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MARKTZEULN: Was Wirte in Marktzeuln in alten Zeiten beachten mussten

MARKTZEULN

Was Wirte in Marktzeuln in alten Zeiten beachten mussten

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    Das griechische Restaurant „Mykonos“ im unteren Ort, ehemals Gasthaus Hofmann.
    Das griechische Restaurant „Mykonos“ im unteren Ort, ehemals Gasthaus Hofmann. Foto: Heinz Fischer

    In den 1970-er Jahren gab es in Marktzeuln noch neun Wirtshäuser. Das Obermain-Tagblatt hat in der Vergangenheit ausführlich darüber berichtet und jedes einzelne beschrieben. Allerdings war das nicht immer so. Im 16. Jahrhundert gab es gerade mal zwei echte Wirtschaften, daneben noch 14 Schänken. Wirt war zu dieser Zeit einer der wichtigsten freien Berufe.

    Diese Wirtschaften hatten eine große gesellschaftliche Bedeutung im Dorf. Sie waren gleichsam das einzige Freizeitangebot. Hier verbrachten die Männer (!) ihren Feierabend und Sonntag. Hier wurden Geschäfte abgeschlossen, Neuigkeiten ausgetauscht, diskutiert, geplaudert und Karten gespielt.

    Braurecht seit 1402

    Lädt im oberen Flecken zum Verweilen ein: das Gasthaus „Lichtblick“, ehemals „Schrepfer“.
    Lädt im oberen Flecken zum Verweilen ein: das Gasthaus „Lichtblick“, ehemals „Schrepfer“. Foto: Heinz Fischer

    Die Nachfrage war groß, wenn man bedenkt, dass es nur diese zwei Gasthäuser gab, eines im oberen und eines im unteren Dorf. Der Betrieb der Gaststätten setzte das Braurecht voraus, das es in Zeuln seit 1402 gab, hierfür wurden aber auch besondere Steuern erhoben. Die ältesten bereits 1628 nachweisbaren Wirtsfamilien hießen Eichhorn, Schnapp, Knauer, Stirner, Fischer und Zethner.

    Die Schenken, 14 an der Zahl, mussten jeder Zeit hinreichend mit Getränken, vor allem mit Bier, ausgestattet sein, die beiden Gasthäuser zudem mit genügend Speisen und Futtermittel für die Pferde der Durchreisenden. Sie sollten ordentlich und sauber geführt sein.

    Bedien- und Verkaufszwang

    Wenn ein Gast kam, bestand für den Wirt Bedien- und Verkaufszwang, egal, ob der Gast fremd oder einheimisch, reich oder arm war. Der Wirt hatte alle gleich zu behandeln. Speis und Trank mussten stets einwandfrei sein. Wurden Klagen über mangelhaftes Essen und Trinken laut, musste der Dorfmeister (Bürgermeister) mit schweren Strafen einschreiten.

    Vor allem die Qualität des Bieres hatte stets „schmackhaft und kräftig“ zu sein. Nur „gutes, tüchtiges Getränk“ durfte als Bier ausgeschenkt werden. Dieses mittelalterliche Bier entsprach in etwa nach heutigem Verständnis einem starken, goldbraunen untergärigen Lagerbier. Gängige Weine waren weißer Silvaner und roter Burgunder. Als Schnaps wurde in der Regel Obstler angeboten. Als alkoholfreie Getränke standen Apfel-, Birnen- und Beerensaft zur Verfügung. An Speisen gab es Gemüsesuppe, Brot, geräucherten Fisch, Schinken, gebratenes Fleisch und Käse.

    Feste Preise auf einer Tafel

    Der Wirt durfte unter Androhung von Strafen nur feste Preise verlangen. Diese mussten auf einer Tafel angeschrieben sein. Übermäßiges Schuldenmachen wurde unterbunden, indem der Wirt nicht mehr als einen Gulden anschreiben durfte. Schrieb er mehr an, brauchte der Schuldner alles, was über einem Gulden lag, nicht zu bezahlen.

    Könnte damals schon existiert haben: die Flößereinkehr zum „Schreinersgorch“.
    Könnte damals schon existiert haben: die Flößereinkehr zum „Schreinersgorch“. Foto: Heinz Fischer

    Ein Gulden entsprach nach heutiger Kaufkraft etwa 50 Euro, eine stolze Summe auch heutzutage. Hinsichtlich der Nachtherberge bestand für den Wirt Aufnahmezwang allen Leuten gegenüber, die „ehrbar und glaubhaft“ waren. Der Wirt hatte ordentliche Zimmer und saubere Betten bereitzustellen und die Gäste über die Dorfgebote aufzuklären. Verdächtige Gäste hatte er beim Dorfmeister anzuzeigen.

    Streitereien und Polizeistunde

    Der Wirt sollte jedwedem Fluchen, Zanken oder Raufen unverzüglich Einhalt gebieten. Entartete Streitereien oder gar Handgreiflichkeiten musste er dem Dorfmeister melden. Die Polizeistunde, im Winter 21 Uhr, im Sommer 22 Uhr, sollte er rechtzeitig ankündigen.

    Vor allen Dingen lag es in seiner Pflicht, Dorfgenossen, die am Sonntag vormittags zur Zeit der heiligen Messe fröhlich zechen wollten, eindringlich dazu aufzufordern, den Gottesdienst zu besuchen. Solange die Messe dauerte, durfte er unter Androhung schwerer Strafen nichts ausschenken. Heutzutage sind die Marktzeulner wieder in der Situation, dass es nur mehr zwei Gasthäuser gibt, das griechische Lokal „Mykonos“ im unteren Dorf und das Gasthaus „Lichtblick“ im oberen Flecken.

    Beide halten sich, vor allen Dingen was Speis und Trank betrifft, ganz sicher noch an diese gut 400 Jahre alten Regeln. Lediglich was den Gottesdienstbesuch betrifft, ist man wohl etwas toleranter, wahrscheinlich weniger tolerant, was das Anschreiben betrifft.

    Unabhängig davon stellen die beiden Wirtschaften immer noch einen Ort des Zusammenkommens und der Geselligkeit im Marktflecken dar, wo man drinnen und im Sommer auch draußen seine Speisen und Getränke aller Art genießen kann. Bleibt zu hoffen, dass dies noch lange Zeit so bleibt.

    (geschichtliche Quellen teilweise aus „Episcopalis est Zeuln“ von Prof. Dr. Rüdiger Feulner)

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