Wird der Hochstadter Baggersee den kommenden Sommer überleben? Diese Frage treibt dem Vorstand der Sportfischer Hochstadt-Marktzeuln e.V. derzeit tiefe Sorgenfalten ins Gesicht. Besonders kritisch war der Zustand des Gewässers im Juli und August dieses Jahres, als es zu einem massenhaften Befall mit Blaualgen kam: Fische trieben tot an der Wasseroberfläche, der See drohte umzukippen.
Mittlerweile sind zwar die Blaualgen wieder verschwunden, die Suche nach den Ursachen und damit auch möglichen Lösungsansätzen jedoch bleibt, genauso wie der Frust bei den Sportfischern.
Blaualgen können hochgiftige Toxine bilden
Wissenschaftlich betrachtet sind Blaualgen, wie sie im vergangenen Sommer nicht nur am Baggersee in Hochstadt, sondern auch in weiteren Gewässern im Landkreis vermehrt auftraten, keine Algen, sondern gehören zu den Bakterien. Diese sogenannten Cyanobakterien werden vor allem dann auffällig, wenn sie Massenentwicklungen ausbilden. Einige Arten besitzen gar die Fähigkeit, hochgiftige Toxine zu bilden, die bei Menschen und Tieren zu Vergiftungen führen können.
„Es spielen viele Faktoren eine Rolle, darunter auch die Witterung, also Licht und Wärme.“
Matthias Trau, Abteilungsleiter Wasserwirtschaftsamt Kronach
Auf Nachfrage beim Wasserwirtschaftsamt Kronach, das zugleich Miteigentümer des Hochstadter Sees ist, erklärt Abteilungsleiter Matthias Trau, dass es sehr schwer sei, die alleinige Ursache für Entstehung von Blaualgen zu finden oder deren Auftreten vorherzusagen. „Es spielen viele Faktoren eine Rolle, darunter auch die Witterung, also Licht und Wärme.“

Wie es darüber hinaus auf der Internetpräsenz des Bayerischen Landesamtes für Umwelt heißt, kann das vermehrte Auftreten von Blaualgen oft auch ein Zeichen übermäßiger Nährstoffbelastung sein. Gemeint sind damit unter anderem Stickstoff und Phosphor, beispielsweise aus Abwässern oder von stark gedüngten Äckern.
Überversorgung mit Nährstoffen nach Düngung von Nachbarfeldern?
Ob in Hochstadt ein Übermaß an Nährstoffen vorlag, wurde von Seiten des Wasserwirtschaftsamts zu jenem Zeitpunkt offenbar nicht überprüft. Dies jedenfalls musste Dieter Geyer, 1. Vorsitzender der Sportfischer Hochstadt-Marktzeuln feststellen: „Uns wurde lediglich der pH-Wert, der Sauerstoffgehalt, die Sauerstoffsättigung und die Temperatur des Wassers mitgeteilt. Warum hat man nicht auch die Werte für Nitrat und Phosphor ermittelt?“
Für Dieter Geyer spielt die Nährstoff–Überversorgung des Baggersees definitiv eine Rolle, da das Blaualgen-Vorkommen zeitlich nach der Düngung benachbarter landwirtschaftlicher Flächen sowie einer darauf folgenden, kurzen Hochwasserphase auftrat: „In der ersten Juniwoche war unser See noch in einem einwandfreien Zustand. Vom 10. bis 16. Juni wurde auf den Mainwiesen massiv Gülle ausgebracht. Es war aber bekannt, dass die Pegelstände steigen und es zu Überflutungen kommen wird. Dies führte dann wahrscheinlich zu einem schlagartig hohen Nährstoffeintrag in unserem Baggersee, welcher die Algenblüte und den hohen pH-Wert auslöste.“
Sportfischer fühlen sich im Stich gelassen
Um ein Umkippen des Sees zu verhindern, wurde dieser zunächst mit Branntkalk behandelt. Nachhaltig lässt sich das Problem damit allerdings nicht in den Griff bekommen, wie Anton Reinhardt, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz Lichtenfels erläutert, der den Einsatz der Substanz kritisch sieht: „Statt auf Branntkalk sollte man grundsätzlich das Augenmerk auf die Verminderung der Ursachen des verstärkten Algenwachstums richten, wie etwa zu hoher Nährstoffeintrag aus der Umgebung der Baggerseen, zu geringe Pufferzonen und die zunehmende Verschärfung des Problems durch die Klimaerwärmung.“

Der Vorstand der Sportfischer Hochstadt-Marktzeuln wiederum fühlt sich von den Institutionen, insbesondere vom Wasserwirtschaftsamt, allein gelassen. „Wir wollen, dass gehandelt wird, denn hier geht es ums Ganze“, betont Thomas Wagner, 2. Vorsitzender des Vereins. Man habe vor zwei Jahren mehr als 30 000 Euro in eine Umwälzpumpe samt Photovoltaikanlage investiert, um die Versorgung des Sees mit Sauerstoff zu gewährleisten. „Doch die Lage hat sich nicht gebessert, sondern ist dieses Jahr sogar noch schlimmer geworden.“
Grundwasser-Messstelle östlich des Sees beantragt
Um den Ursachen des Algenbefalls auf die Spur zu kommen, haben Dieter Geyer und Thomas Wagner viele Hebel in Bewegung gesetzt. Dazu gehört auch der Antrag auf Errichtung einer eigenen Grundwasser-Messstelle östlich des Sees, um wöchentlich Messungen von Nitrat-Nitrit-Ammonium-Phosphat durchführen zu können. „Auf diese Weise können wir überprüfen, ob der Grundwasserstrom der Mainwiesen zwischen Burgkunstadt und Hochstadt, welcher auch auf unseren Baggersee und den Main trifft, die von der EU-Nitratrichtlinie festgelegte Grenze von maximal 50 Milligramm Nitrat pro Liter überschreitet“, begründet Dieter Geyer den Antrag.
Von juristischer Seite aus wird der Verein von Dr. Marcus Dinglreiter aus Burgkunstadt unterstützt. Für diesen geht es im Kern vor allem darum, objektive Erkenntnisse zu gewinnen: „Man muss einfach wissen, woran es liegt, um sich künftig vorbereiten und Risiken minimieren zu können.“ Aus seiner Sicht gebe es mehrere Risikoquellen, darunter die klimatischen Bedingungen mit immer wärmer werdenden Sommern, das Alter des Sees und eben auch die Nährstoff-Belastung durch Düngemittel.
Im Falle der Hochstadt-Problematik spricht sich der Jurist für eine Strategie aus, bei der auf lokaler Ebene Dialog und Kooperation an erster Stelle stehen sollten: „Das heißt, mit allen Beteiligten sprechen und gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden.“ Überregional wiederum sollte das Thema ,nitratbelastetes Grundwasser‘ auf jeden Fall auf die Agenda gebracht werden. So würden die Messwerte an der Grundwasser-Messstelle in Neuses am Main seit über zehn Jahren stets über der Grenze von 50 Milligramm pro Liter liegen, zuletzt lag der Wert laut Wasserwirtschaftsamt bei 79 mg pro Liter Wasser.
„Meiner Meinung nach gehört das Maintal in dem Bereich als rotes Gebiet ausgewiesen. Das hätte dann Konsequenzen für den Naturschutz und auch die Landwirtschaft. Aber aus meiner Sicht würde die Region davon profitieren.“
Dr. Marcus Dinglreiter, Rechtsanwalt

„Meiner Meinung nach gehört das Maintal in dem Bereich als rotes Gebiet ausgewiesen. Das hätte dann Konsequenzen für den Naturschutz und auch die Landwirtschaft. Aber aus meiner Sicht würde die Region davon profitieren“, so Dinglreiter abschließend.
Der Sportfischer-Verein jedenfalls hofft auf baldige Genehmigung der eigenen Messstelle und hat hierfür bereits eine Förderung durch die EU, Zuwendungen durch die Verwaltungsgemeinschaft Hochstadt-Marktzeuln, den Landkreis Lichtenfels und den Freistaat Bayern sowie eine Mitfinanzierung durch den Bayerischen Bauernverband beantragt.
Wie Dieter Geyer betont, darf dabei nicht vergessen werden, dass die Sportfischer Hochstadt nach ihrer Satzung schließlich dem Schutz und der Erhaltung der Gewässer sowie dem allgemeinen Wohl auf den Gebieten der Gesundheitspflege, des Tierschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege verpflichtet sind.