In der Brust eines Bergretters schlagen mehrere Herzen. Bei ihren Einsätzen sind die Aktiven einer Bergwacht als Skifahrer oder Kletterer unterwegs und leisten dabei notfallmedizinische Versorgung. Welches Herz schlägt in seiner Brust am lautesten? Der Redwitzer Thomas Fischer-Feick muss nicht lange überlegen: „Von Kindesbeinen an bin ich mit dem Klettern verbandelt.“ Als kleiner Steppke klettert er auf Spielplätzen herum, heute kraxelt der inzwischen 39-Jährige für die Bergwacht Kulmbach-Obermain und in seiner Freizeit im Kleinziegenfelder Tal und dem Fränkischen Jura herum.

Seine Jugend verbrachte er in Weismain am Tor zur Fränkischen Schweiz. Mit dem Kleinziegenfelder Tal hatte er das Kletterparadies quasi vor der Haustüre. Mit zwölf Jahren begann er mit dem Alpenverein Kulmbach und mit Freunden in den Felsformationen des zwölf Kilometer langen oberfränkischen Tales zu klettern.
Beim Klettern ist man auf den nächsten Zug fokussiert
Wenn man den rauen Fels unter seinen Fingern spürt, sich Seillänge für Seillänge zum Gipfel vorarbeitet, dann muss jeder Handgriff sitzen. „Beim Klettern ist man auf den nächsten Zug fokussiert und blendet alles andere aus“, beschreibt der Redwitzer seine Gefühlslage beim Fortbewegen in der felsigen Wand. Er spricht vom „Streben nach oben“ und meint damit nicht die Karriereleiter, sondern das Erklimmen einer Felsoberkante, die in seinem Innersten Glücksgefühle freisetze.

Selbstverständlich besitzt der Redwitzer Kletter-Retter auch ein Helfer-Gen inne. Bei der Weismainer Jugendfeuerwehr war es ihm eingeimpft worden. Ein guter Freund überredet ihn 2001 zur Bergwacht zu gehen, wo Klettern und Retten eine fruchtbare Symbiose eingehen.
In den Bayerischen Alpen, aber auch im Fränkischen Jura und der Fränkischen Schweiz absolvierte der Redwitzer seine Ausbildung zum Bergretter. Die beiden letzteren Gebiete bilden das größte zusammenhängende Klettergebiet in Europa. Allein im Kleinziegenfelder Tal zwischen Weismain und Stadelhofen befinden sich rechts und links des Tales 20 Felsen, die mit hunderten von Routen in den unterschiedlichsten Schweregraden die Kletterfans aus Nah und Fern begeistern.

Wer ein guter Bergretter sein wolle, so Fischer-Feick, müsse schwindelfrei, gesund und fit sein. Um die Ausbildung, die in der Regel zwei bis drei Jahre dauere, mit Bravour zu meistern, sollte man über eine vielseitige Begabung verfügen. Das sichere Klettern müsse man sowohl an der künstlichen Kletterwand als auch am natürlichen Fels beherrschen. „Dazu gehören auch das Erlernen von Knoten-, Sicherungs- und Abseiltechnik“. Vermittelt werde auch, wie man Menschen, die von einer Lawine verschüttet wurden, befreie und wie man im Tiefschnee Ski fahre. Ein notfallmedizinischer Kurs und eine Naturschutzprüfung seien ebenfalls Teil der Lehrzeit. Da ihm die Anwärtergewinnung ein Herzensanliegen ist, ließ sich Fischer-Feick zum Ausbilder fortbilden.
In zwei Jahrzehnten zu Dutzenden Einsätzen ausgerückt
Der 39-Jährige musste in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon zu Dutzenden Einsätzen ausrücken. Einer ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. „Weil es ein Bekannter war, der bei einer Klettertour im Kleinziegenfelder Tal fünf Meter tief gefallen war“, nennt Fischer-Feick den Grund. Bei dem Abgestürzten stand auch noch eine Wirbelsäulenverletzung im Raum. Für den Redwitzer war das eine, wie er es formuliert, „angespannte Situation gewesen, die regelrecht an die Nieren ging.“ „Gott sei Dank sind keine bleibenden Schäden geblieben!“ In seinen Worten spürt man das vor Erleichterung Aufatmen.
Wer glaubt in Corona-Zeiten habe die Bergwacht weniger zu tun, der ist für Fischer-Feick schief gewickelt. Auch im 15-Kilometer-Radius könne jederzeit etwas passieren. Arbeiten in der Natur, Klettern, Spazierengehen und Wandern seien weiterhin erlaubt. Wie zum Beweis erzählt Fischer-Feick von einem Einsatz, der sich kürzlich ereignet hatte. Eine Wanderin rutscht unterhalb des Staffelberges auf einem schneeglatten Waldweg aus und verletzt sich am Knie. „Die Bergrettung wird immer dann eingesetzt, wenn der Einsatz im unwegsamen Gelände stattfindet, wo der Rettungswagen nicht hinkommt“, erklärt der Ausbilder in diesem Zusammenhang.
Nachwuchsgewinnung liegt ihm am Herzen
Ihm liegt die Nachwuchsgewinnung am Herzen. Während Freiwillige Feuerwehren auf einen viel größeren Pool an Einsatzkräften zurückgreifen könnten, werde es bei der Bergwacht mit seinen 23 Aktiven gleich eng, wenn jemand ausfalle. Seine Idee von der Gründung einer Kinder- und Jugendgruppe geht genau in diese Richtung. Der Bergretter aus Redwitz ist stolzer Vater von drei Kindern. Wer weiß, vielleicht werden sie ja eines Tages bei den Bergretterkids, wie die Gruppe heißen könnte, mit von der Partie sein. „Darüber würde ich mich sehr freuen“, schließt Fischer-Feick nichts aus. Stephan Stöckel.
Die Bergwacht Kulmbach-Obermain • Gründung: 1955 mit 16 Mitgliedern. • Anzahl der Mitglieder: 51 (davon 23 aktive Einsatzkräfte und acht Anwärter) • Einsatzgebiet: die Landkreise Kulmbach und Lichtenfels sowie die Gemeinde Hollfeld im Landkreis Bayreuth. • Einsätze: Sie werden koordiniert von den Integrierten Leistellen (ILS) Bayreuth und Coburg. • Diensthütte: Sie befindet sich in Wunkendorf oberhalb der im Bärental gelegenen Herbstmühle. • Geschichte: Im Frühjahr 1955 schlug die Geburtsstunde der Bergwacht Kulmbach-Obermain. Zehn Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war eine Generation herangewachsen, die zunehmend Gefallen fand an der Bewegung in der Natur und am Gefühl der Freiheit, das das Klettern im Fels vermittelte. Der nördliche Frankenjura entwickelte sich zum Klettergebiet. Es stellten sich Fragen des Naturschutzes und der Bergrettung. Der Kulmbacher Stadtrat Konrad Hetz und der damalige Kulmbacher Oberbürgermeister und Vizepräsident des BRK Georg Hagen trieben die Idee einer eigenen Bereitschaft voran, nachdem Pläne, sich der Bamberger Bergwacht anzuschließen verworfen worden waren. 16 junge Männer wählten am 31. Mai 1955 bei der Gründungsversammlung Konrad Hetz zum Bereitschaftsleiter und Rudolf Krusche zu dessen Stellvertreter. • Fahrzeuge: Einsatzleitfahrzeug mit Sicherungsmaterial und Notfallmedizinrucksack mit Defibrilator (Standort beim diensttätigen Einsatzleiter), Rettungsfahrzeug mit Patientenlagerung, Notfallmedizinrucksack mit Defibrilator und Rettungsmaterial (Standort Kulmbach), Geländefahrzeug (im Sommer als Quad, im Winter mit Raupenketten; Standort in Kulmbach), Manschaftstransportfahrzeug VW T6 mit Notfallmedizinrucksack mit Defibrilator und Rettungsmaterial (Standort Weismain). • Mitglieder und Sponsoren: Die Bergwacht Kulmbach sucht motivierte und sportliche Mitglieder zwischen 16 und 60 Jahren. Treffpunkt alle 14 Tage im BRK-Heim Kulmbach ab 19.30 Uhr. Informationen bei Bereitschaftsleiter Christian Schmitt, Tel. (0157) 82495525; E-Mail: kulmbach@bergwacht-bayern.de; www.bergwachtbayernorg/kulmbach, Hannes-Strehly-Straße 4, 95326 Kulmbach. • Jedes Jahr am 3. Oktober feiert die Bergwacht ihr Juraturmfest in Wunkendorf oberhalb des Bärentals. Mit dem Erlös wird auch die persönliche Schutzausrüstung finanziert. Fördernde Mitglieder sind stets willkommen. Quelle: Bergwacht Kulmbach-Obermain/Katrin Geyer