Dr. Peter Zimmermann wurde die Chance gegeben, seinen Traum zu leben. Der Hesse hat in Oberfranken seine neue Heimat gefunden. In seiner Heinzenmühle lebt er nicht nur, sondern produziert dort auch Strom aus Wasserkraft. Das war schon in seiner Studentenzeit sein großes Ziel.
Geboren 1950 und aufgewachsen in Frankfurt, studierte Zimmermann zunächst Elektrotechnik in Darmstadt und promovierte in Energietechnik. Seine berufliche Laufbahn bei einem der größten deutschen Automobilzulieferer führte ihn unter anderem nach Russland, wo er acht Jahre als Generaldirektor eine große Fabrik führte. Später zog es ihn zurück zum Stammhaus des Unternehmens nach Stuttgart. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand ist er als Unternehmensberater tätig.
Um ökologisch sinnvoll und nachhaltig Strom zu produzieren
Einen Wunsch hegte er seit seiner Studienzeit: ein eigenes Wasserkraftwerk zu betreiben, um damit ökologisch sinnvoll und nachhaltig Strom zu erzeugen. Dies war aber lange Zeit, auch bedingt durch die vielen Auslandsaufenthalte, nicht möglich.
„Die vergangenen beiden Sommer waren sehr trocken, mit wenig Wasser in der Rodach, was zu einer reduzierten Stromerzeugung geführt hat.“
Dr. Peter Zimmermann, Kraftwerksbesitzer
Nach seinem Ausstieg aus dem aktiven Berufsleben konnte er das Projekt angehen. So wurde er nach langer Suche in Oberfranken fündig: In Marktzeuln stand – aus einer Erbengemeinschaft – die sogenannte Heinzenmühle am Ufer der Rodach zum Verkauf. Zimmermann und die damaligen Eigentümer wurden sich schnell handelseinig. Der große Traum nahm Formen an.
Wo schon vor fast einem Jahrtausend eine Mühle stand
In der Gegend um die Heinzenmühle (am Ende der heutigen Schützenstraße) begann die Besiedelung des damaligen „Cylen“, hier stand wohl schon zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung anno 1070 eine Mühle. Die Fundamente des heutigen Gebäudes gehören – wie der benachbarte Koppenhof – zu den ältesten Bauten in Marktzeuln. Sie datieren ins 16. Jahrhundert.
Aufwändige Modernisierung der gesamten Kraftwerksanlagen
Nachweislich wurde aber schon im 14. Jahrhundert von einem „Gemeindemüller“ an diesem Ort Mehl gemahlen, wie es Professor Rüdiger Feulner in „Episcopalis est Zeuln“ dargelegt hat. Die Heinzenmühle wurde 1980 vom damaligen Eigentümer Dr. Keppel von Grund auf renoviert.
Das bereits existierende Kraftwerk der Mühle war beim Kauf stark sanierungsbedürftig, was Zimmermann aber nicht hinderte, das große Projekt anzupacken. In konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Lichtenfels, dem Wasserwirtschaftsamt und der Fachberatung für Fischerei wurde in Zusammenarbeit mit etlichen Fachfirmen aus der Region die aufwändige Modernisierung der gesamten Anlagen ausgeführt.
Besonderes Augenmerk bekam der Bau einer Fischtreppe am gegenüberliegenden Rodachufer (eigentlich offiziell „Tierwanderhilfe“, weil es hier auch um andere Lebewesen wie Muscheln oder Krebse geht). Es wurde ein 150 Meter langes Umgehungsgerinne mit Ruhebecken um das Stauwehr herumgebaut, das allen Lebewesen ermöglicht, flussauf- oder abwärts zu wandern. Selbst der so genannte Problemfisch der Rodach, die Mühlkoppe, sollte passieren können.
Eine „Tierwanderhilfe“ auch für den Problemfisch der Rodach
Die Mühlkoppe hat keine Schwimmblase und bewegt sich nur mit den starken Brustflossen auf dem Grund vorwärts, der deswegen keine Stufen haben durfte. Alle Steine mussten in Beton verlegt werden, da die Fischtreppe bei Hochwasser komplett überflutet wird. Heute ist die Fischtreppe ein echter Hingucker und wird oft von Spaziergängern besucht und bestaunt.
Von dort fällt der Blick auf das flache Turbinenhaus, wo zwei Turbinen mit ihren Generatoren (einmal 90 Kilowatt und einmal 45 Kilowatt) jährlich bis zu 750 000 Kilowattstunden (kWh) Ökostrom in das öffentliche Netz einspeisen, was dem durchschnittlichen Verbrauch von rund 250 Haushalten entspricht.
Pro Jahr werden etwa 600 Tonnen Kohlendioxid eingespart
Dadurch werden pro Jahr etwa 600 Tonnen CO2 eingespart, die bei Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen entstehen würden. Bei einer Fallhöhe von rund 2,5 Metern schlucken die Turbinen rund neun Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
Bei der Sanierung wurde auch eine hochmoderne Steuerung eingebaut, die einen vollautomatischen Betrieb der Anlage ermöglicht, von weltweit überall per Internet überwacht und im Notfall auch vom Netzbetreiber Bayernwerk ferngesteuert werden kann.
Seit einem Jahrzehnt ist das Kraftwerk am Netz

Seit rund zehn Jahren läuft dieses Wasserkraftwerk weitgehend problemlos und speist saubere Energie ins Netz. Allerdings wird laut Zimmermann der Klimawandel vermehrt spürbar: „Die vergangenen beiden Sommer waren sehr trocken, mit wenig Wasser in der Rodach, was zu einer reduzierten Stromerzeugung geführt hat.“
Auch nehmen die Hochwasserereignisse zu. „Dann wird das Wehr überflutet, die von den Turbinen benötigte Fallhöhe geht zurück, weil sich das Unterwasser staut, da die großen Wassermengen können nicht so schnell in den Main abfließen. Ab einer gewissen Hochwassermenge muss dann das Wasserkraftwerk sogar abgeschaltet werden.“
Der Müll sammelt sich im Einlaufrechen
Auch der Müll, der in den Fluss geworfen wird und sich im Einlaufrechen des Kraftwerks verfängt, wird zum Problem. Flaschen, Dosen, Verpackungen, Netze, Paletten, Ölkanister, ja sogar Verkehrsschilder fischt Zimmermann aus dem Wasser und entsorgt alles auf eigene Kosten. Damit leistet er, wie auch andere Kraftwerksbetreiber, einen Beitrag dazu, unsere Flüsse sauber zu halten. Und er ruft alle Mitmenschen dazu auf, künftig nichts mehr in den Fluss zu werfen.
Um den Erfordernissen des Klimawandels besser gerecht zu werden, hat Zimmermann mit seinen Kenntnissen aus der Wasserkraft und der Elektrotechnik ein Verfahren entwickelt, wie Wasserkraftwerke bei Hoch- und Niedrigwasser mehr Strom produzieren können. Dies geschieht durch einen Frequenzumrichter (wie er beispielsweise auch bei Photovoltaik-Anlagen eingesetzt wird), der die Turbine mit einer an die Wassermenge angepassten Drehzahl laufen lässt.
Ein Verfahren entwickelt, um mehr Strom produzieren zu können
Zimmermann hat über dieses Verfahren auch schon Veröffentlichungen geschrieben und auf internationalen Kongressen Vorträge mit positiver Resonanz gehalten. Inzwischen wenden auch andere Besitzer von Wasserkraftwerken in mehreren Bundesländern dieses Verfahren an. Für Zimmermann ist dies ein Beitrag zur Energiewende: „jede Kilowattstunde zählt!“
So steht in Marktzeuln im ältesten Teil des Marktfleckens eines der modernsten Wasserkraftwerke Bayerns, ja sogar Deutschlands. Der Bau der Fischtreppe und weitere Maßnahmen sorgen dafür, dass im Fluss die Durchgängigkeit für alle möglichen Lebewesen gegeben ist und somit die Belange der Natur maximal berücksichtigt werden.
In Marktzeuln fühlen sich die Zimmermanns sehr wohl
Ein Jugendtraum wurde hier mit viel Einsatz und Fachwissen zur Realität. Und ein großer Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Zimmermann und seine Frau Karin haben seit längerer Zeit auch ihren Wohnsitz in der Heinzenmühle und fühlen sich in Marktzeuln sehr wohl. Er engagiert sich auch für die Belange der Marktgemeinde, beispielsweise im Arbeitskreis für den Dorfladen. Inzwischen spricht er neben Englisch, Französisch und Russisch auch ein bisschen Fränkisch, was in Marktzeuln durchaus nützlich ist.