger?“. Das Tagesziel liegt aber südlich und heißt Geisa, ein Ort in der Rhön, wieder in Thüringen.
Die Fahrt durch endlose Wälder und durch kleine Orte und Städtchen genießen wir. Immer wieder wechseln wir von den alten in die neuen Bundesländer, ein Hinweisschild macht uns stets darauf aufmerksam. Mittag machen wir in einem Waldweg halt und verzehren unseren mitgebrachten Proviant. Es erweist sich als schwierig, die Trikes rückwärts wieder aus diesem Pfad zu bugsieren. Rückwärts fahren will wohl geübt sein. Aber auch das kriegen wir hin.
Quartier abends im sehr schönen Schloßhotel Geisa, wir sind die einzigen Gäste. Im nahen „Goldenen Stern“ lassen wir uns bewirten, es gibt „Rostbrätel“ und dunkles Köstritzer Bier. Auch hier hält sich jeder an die Corona-Regeln, selbst ein paar Stammtischbrüder haben sich auf zwei Tische verteilt.
Auch im „Ländle“ ist die Freude der Gastronomen zu spüren
Tag 4: Wir verlassen Geisa Richtung Süden, bald geben sich Rhön und Spessart die Hand und wieder cruisen wir durch Wälder und Wiesen, vorbei an Fulda. In einem Ort mit dem sonderbaren Namen „Sterbfritz“ tanken wir. Die Trikes brauchen übrigens auch bei flotter Fahrt kaum sechs Liter Super auf 100 Kilomter.
Dann folgen wir ein Stück dem Main und seinen Schleifen. Wieder Richtung Süden erreichen wir die Grenze zum „Ländle“, wir sind in Baden-Württemberg. Am Stadtrand von Crailsheim checken wir in ein typisches Bussiness-Hotel ein. Wir vertrauen dem Rat des Herrn Google und laufen zehn Minuten stadteinwärts, wo die Suchmaschine den Brauereigasthof „Engel“ empfiehlt. Volltreffer! Im urigen Ambiente lassen wir uns mit „handgepressten“ Spätzle und diversen Bräten verwöhnen. Und wieder spüren wir die ehrliche Freude der Gas-tronomen über uns Gäste.

Tag 5: Beim Hotelfrühstück tags darauf staunen wir. Gab es bisher immer in Folie verpacktes Frühstück an den Tisch serviert, sieht man das im Ländle wohl nicht so eng. Wir dürfen uns – natürlich mit Maske – an einem reichlichen Buffet bedienen. Die Route geht nun ostwärts, über Dinkelsbühl, Bechhofen und Gunzenhausen kommen wir zum Brombachsee an der fränkischen Seenplatte. Leider fällt leichter Nieselregen, der aber gegen Mittag nachlässt.
Jetzt geht der Weg Richtung Süden, über die fränkische Alb hinunter ins Voralpenland. An Neuburg und Ingolstadt vorbei queren wir den Weißwurstäquator, die Donau. Ab jetzt ist das Land „tischtucheben“, die Kurverei ist zu Ende und wir fahren bisweilen kilometerweit schnurgerade Richtung München. Schade, aber auch irgendwie mal entspannend.
Blieben wir in den vergangenen drei Tagen von den Unbilden des Wetters weitestgehend verschont, so bekommen wir drei Kilometer vor der Landeshauptstadt noch eine Abreibung von Petrus. Der Himmel öffnet seine Schleusen. Es gießt wie aus Kübeln, und zwar bis München-Haar. Auch hier bewährt sich noch einmal unsere Regenkleidung. Wir fahren zum Verleih und geben die Trikes ab.
Fazit: Ein wunderschönes Reiseabenteuer, mit einer Prise Motorsport gewürzt. Und mit dem Gefühl, in diesen schwierigen Zeiten der Gastronomie eine guten Dienst erwiesen zu haben.