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MARKTZEULN: Was Jagger aus Marktzeuln im sündigen Dorf erlebt

MARKTZEULN

Was Jagger aus Marktzeuln im sündigen Dorf erlebt

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    Heute besteigt der 67-jährige Wolfgang Rebhan Berge, macht viel Urlaub, lässt kein Fest aus und genießt das Leben.
    Heute besteigt der 67-jährige Wolfgang Rebhan Berge, macht viel Urlaub, lässt kein Fest aus und genießt das Leben. Foto: Heinz Fischer

    Wie erinnerlich, hatten wir vor einiger Zeit von den Jugenderlebnissen des Wolfgang Rebhan aus Marktzeuln – genannt Jagger – berichtet. Heute nun folgt der zweite Teil seiner bisweilen nicht ganz jugendfreien Erinnerungen. Er erzählt: „Die Zeit verging und die Feindbilder verblassten! Deshalb näherte man sich als Zeulner im Westen Schwürbitz, im Osten Marktgraitz und auch Lettenreuth wieder an, nicht zuletzt wegen der hübschen Mädchen, die dort wohnten.

    Hochstadt im Süden war aus strategischen Gründen nie ,auswärtiges Feindesland', schon wegen dem Bahnhof, dem Kaffee Christoph und da man beim Fußball meistens gewann. Man wurde älter, die Haarpracht dünner, die Autos schneller, die Frauen barocker, die Wirtshäuser weniger und die Schlägereien und Lumpereien nahmen ab. Die Zeit hatte uns eingeholt und in der Disco war man nicht mehr in.

    Ab und zu kam Langeweile auf! Dann ließ man mal die Rodach in Flammen aufgehen. Dazu wurde beim Kumpel im Keller eine Flasche mit diversen leicht entzündlichen Utensilien gefüllt, die man dann auf der Rodach zum Brennen brachte. Sehr zum Schreck der Anrainer. Oder man holte das Johannisfeuer nach und versehentlich brannte dabei ein Strohhaufen, was wiederum einen Feuerwehreinsatz nach sich zog. Die ,Liebeslaube Nummer eins' war immer noch das Auto, obwohl es schon Zimmer gab, und wenn die Eltern eine Gartenhütte hatten, dies natürlich eine optimale, romantische Alternative war.

    Ohne Föhnen ging früher bei Wolfgang Rebhan nichts, heute reicht ein Kamm.
    Ohne Föhnen ging früher bei Wolfgang Rebhan nichts, heute reicht ein Kamm. Foto: Heinz Fischer

    Wegen der RAF viele Polizeikontrollen

    Leider gab es wegen der damals aktiven RAF viele Polizeikontrollen, so dass man als Fahrer zumindest eins weniger trinken sollte, aber meist ging es gut, denn wer hatte zu dieser Zeit schon ein Maschinengewehr im Kofferraum. Die zweite Heimat war weiterhin die Lieblings-Kneipe ,Zum alten Bappela', die mit Musikbox, Kicker, vielen Freunden und Kartbrüdern und dem Wirt Christian die optimale Anlaufstation war.

    Da gab es noch einen Früh- und Dämmerschoppen, Schafkopf, Bierkopf, Türmla würfeln und Moußenrenna, dies waren die fast täglichen Aktivitäten. Wenn es hieß: ,Wir karten an Bierkopf' konnte man davon ausgehen, dass es nicht bei einem blieb, da man die ersten Maßen schon vor Beendigung des ersten Spiel geleert hatte. Jeden Monat gab es neue Rekorde, 9, 10, 11, 12 Maß, bis man dann einsah, dass bei solchen Mengen mal Schluss sein musste, da man einfach nicht mehr konnte und die letzten Krüge halb leer verwaisten.

    Ein fitter Rentner ist der „Jagger“ heute.
    Ein fitter Rentner ist der „Jagger“ heute. Foto: Heinz Fischer

    Der Schnaps der zwischendurch getrunken werden musste, um die Stimmung zu halten, tat sein Übriges. Abends, beim Philosophieren, lauschte man staunend den Erinnerungen „der Alten“ vom 2. Weltkrieg. Der Amigo (Wüstenfuchs) erzählte vom Rommel und der afrikanischen Wüste, der Heiner von Russland und den Panzerabschüssen, der Adel von Salerno in Italien und der Konsum-Rudi ab und zu von Monte Casino. Hier saß man gerne bis zwei Uhr nachts, wenn auch manchmal nur noch zu zweit, weil der Wirt schon eingeschlafen war und das Bier nicht mehr so lief.

    Auch Fußballgespräche waren in, der Club und die Bayern waren im Fokus. Dennoch entschied man sich meist für den Club, allein schon aus fränkischer Tradition und den nächtlichen Aktivitäten nach den Clubspielen. Hier kam es schon vor, dass man auf Staatskosten ein oder zwei Nächte übernachten „durfte“ und deshalb erst ein bis zwei Tage nach den Spielen heimkam.

    Auswärtsspiele in Hamburg waren immer ein Highlight! Hier war nach den Spielen die Reeperbahn angesagt. Abfahrt des Busses war um Mitternacht, dennoch kam man meist erst am späten Nachmittag des nächsten Tages mit dem Zug heim, da der Bus mit dem man angereist war, meist verpasst wurde und halb leer heimfuhr.

    Frauen waren in der heimischen Wirtschaft eher in der Minderheit, wenn doch, dann meist in Begleitung des Gatten, deshalb mussten neue Gebiete erschlossen werden. Selbstverständlich kannten die Insider einige berüchtigte Anlaufstationen mit Damen wo immer Remmidemmi war, die aber aus Datenschutzgründen nicht genannt werden sollen. Wo es ein gutes Bier und Brotzeit gab, wusste jeder, vom Otto in Steinfeld bis zum Hähnla in Willmersreuth, war jedes Wirtshaus bekannt. Beim Will in Schederndorf war die Spezialität der Ziebeleskees“ und beim Hoh in Köttensdorf das Mettwurstbrot und das Pfefferhähnla. Natürlich ist die Aufzählung nicht komplett, aber es war einfach herrlich, dieses Oberfränkische Bierparadies.

    Die neue Singlebörse der ganzen Region

    Doch zu den Eroberungen: Einparfümieren und Auftakeln war zum ,Hallodri' immer noch in, allerdings in neuen Lokalitäten im Süden des Landkreises, im sogenannten sündigen Dorf. Von Donnerstag bis Sonntag was das die dritte Heimat, da war nämlich Tanz. Den Namen ,das sündige Dorf' trug es zu Unrecht, es war die neue Singlebörse Oberfrankens, von Erlangen bis Thüringen, von Schweinfurt bis Bayreuth, ein Paradies für Singles und solche die sich als Single ausgaben. Viele bekannte Gesichter, doch nicht jede/jeder wollte gesehen werden, da schon viele verheiratet oder in einer festen Beziehung waren.

    Leider hat das Lieblingsfahrzeug von Wolfgang Rebhan, ein  Porsche 924 einen Überschlag zwischen Schwürbitz und Neuensee nicht überlebt.
    Leider hat das Lieblingsfahrzeug von Wolfgang Rebhan, ein Porsche 924 einen Überschlag zwischen Schwürbitz und Neuensee nicht überlebt. Foto: Heinz Fischer

    Die Tänzer waren klar im Vorteil, wer nicht tanzte musste improvisieren, entweder durch gutes Aussehen, einem überzeugendem, aber ebenso dummen ,Gschmarri' oder durch mehrere Freirunden an der Bar. Begrüßt wurde man schon am späten Nachmittag vom Wirt, der gleich Bescheid gab: ,Im Schwimmbad ist schon die Hölle los'. Als man sagte man hätte keine Badehose dabei sagte der: „Du hast doch noch nie eine gebraucht“.

    Livemusik am Abend und Tanztee am Sonntag Nachmittag waren die Höhepunkte. Kein „Smoke on the Water“, Santana, Nazareth wurde hier gespielt, aber „Weine nicht kleine Eva“ von den Flippers war noch hoch im Kurs und natürlich andere Schmusesongs. Zum ,Aufwärmen' war das untere Hotel, mit hübschen Bedienungen, Bands und guten Drinks, angesagt. Um 21 Uhr ging es ein Hotel höher, hier war dann der Teufel los. Man stand meist in der zweiten Reihe an der Bar, da die Barhocker meist schon von auserwählten Damen reserviert waren, die auf Tanzpartner warteten. Alle hatten sich in Schale geschmissen, weißer Anzug a la John Travolta war Pflicht, allerdings kam man sich darin langsam zu dumm vor und man wechselte zu etwas moderaten Outfit.

    Die Frauen waren eine Augenweide bzw. die Glanzpunkte, es war der Himmel auf Erden. Es gab mal die weitverbreitete Aussage: ,Wer hier kanna erwischt kricht nie ana!' Wer aber seine große Liebe fand kam meist nicht wieder, warum konnte man gut nachvollziehen. Es war die Angst, hier seine große Liebe wieder zu verlieren. Nebenbei spielte man auch noch Fußball, musste arbeiten und hatte sich endlich auch schwer verliebt, aber das ist noch eine andere Geschichte …“

    Geneigte Leser, so wie sich der Jagger anhört, dürfen wir uns auch noch auf einen Teil 3 seiner Jugenderinnerungen freuen.

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