Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Obermain
Icon Pfeil nach unten
Lichtenfels
Icon Pfeil nach unten

LICHTENFELS: Als in Lichtenfels noch Wein angebaut worden ist

LICHTENFELS

Als in Lichtenfels noch Wein angebaut worden ist

    • |
    • |
    Die Südhänge des Herbergs waren für über 150 Jahre mit Weingärten bestanden.
    Die Südhänge des Herbergs waren für über 150 Jahre mit Weingärten bestanden. Foto: Karlheinz Hößel

    „Bier ist das Volksgetränk und wird, die Gemeinbrauerei des Städtchens Lichtenfels ausgenommen, überall besonders in den vielen kleinen Dorfbrauereien sehr gut gebraut.“ So beurteilt 1832 Th. Rüblein in seiner Beschreibung des Landgerichts Lichtenfels die Vorlieben der Einwohner bezüglich ihrer Trinkgewohnheiten. An dieser Einschätzung hat sich bis zum heutigen Tag wohl nicht allzu viel verändert.

    Allerdings gab es auch Zeiten, in denen der Wein eine echte Alternative darstellte, für die man auch auf Gewächse, die direkt vor der Haustüre ihren Platz hatten, zurückgreifen konnte. Immerhin wurden unmittelbar vor den Mauern der Stadt über 150 Jahre lang Reben angebaut.

    Die ersten Erwähnungen einer Winzerzunft

    Über die Tätigkeit von Winzern in Lichtenfels informiert erstmals die „Ordnung der Zünfte in der Prozession Corporis Christ“ von 1447, also die Regelung der Reihenfolge beim Fronleichnamsumgang, bei dem es eine große Rolle spielte, wo im Zug man seine eigene Berufsgruppierung wiederfand. Hier nahm auch die St. Urban-Bruderschaft, der Zusammenschluss der Weinbau betreibenden Bürger der Stadt, ihren Platz ein. Und zwar nicht an letzter Stelle.

    Der heilige Urban von Langres, ein französischer Bischof des vierten Jahrhunderts, wird als Schutzpatron der Winzer verehrt. Allerdings erscheint fälschlicherweise in dieser Funktion auch bisweilen Papst Urban I., dessen Gedenktag der 25. Mai ist, während des echten Winzerpatrons am 3. April gedacht wird. Dennoch wurde in Franken vor allem der 25. Mai entsprechend begangen als Feiertag der Weinbauern.

    Schon sechs Jahre nach der ersten Nennung der Winzer in Lichtenfels erscheinen die beiden Vorstände der Zunft, Walter Genßhals und Hans Wassermann, durchaus selbstbewusst vor dem Amtmann und vor Bürgermeister und Rat, um einen Jahrtag, also einen Tag des regelmäßig wiederkehrenden Gedenkens, zu stiften, der jeweils am Vorabend des Tages des heiligen Urban beginnen sollte.

    Dabei sollten mit dem Pfarrer und weiteren Geistlichen eine Vigil, eine nächtliche Gebetswache, und eine Seelenmesse zum Gedenken an alle Lebenden und Toten der Zunft abgehalten werden. Solche Gedenktage einzurichten und wahrzunehmen, war eine der wichtigen sozialen Aufgaben der Zünfte, die die Gemeinschaft stärken und auch dem jenseitigen Heil der Mitglieder dienen sollten.

    Aufgaben und Regeln der Zunft

    Darüber hinaus regelten die Zünfte auch in vielfacher anderer Hinsicht das wirtschaftliche, gesellschaftliche und private Leben ihrer Mitglieder. Die Zunftmitglieder mussten jährlich an einem bestimmten Tag zwei Pfennige an die Zunftmeister in die gemeinsame Kasse zahlen. Davon wurden dann die Gemeinschaftsaufgaben wie eben die Gottesdienste, aber auch Beerdigungen und anderes finanziert. Wer den Beitrag nicht leistete, wurde aus der Mitgliederliste gestrichen und verlor die damit zusammenhängenden Vergünstigungen.

    Die Zunft regelte auch andere Angelegenheiten, wenn zum Beispiel Schäden am Weinberg eines Mitglieds verursacht worden waren, konnten die Betroffenen die Hilfe des Zunftmeisters einklagen, der dann eine Buße von drei Pfennigen vom Verursacher einzutreiben hatte. War der Schaden höher anzusetzen, dann musste die Klage vor den Vogt oder den Rat der Stadt gebracht werden. In einem Gelöbnis versprachen alle Zunftmitglieder, jeden Schaden, den sie bemerkten oder beobachteten, auch weiterzugeben.

    Der Zunftmeister hatte noch zusätzliche Aufgaben. Starb ein Mitglied, war er verantwortlich für die Beerdigung und dafür, dass die Totenkerzen nachts brannten. Außerdem musste er zum Urbanstag dem Bürgermeister die Zunftrechnungen vorlegen und über Ausgaben und Einnahmen Rechenschaft ablegen.

    Wo sich genau die Weingärten befunden haben

    Die Weingärten befanden sich nahezu alle nördlich des Mains an den Südhängen des Herbergs. Dieser Berg war aufgrund der Raumnot der Stadt 1432 von Bischof Anton von Rotenhan überlassen worden. Er hatte auch die Rodung der Hänge erlaubt, verlangte aber von den dort erwirtschafteten Erträgen den „Reutzehend“, also den zehnten Teil dessen, was vom „gereuteten“ (gerodeten) Gebiet zu erlangen war.

    Es war sogar ausdrücklich die Rede davon, dass diese bischöfliche Gabe den Zweck habe, „dort Weinwachs und anderer Früchte Bau“ anlegen zu können. Man darf davon ausgehen, dass seit dieser Zeit der Herberg auch dem Weinbau diente.

    Überhaupt scheint dieser Bischof, der durch den „Immunitätenstreit“ in Bamberg und die Hussitengefahr eher in stürmischen Zeiten lebte und wirkte, ein großer Förderer des Weinbaus gewesen zu sein. Wenige Jahre, nachdem er den Rebenanbau in Lichtenfels festgelegt hatte, sprachen in Bamberg bei ihm zwei Winzer vor, die ihre Weinberge an der Altenburg hatten und sich nun gern in deren Nähe niederlassen wollten. Der Bischof erlaubte dies und gestattete auch die Errichtung einer Kelter. In diesen zwei Häusern liegt der Anfang des Häckerortes Wildensorg.

    Der Weinbau in Lichtenfels scheint sich gelohnt zu haben

    Dass der Anbau bei Lichtenfels durchaus lohnend gewesen sein muss, belegt die Tatsache, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts Kloster Langheim den in Geldnöten steckenden Bamberger Bischof den Herberg für 400 Gulden abkaufte, 40 Jahre später nutzte der Bischof sein Rückkaufsrecht und erwarb den Berg zurück.

    Zu diesem Zeitpunkt wurde auch ein Verzeichnis der Weingärten angelegt. Der zuständige Lichtenfelser Forstmeister Heinz Meyer zählte 40 Weingärten am Herberg und weitere sechs am anstoßenden Mäusroth.

    Das Epitaph des Bischofs Anton von Rotenhan, des Begründers des Lichtenfelser Weinbaus, steht im Bamberger Dom.
    Das Epitaph des Bischofs Anton von Rotenhan, des Begründers des Lichtenfelser Weinbaus, steht im Bamberger Dom. Foto: Karlheinz Hößel

    Wie wichtig die Gärten genommen wurden, lässt sich auch daran ablesen, dass damals eigens Vorschriften zu ihrem Schutz erlassen wurden. So war es bei einem rheinischen Gulden Strafe verboten, Vieh am Berg zu weiden, um das Wachstum der Reben nicht zu gefährden. Bei zehn Gulden Strafe war es verboten, dort unerlaubt Früchte zu ernten.

    Wann der Niedergang der Weinkultur begann

    In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist ein allmählicher Niedergang der Weinkultur zu beobachten. Wie es dazu kam, lässt sich nur vermuten. Möglicherweise spielten klimatische Bedingungen eine Rolle. Die „Kleine Eiszeit“, die in Mitteleuropa zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert die Jahrestemperaturen um ein bis zwei Grad sinken ließ, erreichte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ihr Maximum.

    Denkbar ist auch, dass die kriegerischen Geschehnisse der Zeit, wie zum Beispiel der Markgräflerkrieg von 1552/53 und die damit einhergehenden Verwüstungen, ihre Folgen hatten. Es lässt sich jedenfalls feststellen, dass es nach 1550 immer wieder Jahre gibt, in denen als Abgabe für den Bischof allenfalls ein Eimer Wein zu verzeichnen war, in einigen Jahren auch gar nichts.

    1578 gab es noch drei Eimer Wein für den Bamberger Bischof

    Dabei ist augenfällig, dass 1578 in Lichtenfels immerhin noch einmal drei Eimer Wein für den Bischof abgegeben werden konnten und in diesem Jahr auch die Ernte im Löwental am Staffelberg außerordentlich gut war. Man glaubte damals wohl durchaus noch an eine Zukunft des Weinbaus, denn als die große Kelter, die man wahrscheinlich im Kastenhof aufgestellt hatte, kaputt ging, bemühte man sich noch sehr um eine neue. Da die alte Weinpresse nicht mehr zu reparieren war, erbat Kastner Wolf vom Langheimer Abt zwei Eichen aus seinen Waldungen, um aus einer den Schraubstock, aus der anderen die Spindel für eine neue Kelter zu fertigen. Immerhin 17 Gulden wurden dafür ausgegeben.

    Dann aber kam der Verfall sehr rasch. Bereits 1583/84 wird vermerkt, dass die Zahl der Weingärten stark zurückgehe, man die Fechser, die Stecklinge, schnell wieder ausreiße und statt ihrer Getreide anpflanze. Und noch einmal 30 Jahre später stellt der Kastner resigniert fest: „Ist am Herberg kein Weinberg mehr, sondern ausgereut.“

    Die Flächen des Berges wurden nun zur Gänze als Getreidefelder genutzt. In der Folge des Dreißigjährigen Krieges verödeten auch diese Felder, der Wald holte sich den Berg zurück. Der Mäusroth und auch der größte Teil des Herbergs blieben bis 1800 Ödland, allenfalls für die Schafhut zu nutzen.

    Horsdorfer „Löwentaler“ wurde auch im 18. Jahrhundert weiter angebaut

    Etwas anders sah es in den nahegelegenen Weinbergen am Staffelberg aus. Der Horsdorfer „Löwentaler“ wurde auch im 18. Jahrhundert weiter angebaut und auch gerne gekauft. Vielleicht hatte hier das Mikroklima etwas andere Bedingungen geschaffen. Erst im 20. Jahrhundert kam auch hier das Ende. Nach 1945 nimmt man aber die alte Tradition wieder auf und bis heute lebt diese in Horsdorf fort. In Lichtenfels allerdings muss das seit einigen Jahren stattfindende Weinfest dann doch mit Weinen aus anderen Regionen beliefert werden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden