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MARKTZEULN: Theatersommer in Marktzeuln: Turbulenzen um Oldtimer Bruno

MARKTZEULN

Theatersommer in Marktzeuln: Turbulenzen um Oldtimer Bruno

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    Applaus für die Darsteller am Ende der Aufführung. Fotos: Jochen Hümmrich
    Applaus für die Darsteller am Ende der Aufführung. Fotos: Jochen Hümmrich

    Die – trotz einer Unwetterwarnung – gut besuchte Vorstellung (Regie Jan Burdinski, Ausstattung Christiana von Roit, Musik-Arrangements Franz Zwosta, Choreografie Kathleen Bengs) im Rahmen des „Fränkischen Theatersommers“ beginnt nach einigen Begrüßungsworten des Bürgermeisters von Marktzeuln, Gregor Friedlein-Zech, pünktlich um 19 Uhr mit dem Schlager. Das Lied gab dem dem aufgeführten Musical seinen Titel und fungierte auch als musikalisches Leitmotiv: „Wochenend und Sonnenschein“. Als der Vorhang aufgeht, sieht man Klara (Nadine Buschmann), die 17-jährige Tochter des Betreibers einer Tankstelle und Kfz-Werkstatt, wie sie in einem Lexikon die Begriffe „Freundschaft“, „Beziehung“ und „Liebe“ nachschlägt; ihr Freund hat sich von ihr gerade per SMS getrennt.

    Dann wendet sie sich als eine Art Erzählerin wie im epischen Theater an das Publikum: „Das ist meine Mama“ – „Das ist mein Papa.“ Die Familie hat seit zehn Jahren einen Urlaub mehr gemacht, weil der Vater seine ganze Energie in seine Tankstelle gesteckt hat.

    Traditionelle Rollen

    Zwischen ihm und seiner Frau Elvira (Sivia Ferstl) herrscht eine traditionelle Rollenverteilung wie in den 1950er- und 1960er-Jahren: Er der Ernährer der Familie, sie zuständig für „PWK“ – Putzen, Waschen, Kochen –, wie sie selbst meint.

    Dass dem indes nicht ganz so ist, dass die Ehefrau mitunter – auch die Hosen anhat –, zeigt sich, als herauskommt, dass Günter (Andreas Stock) von einer „reizenden Dame“ von dem eigentlich für den Urlaub Ersparten einen Oldtimer gekauft hat, den er auf den Namen „Bruno“ tauft. Nicht ahnend, dass sich in dessen verschlossenem Kofferraum das Beutegut aus einem Banküberfall befindet, den zwei Kleinganoven – einem deutschen und einem italienischen, Lukas (Leif Klenner) und Carlo (Christoph Ackermann) – im Auftrag des Mafiabosses Don Caneloni begangen haben.

    Der Oldtimer ist, wenn man so will, der wahre und eigentliche – passive – „Held“ des Stückes, nämlich die einzige „Figur“, die sich von Anfang bis Ende auf der Bühne befindet.

    Günter und Elvira im Gespräch.
    Günter und Elvira im Gespräch.

    Vor dem Aufbruch nach Italien – geplant ist nun ein Urlaub am Gardasee statt in der Karibik oder auf Hawaii zusammen mit der Großmutter Margarete (Christiana von Roit) , die aus einem Seniorenheim ausgebüxt ist – erscheint Lukas in buntem Hemd und mit Mandoline. Er gibt sich, als italienischer Musiker „Leonardo“ aus, der eine Mitfahrgelegenheit gen Süden sucht, um an das Geld heranzukommen (während seine Komplize Carlo im Folgenden die Familie auf dem Motorroller verfolgt) – den feurigen Liebhaber und „Latin Lover“ mimend. Wie kann es da anders sein, dass Klara und er sich ineinander verlieben?

    Ein geplatzer Reifen

    Dem Vater ist das gar nicht recht, aber die beiden versöhnen sich miteinander bei einer Flasche Bier, als Lukas/Leonardo später Ersatz für einen geplatzten Reifen besorgt. Von da ab zerläuft die Handlung leider etwas zugunsten immer häufigerer und immer längerer Gesangseinlagen auf Kosten des Spannungsbogens.

    So singen auf einer Simultanbühne – zwei Geschehnisse spielen gleichzeitig an getrennten Orten – Klara und „Leonardo“ „Heut? ist der schönste Tag in meinem Leben“, was von Günter und Elvira übernommen wird. In dem Maße, in dem die Jugend sich ineinander verliebt, kommen sich auch die Eheleute wieder näher. Und Carlo flirtet mit der Großmutter, indem er „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ schmettert und dabei mir ihr einen kessen Tango aufs Parkett legt.

    Carlo ist es auch, dem es nach mehreren Versuchen – unter anderem als italienischer Grenzbeamter, der den Kofferraum durchsuchen muss, und als Tankwart – inzwischen gelungen, an das Geld heranzukommen. Er stiehlt zudem das Auto, was zu einer wilden Verfolgungsjagd mit der Großmutter führt – eine, wenn man so will – sehr gekonnte Slapstickeinlage à la Laurel und Hardy.

    Lösungen müssen her

    Und jetzt muss alles ganz schnell gehen, Lösungen müssen her, ein dreifaches Happy End: Lukas / Leonardo bittet Klara um Verzeihung und wird Automechaniker in der Werstatt ihres Vaters, Carlo und Margarete bandeln miteinander an, Don Caneloni ist inzwischen verhaftet worden und stellt somit eine Bedrohung mehr dar. Und vom Finderlohn eröffnet Elvira ein Restaurant anstelle ihres lange gehegten Traums von einem Café, in dem auch Carlo sein Unterkommen als Pizzabäcker findet, und alle singen „Wunder gibt es immer wieder“.

    Klara und ihre Großmutter ganz leger am Bühnenrand.
    Klara und ihre Großmutter ganz leger am Bühnenrand. Foto: Jochen Hümmrich

    Weitere typische Schlager-Ohrwürmer der 1950er- und 1960er-Jahre, aber auch moderne Songs sind „Das bisschen Haushalt macht sich von allein“ (Elvira und Günter), „Kein Schwein ruft mich an“ (Oma Margarete), „Zwei kleine Italiener“ (Lukas/Leonardo und Carlo), „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“ (Lukas/Leonardo und Klara, „Ich will Spaß!“ (Günter), „Mit 17 hat man noch Träume“ (Klara und Margarete), „Frauen regier'n die Welt“ (Günter), „Das Tier in mir“ (Klara und Lukas/Leonardo).

    Im Grunde handelt es sich bei dem Stück um eine Typenkomödie: jugendliche Liebhaberin, jugendlicher Liebhaber, der polternde Alte, die duldsame Mutter, die moderne Großmutter und vielleicht sogar noch Carlo als „Intrigant“, aber das ist vielleicht ein bisschen zu weit hergeholt.

    Die tragendste, wenn auch vielleicht nicht die lustigste Rolle hat die Tochter. Immer wieder lenkt sie die Handlung in eine bestimmte Richtung. Sie ist es, die die Idee eines gemeinsamen Familienurlaubs am Gardasee hat. Sie ist es, die weiterhin die Idee hat, ihre Großmutter Margarete, die aus einem Seniorenheim ausgebüxt ist, mitzunehmen, und sie ist es, die später den Verdacht äußert, dass mit „Bruno“ etwas „falsch“ ist, dass sich vielleicht etwas im verschlossenen Kofferraum befindet. Kleinere Versprecher der Schauspielerin zu Beginn: angesichts ihrer schauspielerischen und gesanglichen Leistung (sie hat eine sehr angenehme, absolut Musical-taugliche Singstimme) – geschenkt.

    Immer wieder wird gekonnt mit Klischees – „typisch deutsch – typisch italienisch“ – gespielt (das gestickte Toilettenpapier-Hülle auf dem Armaturenbrett, Don Can(n)el(l)oni) und anderes), dazwischen finden sich aber auch immer wieder Einsprengsel von Lokalkolorit, so wenn von einer „Pizzeria in Lichtenfels“, einem „Stau an den Rampen in Nürnberg“ und von „Allmächt?“ die Rede ist oder in Form des sächselnder Tonfall Günters.

    Klingender Abschied

    Die Vorstellung endet gegen 21.40 Uhr, und abschließend singen Darsteller und Publikum noch einmal gemeinsam „Wochenend und Sonnenschein“. Das genau richtige Stück für einen heiteren Sommerabend. Trotz Unwetterwarnung.

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