Sechs feucht-fröhliche Tage im Jahr ist der Platz an den Felsenkellern und dem Ufer der Rodach mit Leben erfüllt, dann nämlich, wenn Ende Juni das berühmte Zeulner Freischießen stattfindet. Den Rest des Jahres ist es einfach ein stiller, verträumter Ort, eingesäumt von den Felsenkellern und dem Ufer der Rodach. Doch seit dem vergangenen Jahr ist eine ganz besondere Art Leben an diesem Ort einkehrt, zauberhaft und mystisch.

Da gibt es auf der Wiese vor dem alten Schießhaus gleich nach der Heinzenmühle wundersame Wesen zu beobachten. Zum Beispiel stehen da Hirsche mit dem Kreuz des heiligen Hubertus im Geweih, Eichhörnchen flitzen über Baumstämme, Feengestalten huschen zwischen den Bäumen hindurch und sogar eine Jagdgöttin mit Pfeil und Bogen steht überlebensgroß im Wald. Am Eingang zu diesem sonderbaren Reich steht ein geflochtener Bogen, bewacht von einer weißen Eule. „Zauberwald“ kann der Besucher hier lesen. Und bei näherer Betrachtung erkennt er, dass alle diese Figuren aus Flechtmaterial bestehen.
Neun Figuren

Die Idee zu diesem Zauberreich hatte der Zeulner Flechtkünstler Werner Mertinke. Er hat im Laufe der Zeit alle diese Figuren kreiert und war auf der Suche nach einem Platz zum Aufstellen, sollte doch die Allgemeinheit Anteil an seinen Werken haben. Dabei kam er mit dem Besitzer der Heinzenmühle, Dr. Peter Zimmermann, ins Gespräch, der auch Eigentümer der Wiese am Freischießenplatz ist. Dieser war gleich von der Idee des Zauberwaldes begeistert und stellte die mit altem Baumbestand bewachsene Wiese zur Verfügung.

Seitdem stehen die Figuren zur Freude der Betrachter auf diesem Areal an der alten Mühle. Neun Figuren sind es bisher, eine soll noch dazu kommen, wie Mertinke verrät. Sie sei noch in Arbeit.
Kunstflechterei als Hobby
Der 60-Jährige hat von 1979 bis 1983 eine Ausbildung zum Korbflechter an der Berufsfachschule in Lichtenfels absolviert, 1989 legte er die Meisterprüfung ab. In den Werkstätten Hegele, Limmer und Schütz konnte er seine Kenntnisse vertiefen und ausbauen. Der Niedergang der Korbindustrie zwang ihn um 2007 zur Umschulung zum Bürokaufmann. In diesem Beruf war er bis zu seinem Vorruhestand in diesem Jahr bei einem bekannten großen Logistikunternehmen im Landkreis tätig.

Die Kunstflechterei betreibt er seit einigen Jahren als Hobby. Besonders die großen Skulpturen haben es ihm angetan. Aus Eisendraht wird eine Form gebogen und verschweißt, diese dann mit Weidenschienen oder Peddigrohr ausgeflochten. Mit viel Fantasie und seinem ausgeprägten Sinn für Ästhetik und auch Mystik schafft er so diese wunderbaren Figuren. Nicht nur im Zauberwald sind sie zu bewundern, auch auf dem Platz des ehemaligen „Weißen Lamms“ und andernorts in Marktzeuln sind seine Werke immer wieder zu entdecken.
Lohnendes Ausflugsziel
Werner Mertinke stammt aus einer alteingesessenen Korbmacherfamilie. Bereits Vater und Mutter waren als Korbmacher tätig und auch die Großeltern haben schon Körbe für die damals in Zeuln ansässigen Korbfabrikanten geflochten. Ein Gang durch Marktzeuln mit dem Besuch des Zauberwaldes ist allemal ein lohnendes Ausflugsziel, findet man doch immer wieder Zeugen der früheren Tätigkeiten für den Broterwerb im Korbmacherort.