Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Main, Rodach, Steinach
Icon Pfeil nach unten

NEUENSEE: Nina Hofmann: Start im Rolli ins Berufsleben

NEUENSEE

Nina Hofmann: Start im Rolli ins Berufsleben

    • |
    • |
    Nina Hofmann ist auf den Rollstuhl angewiesen. Jetzt startet sie in Berufsleben.
    Nina Hofmann ist auf den Rollstuhl angewiesen. Jetzt startet sie in Berufsleben. Foto: Frank Wunderatsch

    Nina Hofmann ist keine, die schnell aufgibt. Seit ihrer Geburt ist sie auf den Rollstuhl angewiesen, kann ihre versteiften Gelenke nur im Millimeterbereich bewegen. „Das sind eher so Wackelbewegungen“, sagt die 24-Jährige aus Neuensee und schiebt sogleich nach: „Aber das bringt mir nichts. Daher mache ich alles mit dem Kopf.“ Seit November des vergangenen Jahres arbeitet die Pädagogin beim AWO Kreisverband Coburg – und stellt damit ein Paradebeispiel für Inklusion am Arbeitsplatz. Für Nina Hofmann eine Fügung des Schicksals: „Das ist mein Traumjob.“

    Beworben hatte sie sich ursprünglich gar nicht auf einen Posten im Bereich der Geschäftsführung der AWO, sondern auf eine freie Stelle im Bereich der Mittagsbetreuung – auch, wenn sie dafür eigentlich überqualifiziert war. „Aber ich war so verzweifelt, ich habe mich einfach auf alles beworben, was ausgeschrieben war“, erzählt Nina Hofmann im Rückblick. An die 20 Bewerbungen hatte sie damals erfolglos verschickt, nachdem sie im vergangenen Sommer ihr Studium in Bamberg abgeschlossen hatte.

    „Es lag wohl nicht an meiner Behinderung, dass das nichts wurde. Ich wollte ja gerne in die Beratung und da braucht man eben Berufserfahrung – und die hatte ich nicht, das war der Knackpunkt“, so die junge Frau. Das Feedback, das sie in den Bewerbungsgespräche erhielt, sei zwar durchaus positiv gewesen. Dennoch: „Im Nachhinein bin ich mir nicht so sicher, ob es nicht doch daran gelegen hat, dass es einfach sehr viel Aufwand für einen Arbeitgeber bedeutet, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Aber das ist meine subjektive Meinung.“

    Denn bevor Nina Hofmann in ihrem neuen Job bei der AWO durchstarten konnte, waren sowohl im Büro als auch im Toilettenbereich einige Umbauten nötig. Auch ein Rettungsstuhl wurde angeschafft. „Wenn es brennt und man den Aufzug nicht benutzen kann“, erläutert die Pädagogin. Für ihren Chef Carsten Höllein war all das Neuland, wie er selbst sagt. „Natürlich hatten wir auch zuvor eine behindertengerechte Toilette, aber der Bedarf ist ja ganz unterschiedlich. So mussten wir hier und da ein paar Bügel verändern und einen Deckenlift einbauen“, berichtet der Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes.

    Zwar seien auch schon früher Beschäftigte mit Behinderungen angestellt gewesen, die Beeinträchtigungen von Nina Hofmann seien jedoch sehr umfassend.

    Inklusionsamt berät Arbeitgeber

    Die Krankheit, die die 24-Jährige schon ihr Leben lang begleitet, hat ihre Gelenke versteift. „Dadurch sind meine Sehnen und Muskeln verkürzt“, erklärt sie und meint: „Üblicherweise betrifft das nur die Beine oder nur die Arme. Aber ich habe natürlich bei beiden Varianten ,hier? geschrien.“ Unterkriegen lässt sie sich dennoch nicht. „Ich kann ja nichts daran ändern. Aber natürlich gibt es auch Tage, da würde ich am liebsten weinen und an denen ich mich frage, warum es gerade mich treffen musste. Das war vor allem in der Zeit, als ich keinen Job gefunden habe.“ Die Stelle bei der AWO, das sei daher eine „Riesen-Chance“ für sie.

    Carsten Höllein hat sich daher gerne für all die notwendigen baulichen Veränderungen an Nina Hofmanns Arbeitsplatz engagiert und sich dafür auch vom Inklusionsamt beraten lassen. „Klar kommen rein betriebswirtschaftlich betrachtet viele Kosten auf einen Arbeitgeber zu, aber es gibt Unterstützung und Förderung“, sagt

    Die 24-jährige Nina Hofmann kann nur ihren Kopf bewegen. Davon lässt sich die Pädagogin jedoch nicht ausbremsen.
    Die 24-jährige Nina Hofmann kann nur ihren Kopf bewegen. Davon lässt sich die Pädagogin jedoch nicht ausbremsen. Foto: Frank Wunderatsch

    er und meint: „Das Thema Inklusion gehört zu unseren Grundwerten, deswegen passt das alles wunderbar zu unserem Haus.“

    Nina Hofmann indes hat sich in ihrer Arbeit bereits gut eingerichtet. Mit einem sogenannten Mundstab tippt sie Computertasten, ein Handystift hilft beim Smartphone und Stifte zum schreiben und zeichnen klemmt sie zwischen die Lippen. „Alle Kollegen sind meganett und hilfsbereit, ich fühle mich einfach gut aufgehoben“, freut sie sich und setzt nach: „Es ist, als würde ich schon ewig hier arbeiten.“ Mittlerweile ist die Pädagogin gut vernetzt, verfasst Konzepte, kümmert sich um Fördermittel und pflegt den AWO-Auftritt in den sozialen Medien. Auch das komme gut an und bringe frischen Wind, höre sie immer wieder von den Kollegen.

    Mitunter hilft Nina Hofmann auch in der Mittagsbetreuung oder der Krippe aus. „Besonders für die kleinen Kinder ist es auch gut, mal jemanden zu sehen, der im Rollstuhl sitzt. Und sie haben auch gleich verstanden, dass ich meine Hände nicht bewegen kann“, berichtet die Pädagogin. Dafür habe sie die Kinder dann eben angeleitet und erklärt, was zu tun sei; etwas das ganz spielerisch die Selbstständigkeit der Kleinen fördere und zu Erfolgserlebnissen führe. „Und wenn mal was nicht geklappt hat, habe ich einfach mit meinem Rollstuhl gehupt“, schmunzelt Nina Hofmann und schiebt nach: „Ja, das geht. Ich habe tatsächlich eine Hupe an meinem Rollstuhl.“

    Beschäftungspflicht und Ausgleichsabgabe Das Inklusionsamt in der Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) unterstützt durch seine Leistungen die Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung und die Inklusion am Arbeitsplatz. Beschaftigungspflicht: Das Gesetz regelt, dass ein Arbeitgeber – gleichgültig ob ein öffentlicher oder privater – mit mindestens 20 Arbeitsplätzen grundsätzlich fünf Prozent seiner Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Personen besetzten muss. Ausgleichsabgabe: Verstößt ein Arbeitgeber gegen dieses Gebot, so muss er eine Ausgleichsabgabe an das Inklusionsamt richten. Diese Abgabe bildet die finanzielle Grundlage des ZBFS-Inklusionsamtes, welche die Mittel für die Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einsetzt. Im vergangenen Jahr verwaltete das Amt 122,8 Millionen Euro aus der Ausgleichsabgabe. Bayernweit erfüllten nur knapp 40 Prozent der verpflichteten Arbeitgeber die Quote im vergangenen Jahr.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden