Die Taufe eines Kindes war für die Familien am Obermain schon immer ein großer Festtag. Im Gegensatz zu heute, war in früheren Zeiten vieles durch Traditionen und Brauchtümer geregelt. Das machte vieles einfacher, ließ aber auch den Eltern weniger Spielraum. So wäre es damals undenkbar gewesen, ein Kind einer gläubigen Familie nicht unmittelbar nach der Geburt taufen zu lassen. Hier hat sich vieles gewandelt und verändert. Dennoch sind manche Traditionen bis heute erhalten geblieben.
Es ist durchaus erstaunlich, wie kreativ manch junge Familie bei der Namensgebung für ihren Nachwuchs ist. Dabei war es auch bei uns im Lichtenfelser Land lange Zeit das normale Vorgehen, das Kind nach seinem Paten oder nach der Patin zu benennen. Daneben gibt man häufig die Namen der Großeltern. Vor allem der Stammhalter erhielt meistens den Namen des Großvaters. In katholischen Gegenden wählt man gern den Namen dessen Heiligen, auf dessen Gedenktag der Geburtstag des Kindes trifft.
„Alte klangvolle Namen lange erhalten“
Aus früheren Zeiten hören wir aus dem Bericht eines Pfarrers, „dass der Pate dem Kind seinen Namen gab, so haben sich die alten klangvollen Namen lange erhalten: Nikolaus, Pankraz, Felizitas, Gerhard. Sehr viele hießen aber auch Johannes, so dass dann einmal drei, sogar vier in den verschiedensten Abwandlungen vorkamen: Groß-, Mittel-, Klein-Hans und -Johannes. Dasselbe war auch bei dem Frauennamen Margarete der Fall: Margarete, Grete, Maich, Rettl, etc“.

Bis zum Tauftag galt es auch noch, einen Paten für das Kind zu finden. Als Pate wurde meist ein naher Verwandter gewählt, der dann im Falle eines Todes der Eltern des Patenkindes dessen Vormund wurde. Früher nannte man den Paten häufig auch „Gevatter“.
Taufe folgte auf dem Land unmittelbar nach der Geburt
Auf dem Land erfolgte die Taufe des Kindes oft am Tag unmittelbar nach der Geburt. Vermutlich hatte auch dies seinen Ursprung in einem ausgeprägten Dämonenglauben: Sowohl Mutter als auch das Kind waren nach der Geburt sehr leicht von bösen Geistern angreifbar. Umso mehr bedurfte es des göttlichen Schutzes, der durch die Taufe vermittelt wurde.
Während die Taufe in der Kirche vollzogen wurde, blieben die Eltern daheim und beteten zusammen. Wenn die Taufgesellschaft heimkehrte, nahm der Vater das Kind vom Paten feierlichen entgegen. Allgemein bürgerte es sich später ein, dass im Normalfall der Pate, die Eltern, Geschwister und die Hebamme an der Taufspendung teilnahmen. Das hatte auch zur Folge, dass der Tauftermin nicht mehr unmittelbar nach der Geburt liegen konnte.
Es war früher eine weit verbreitete Volksmeinung, dass das Kind vielen Gefahren erst durch die Taufe enthoben wird. Die Macht des Teufels über das kleine Kind galt durch die Taufe als gebrochen.
Wenn die Taufgesellschaft von der Kirche heimfuhr, wurde sie sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern aufgehalten. Oft fuhren die Dorfburschen mit einem Fuhrwerk recht langsam vor der Taufgesellschaft her, bis sie mit einer Geldgabe „ausgelöst“ wurde. Die Kinder hingegen spannten ein blumengeschmücktes Seil quer über die Straße, das sie erst dann wieder fallen ließen, wenn Kleingeld auf die Straße geworfen wurde. Auch dies war die Aufgabe des Paten und konnte bei „großen“ Taufen ganz schön ins Geld gehen …
Jedes Kind bekam nur einen Paten
Ein Bericht aus dem Jahr 1927 erlaubt uns einen Einblick in das Brauchtum rund um die Taufe im vergangenen Jahrhundert: „Zwei bis drei Wochen nach der Geburt findet die Kindertaufe statt. Die Feierlichkeit der Taufe hängt ganz von den Vermögensumständen und dem Willen der Eltern und Paten ab. Jedes Kind bekommt gewöhnlich nur einen Paten, der aus dem Verwandten- oder Freundeskreis gewählt wird.

Die Taufe findet an einem Dienstag, Donnerstag oder Samstag und zwar nachmittags statt. Das Kind wird von der Hebamme in die Kirche getragen. Ihr folgen der Pate, der Vater und, wenn möglich, auch die Mutter. Beim Fortgehen spricht die Hebamme: ,In Gottes Namen. Den Heiden tragen wir fort, den Christen bringen wir wieder.‘ Bevor sie die Stube verlässt, wird auf die Türschwelle ein Gebetbuch gelegt, über welches sie hinüberschreitet. Das geschieht deshalb, weil dann das Kind später das Lesen leichter lernt.“
Um die Taufe des Kindes hat sich auch viel Aberglaube entwickelt: Wenn die Taufgesellschaft im Haus ist, darf sich der Vater vor der Taufe nicht setzen, sonst wird das Kind faul. Das Kind darf nicht unter dem 12-Uhr-Läuten getauft werden. Auch wird nicht geraten, zwei Kinder miteinander taufen zu lassen, denn dann soll eines davon sterben.
Nach der Taufe folgte ein üppiges Festessen
Im Anschluss an die gottesdienstliche Feier folgte der Taufschmaus, der oftmals auch „Stopfer“ genannt wurde. Auch wenn die Mittel damals begrenzt waren, ließ man sich zu diesem Anlass nicht lumpen. Der umgangssprachliche Name „Stopfer“ kommt eindeutig von „in sich hineinstopfen“. Das lässt schon erahnen, dass hier ganz schön üppig aufgetischt wurde.
Auf das gemeinsame Mahl folgte das Kaffeetrinken, bei dem allerhand Kuchen und Torten serviert wurden. Alles in allem war der Tauftag nicht nur ein Fest für die Familie, sondern auch für Verwandte und Nachbarschaft.