Februar 1921: Der Erste Weltkrieg und die Auswirkungen der Spanischen Grippe sind in den Köpfen der Menschen noch gegenwärtig und überall spürbar. Die Weimarer Republik ist jung und verletzlich.
Die Inflation hat bereits eine erkennbare Dynamik entwickelt, die Preise steigen monatlich. Und das große politische Thema dieser Februar-Wochen sind die Ergebnisse der Pariser Friedenskonferenz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, die kurze Zeit vorher zu Ende gegangen war.
Erich Günther ist 1921 ein aufgeweckter und technikbegeisterter junger Mann, Mitte 20. Seit Jahren fasziniert ihn die „Cinematographie“ mit ihren bewegten Bildern und ihren scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Er hat sie von der Pike auf studiert, arbeitet in „mobilen“ Wanderkinos und filmt sogar selbst. Sein Traum ist ein eigenes stationäres Lichtspielhaus.
Als die „Kronen-Lichtspiele“ in Lichtenfels verpachtet werden, ergreift er mit seiner Frau Käthe die Chance und übernimmt das Kino am 1. Februar 1921. Die Kino-Familiengeschichte der Günthers in Lichtenfels beginnt.

In Deutschland gibt es wenige Kinos mit 100jähriger Familientradition
In Deutschland gibt es wenige Kinos mit einer 100jährigen Familientradition. „Ein Jubiläum, auf das man stolz sein kann“, berichtet die heutige Inhaberin, Carmen Ulbrich. Denn Erich Günther und seine Frau Käthe sind „Onkel Erich und Tante Käthe“. Carmen Ulbrich ist ihre Nichte.
„Vom Besten das Beste“ wird dem Lichtenfelser Publikum am 5. Februar 1921 in einer Zeitungsanzeige für die Zukunft der Kronen-Lichtspiele angekündigt.
Und so startet das erste Kino-Programm mit dem Film „Glühende Schlangen – in fünf spannenden Akten“ und dem reizvollen Lustspiel „Eine Nacht in Berlin“.
Es ist die große Zeit des Stummfilms. Darsteller wie Charlie Chaplin, Asta Nielsen oder Buster Keaton sind die Stars. Filme werden meistens live von einem Klavierspieler vertont. Die Kinobesucher sitzen auf einfachen Holzbänken, Popcorn und Nachos gibt es noch nicht.

Sensation: Der erste Tonfilm kommt nach Lichtenfels
Schritt für Schritt entwickelt sich die Kinotechnik weiter. Ende der 1920er Jahre ist die Sensation perfekt, der erste Tonfilm kommt in die Kinos. Auch der Farbfilm startet seinen Siegeszug in den 1930er Jahren.
In den Kronen-Lichtspielen werden die wichtigen Filme der Zeit gezeigt, von „Ninotschka“ bis „Vom Winde verweht“. So werden Kino und Film in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum festen kulturellen Bestandteil des Lichtenfelser Lebens.
Auch während des Zweiten Weltkriegs ist das Lichtspielhaus geöffnet und sogar gut besucht. Unternehmerisch eine gute Zeit. Aber politisch betrachtet ist das Kino in dieser Zeit über die zentralisierte Wochenschau in die Propaganda der NS-Zeit eingebunden.
Nach Nazi-Diktatur: Klare Verpflichtung für Inhaber-Familie
Für die heutige Inhaber-Familie eine klare Verpflichtung sich für ein „Nie-Wieder“ einzusetzen. Der Krieg endet 1945 mit der Befreiung Lichtenfels durch die US-Amerikanischen Streitkräfte. Das Kino wird besetzt und die Einnahmen in den Nachkriegsjahren an die Amerikaner abgeführt.

Carmen Ulbrich ist zu dieser Zeit fünf Jahre alt und berichtet, wie „Jimmy“ und „Baby“, zwei US-Soldaten, die im Kino eingesetzt sind, ihr Schokolade zustecken und „einmal auch eine Orange“. Das Glücksgefühl ist heute noch greifbar.
Wie die Kronen-Lichtspiele diese Jahre weitestgehend unbeschadet überstanden haben, ist heute nicht mehr vollständig nachvollziehbar (Fortsetzung folgt).