Seit Angelika Seidel im Ruhestand ist, gehört das Spazierengehen mit ihrem sechs Monate alten Hund Lupo zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Über mehr als drei Jahrzehnte hinweg hatte sie den Posten der Leiterin des Friedhofamts der Stadt Lichtenfels inne. Mit der Eingemeindung der Gemeinde Schney am 1. Mai 1978 begann ihre Tätigkeit im Ordnungs- und Friedhofsamt der Stadt Lichtenfels, bevor sie 1988 die Leitung übernahm.
Neben der Beratung von Hinterbliebenen machten die Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben, Regeln und Normen einen großen Teil ihres Tätigkeitsfelds aus. „Es gibt Friedhofsordnungen, und deren Ausgestaltung und Einhaltung obliegt der Friedhofsverwaltung. Es gibt Dinge zu regeln, wie Öffnungszeiten, Nutzungsrecht, Ruhezeiten, Bestattungen, Trauerfeiern, Grabgestaltung, Verhaltensregeln auf den Friedhöfen sowie die Zusammenarbeit mit den Gewerbetreibenden. Neue Ideen in der Friedhofsverwaltung zu verwirklichen, das gehört natürlich auch dazu“, zählt Angelika Seidel ihre täglichen Aufgaben auf.
„Das Bindeglied zwischen den Hinterbliebenen und der Verwaltung ist eigentlich immer der Bestatter. Wenn sich die Bürger an uns wenden, geht es meistens um die Kosten.“
Angelika Seidel, ehemalige Leiterin des Friedhofsamts
Viel habe sie auch mit Bürgerinnen und Bürgern direkt zu tun gehabt, erzählt die Schwürbitzerin weiter, allerdings nicht unmittelbar im Zusammenhang mit einer Bestattung: „Das Bindeglied zwischen den Hinterbliebenen und der Verwaltung ist eigentlich immer der Bestatter. Wenn sich die Bürger an uns wenden, geht es meistens um die Kosten, also Grabkosten, Bestattungsgebühren oder welche Grabsteine verwendet werden dürfen.“
Bei der Um- und Durchsetzung der Friedhofsordnung sei sie dabei manchmal auf Unverständnis gestoßen, berichtet Angelika Seidel: „Als Hinterbliebener will man – verständlicherweise – nicht auch noch damit konfrontiert werden, dass es eine Friedhofsordnung gibt, dass es bestimmte Dinge gibt, die einzuhalten sind.“
Wie man mit belastenden Erlebnissen umgeht
Täglich mit dem Sterben konfrontiert zu sein, ließ Angelika Seidel nicht kalt, auch wenn sie einen Weg gefunden hat, damit umzugehen: „In der Regel ist das Arbeit, und die Arbeit bleibt dort, wo sie ist. Aber es gab natürlich immer emotionale Momente auch für mich selber.“ Schicksalsschläge, etwa wenn ein Kind vor seinen Eltern stirbt oder Streit unter Hinterbliebenen, seien belastende Ereignisse gewesen, erinnert sie sich.
Dabei könnte vielen Unklarheiten und Missverständnissen aus dem Weg gegangen werden, würden sich Menschen bereits zu Lebzeiten damit auseinandersetzen, wie sie einmal bestattet werden möchten. „Wenn jemand verstirbt, ist es zum Teil so, dass die Hinterbliebenen die unterschiedlichsten Meinungen zur Art der Bestattung haben, wenn sich der Verstorbene selbst zu Lebzeiten nicht geäußert hat, welche Art von Bestattung er gerne gehabt hätte“, gibt die ehemalige Friedhofsamtleiterin zu bedenken.
Ein wichtiger und geeigneter Ort zum Trauern
Denn Bestattungsarten gibt es heutzutage viele, so zum Beispiel Feuerbestattung, Seebestattung oder auch Baumbestattung. „Die Bestattungskultur verändert sich in ganz Deutschland, auch in Bayern. Man muss nicht jedem Trend hinterherrennen, das ist klar, aber man muss versuchen, sich den neuen Gegebenheiten und den Wünschen der Menschen anzupassen und die Friedhöfe, soweit es in dem gesetzlichen Rahmen möglich ist, zu erweitern“, meint Angelika Seidel. So gibt es nicht nur immer mehr Urnenbeisetzungen und immer weniger Erdbestattungen, auch die Friedwälder haben sich mittlerweile als Alternative zum traditionellen Friedhofsgrab etabliert.
Nichtsdestotrotz sieht sie im Friedhof einen wichtigen und geeigneten Ort zum Trauern: „Ich persönlich finde, man braucht einen Platz zum Trauern, und der Friedhof ist ein guter Platz, um Trauerarbeit zu leisten.“ Allerdings schieben viele Menschen ebendiese Trauerarbeit von sich weg, denn im hektischen Alltag bleibt oftmals kaum Raum dafür. Angelika Seidel bringt es auf den Punkt: „Trauern passt nicht in die Zeit.“