Nicht nur in Marktzeuln, auch im heutigen Ortsteil Zettlitz gab es Gaststätten mit langjähriger Tradition. Zettlitz mit seinen circa 140 Einwohnern hat eine ähnliche Geschichte wie Marktzeuln. Es war wohl ursprünglich eine Slawengründung, die bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht. Eine erste urkundliche Erwähnung gibt es 1249. Bis ins 19. Jahrhundert war Zettlitz zweigeteilt, es gab das obere und das untere Dorf. Diese waren unterschiedlichen Vogteiämtern zugewiesen. Die Grenze bildete der Zehentgraben. Böse Zungen behaupten, diese Trennung sei bisweilen heute noch zu spüren.
Der Ort war bis zur Gebietsreform 1977 zusammen mit Horb eine selbstständige Gemeinde, dann kamen beide Orte zu Marktzeuln. Im unteren Dorf bewirtschaftete bis in die 1950-er Jahre die Familie Gesslein eine Einkehr, hier gab es auch einen gemütlichen Biergarten etwa im Bereich des späteren Feuerwehrhauses, der auch von Zeulner Bürgern – besonders beim Sonntagsausflug – gerne frequentiert wurde. Am anderen, oberen Ende war ebenfalls ein Wirtshaus, die sogenannte „Blaue Maus.“ Darüber ist aber weniger bekannt. Um 1930 ist im Geschichtswerk „Episcopalis est Zeuln“ von Professor Rüdiger Feulner auch noch von einer Bierschenke von Hans Hegele die Rede.
Ende des 18. Jahrhunderts eröffnete Philipp Mantel sein Gasthaus
Heute soll über die Gastwirtschaft Mantel berichtet werden, die zur damaligen Zeit quasi den Mittelpunkt des Dorflebens darstellte. Laut einer noch im Familiensitz befindlichen Urkunde erwarb bereits Ende des 18. Jahrhunderts ein Philipp Mantel in Zettlitz ein Anwesen, in dem er dann ein Gasthaus betrieb. Dieses Anwesen existiert heute noch und beherbergt die bekannte Metzgerei Mantel. Johann Mantel, ein Nachfahre Philipps, war sogar von 1906 bis 1922 Bürgermeister von Zettlitz.

Die letzten Eigentümer Annette und Gerhard Mantel erinnern sich: Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gasthaus mit Landwirtschaft von Gerhards Vater Fritz Mantel (geboren 1901) geführt. Bis in die 1940-er Jahre war in einem Nebengebäude ein Pferdestall untergebracht, der als Poststation mit Gespann-Wechsel für die Postkutsche diente. Im Obergeschoss befand sich ein kleiner Saal, hier wurden Tanzveranstaltungen abgehalten, und zwar mit damals üblichen Anstand und Sitte. Das heißt, links stellten sich die Mädchen auf, rechts die Burschen, dann begann die Musik und die Damen wurden von den Herren aufgefordert. Die anwesenden Mütter der Debütantinnen achteten mir Argusaugen darauf, dass beim Tanz die Hände der Burschen da blieben, wo sie hingehörten.
In der Küche wurden auch die Kinder gebadet und Klavier geübt
Nach dem Zweiten Weltkrieg, etwa ab den 1950-er Jahren war die Wirtschaft ein beliebter Halt für Fernfahrer, begünstigt durch die unmittelbare Nähe der B 173. Diese lobten nicht nur das ausgezeichnete Essen, das Marie Mantel bereitete, auch die hübschen Bedienungen waren ein Stopp wert. Zwei Fremdenzimmer konnten die Kapitäne der Landstraße auch für eine längere Pause nutzen. Zu dieser Zeit betrieb die Familie Mantel sogar eine kleine Tankstelle, allerdings, nicht wie heutzutage vollautomatisch, sondern mit Bedienung und Handpumpe.

Auch von den Einheimischen und Gästen aus dem Umland war das Gasthaus stets gut besucht, und wie damals üblich, waren Gastraum und Küche nicht so streng getrennt, alles ging recht familiär zu. So erhielten am Samstagabend die Kinder der Familie in einem Zuber in der Küche ihr wöchentliches Bad, während die Mutter für die Gäste kochte. Niemand störte sich daran. Anders als bei einer anderen Episode: Die Tochter des Hauses übte öfters am Klavier, das ebenfalls in der Küche stand. Offenbar ließ aber ihre Virtuosität noch zu wünschen übrig, was einen Stammgast veranlasste, in die Küche zu treten und zur kleinen Künstlerin zu sagen: „Wenn du aufhörst, bekommst du einen Zehner“. Die Tochter grapschte sich das „Zehnerla“ und zog leicht beleidigt ab. Wie Wilhelm Busch schon reimte: „Musik wird störend oft empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden.“
Nach Genuss des Eisbocks der Brauerei Dietz passierte das Malheur
Legendär waren wohl auch die Feiern zur Kirchweih und besonders die Faschingsveranstaltungen, wo auch ein kräftig-würziger und sehr starker Eisbock der Brauerei Dietz aus Weismain ausgeschenkt wurde. Ein Gast erwischte wohl etwas zu viel davon und begab sich mit einem gewissen Unwohlsein auf das Plumpsklo am Ende des Gebäudes. Während er sich Erleichterung verschaffte, indem er sich seine Getränke nochmal durch den Kopf gehen ließ, löste sich sein falsches Gebiss und verschwand im Loch, welches – damals nicht unüblich – direkt auf den Misthaufen führte.

Jammernd erzählte er dem Wirt von seinem Malheur, war doch das Gebiss so teuer gewesen und auch sein einziges. Der Fritz, dem das Wohl seiner Gäste stets am Herzen lag, wusste dem armen Manne zu Helfen. Vermittels eines Steckens wühlte er in der üblen Brühe und förderte alsbald die Prothese zu Tage. Diese wurde sorgfältig abgespült und zum Zwecke der Desinfektion und der Geschmacksneutralisierung nochmal in einem Topf am Herd kräftig ausgekocht. So konnte der Fritz kurze Zeit später dem Gast seine Kaumaschine wieder überreichten. Dankbar setzte sie jener wieder an Ort und Stelle ein.
Beim Mantel fanden sogar Gemeinderats-Sitzungen statt
Beim Mantel fanden in Ermangelung eines eigenen Rathauses auch die Gemeinderats-Sitzungen statt und auch der Zettlitzer Stammtisch traf sich regelmäßig einmal in der Woche. 1969 hatte Gerhard Mantel schon den Gastbetrieb übernommen und erweiterte, als gelernter Metzger, um die Metzgerei. Hier werden bis heute ausgezeichnete Fleisch- und Wurstwaren angeboten, die weit über die Landkreisgrenze Kunden anlockten. 1987 entschloss sich Gerhard Mantel, die Gastwirtschaft aufzugeben und nur noch die Metzgerei zu betreiben. Bereits in den sieben Jahren vorher war nur noch eingeschränkter Gastbetrieb. Geöffnet wurde nur noch für den Stammtisch oder für geschlossene Gesellschaften wie Hochzeiten, Kommunionfeiern und Ähnliches.
1987 wurde komplett umgebaut, anstelle des Wirtschaftsraumes entstand ein neuer Laden, Schlachthaus, Küche und Büroräume. Der alteingesessene „Zettlitzer Stammtisch“ existiert aber heute noch, nur müssen sich die Mitglieder jetzt nach Zeuln zum „Bappela“ bemühen. Momentan ruhen auch diese Zusammenkünfte aus bekannten Gründen.
Dorfgemeinschaft baut das Feuerwehrhaus zum Treffpunkt um
So wäre in Zettlitz kaum noch Gemeinschaftsleben möglich, hätten sich nicht einige tatkräftige Bürger zusammengetan und die „Dorfgemeinschaft Zettlitz“ ins Leben gerufen. Nachdem die 1903 gegründete Zettlitzer Feuerwehr mangels Mitgliedern vor einigen Jahren aufgelöst wurde und damit das Feuerwehrhaus ohne Funktion war, machte man sich daran, das kleine Gebäude umzubauen – mit Gastraum, Küche und Sanitärräumen. Leider konnten im vergangenen Jahr pandemiebedingt keine Veranstaltungen stattfinden. Bleibt der Zettlitzer Dorfgemeinschaft zu wünschen, dass diese schmucken, kleinen Räumlichkeiten bald wieder Gäste empfangen können.